Fall Ajla
Abschiebung von Maturantin für Irmgard Griss "inakzeptabel"
Erneut soll eine gut integrierte Gymnasiastin nach sechs Jahren in Österreich abgeschoben werden. Neben der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch kritisiert nun auch Irmgard Griss die Ausweisung von Ajla scharf.
WIEN. 13 Jahre alt war Ajla, als sie ihrem Vater aus Serbien nach Österreich folgte. Nach sechs Jahren droht der heute 19-Jährigen die Ausweisung. Zusätzlich hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein dreijähriges Einreiseverbot verhängt. Grund dafür sind sogenannte fremdenrechtliche Ermittlungen gegen ihren Vater. Dieser soll sich durch eine Scheinehe Anfang der 2000er Jahre den Aufenthaltstitel erschlichen haben.
Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch kämpft nun für den Verbleib der jungen Frau in Österreich. Ajla besuchte nach ihrer Ankunft in Wien eine Neue Mittelschule. Zwei Jahre später gelang ihr der Sprung ins Gymnasium Anton-Krieger-Gasse in Liesing, wo sie zu den Besten ihrer Klasse zählt.
Dass die ausgezeichnete Schülerin jetzt, nur ein Jahr vor ihrer Matura, das Land verlassen muss, macht ihre Klassenkameraden, Freunde und Schuldirektor Michael Fleck "fassungslos". „Für Ajla steht ihr ganzes Leben auf dem Spiel, alles, was sie sich jetzt hier aufgebaut hat in Österreich. Nicht nur die Schule, sondern auch das soziale Leben, weil sie hier viele Freunde und Freundinnen gefunden hat", so Klassenkollegin Magali.
Ausweisung "inakzeptabel"
Jetzt meldet sich auch Irmgard Griss zur Wort. Die frühere Richterin bezeichnet die die geplante Ausweisung als "absolut inakzeptabel". Griss war im vergangenen Jahr von der türkis-grünen Bundesregierung mit der Leitung einer Kindeswohlkommission betraut worden.
Sie betont, dass Kinder und Jugendliche „eigene verfassungsrechtlich abgesicherte Rechte“ hätten und „keine bloßen Anhängsel ihrer Eltern“ seien. Ein Fehlverhalten der Eltern dürfe daher, laut Griss, nicht dazu führen, „dass die Kinder die Leidtragenden sind und ihre Zukunft verbaut wird“. Abgesehen von den rechtlichen Gründen würden auch humanitäre Gründe "ganz massiv für ihren Verbleib in Österreich sprechen", so Griss weiter.
Bildungsexpertin: Abschiebung widerspricht Kinderrechten
Zuvor hatte sich bereits der Bildungsexperte Stefan Hopmann zu Wort gemeldet und die Abschiebung der gut integrierten Schülerin scharf kritisiert. Es gebe durchaus die Möglichkeit, der jungen Frau bis zum Schulabschluss ein humanitäres Bleiberecht zu gewähren. An die Verantwortlichen gerichtet, hofft Hopmann, "dass in letzter Minute doch noch der moralische Anstand obsiegt".
Auch die Bildungsexpertin und ehemalige Schuldirektorin Heidi Schrodt appelliert eindringlich an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), Ajla bis zur Matura humanitäres Bleiberecht zu gewähren und das Wiedereinreiseverbot aufzuheben. „Ajla hat es geschafft, im Gymnasium mit guten Erfolgen zu reüssieren. Das ist eine außergewöhnliche Leistung. Die Entscheidung, sie abzuschieben, ist nicht nur völlig unverständlich, sondern widerspricht den Kinderrechten“, erklärt Schrodt.
Eil-Appell mit 5.400 Unterstützern
SOS Mitmensch drängt derweil auf eine Revision der Entscheidung durch das Innenministerium. Die Ausweisung der Schülerin solle gestoppt und das Wiedereinreiseverbot aufgehoben werden. Der Appell der Menschenrechtsorganisation wurde bereits von mehr als 5.402 Menschen unterzeichnet (Stand: 27. Juni, 10.10 Uhr).
„Ein System, das das Kindeswohl missachtet und Chancen zerstört, ist ein schlechtes, um nicht zu sagen, krankes System. Eine Änderung tut dringend Not“, betont SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak.
Wer SOS Mitmensch beim Eil-Antrag an Innenminister Karner unterstützen möchte, kann die Erklärung hier unterzeichnen.
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