Schoah-Zentrum-Debatte
Grüne Wien für "Topographie des Terrors" wie in Berlin
Angesichts der derzeitigen Debatte, das hochumstrittenen Lueger-Denkmal zu entfernen und stattdessen ein Shoah-Zentrum zu errichten, schalteten sich auch die Grünen Wien in die Diskussion ein. Diese halten eine Umgestaltung nach dem Vorbild der Berliner "Topographie des Terrors" in Wien für sinnvoller.
WIEN/INNERE STADT. Bereits öfters in der Vergangenheit wurde der Wunsch geäußert, das strittige Lueger-Denkmalam Stubentor umzugestalten. Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), fachte mit seiner erneuten Forderung, dieses entfernen zu lassen und stattdessen ein Shoah-Zentrum darauf zu errichten, die Debatte neu an.
Die Idee stieß beim Ersten Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) auf wenig Gegenliebe. Dieser war am Sonntag in der ORF-Sendung "Hohes Haus" gegen den Vorschlag des IKG-Präsidenten. Er sei zwar generell für die Errichtung eines Shoah-Zentrums in Wien, aber bitte woanders. So schlug Sobotka den Morzinplatz als Alternative vor, wo sich in der Nähe das berüchtigte Gestapo-Hauptquartier in Wien befunden hatte:
Auch die Grünen Wien schalteten sich am Montag zur Lueger-Denkmal-Diskussion ein. Prinzipiell sei Ursula Berner, Grünen Wien-Kultursprecherin, für die Entfernung des heiß debattierten Denkmals vom Platz. "Das Denkmal ist nicht mehr zeitgemäß und irritiert viele, auch weil hier eine historisch hoch problematische Figur verherrlicht wird", so Berner gegenüber der BezirksZeitung. Doch mit "Entfernung" meint sie nicht etwa Zerstörung. Sich kritisch auseinandersetzen mit der Person Lueger sollte man dennoch.
"Entfernt, nicht zerstört"
"Die Lueger-Statue gehört besser aufgehoben in einem Skulpturengarten oder in ein Museum", schlägt die Grüne deshalb vor. So plädiert sie dafür, Statuten von konkreten Persönlichkeiten in Wien aus dem öffentlichen Raum zu verbannen – an einen gemeinsamen Erinnerungsort. "Ein Skulpturengarten der Geschichte der alten weißer Männer (und der ganz wenigen Frauen). Dort können die Statuten kontextualisiert und in Verbindung zueinander gebracht werden, das Machtgeflecht kann erläutert werden", erklärt Berner ihren Vorschlag.
"Dass der Ort (Anm: Dr.-Karl-Lueger-Platz) aber stattdessen ein diskursiver bleiben soll, halte ich schon für eine gute Idee", betont sie dabei. So schlägt sie temporäre Kunst-Installationen am Platz vor, die sich generell auf das Thema Antisemitismus beziehen. Das vom IKG-Präsidenten geforderte Shoah-Zentrum hält sie woanders besser aufgehoben, zumal der Platz am Stubentor nicht die flächenmäßige Kapazitäten bereithielte für so ein großes Unterfangen. Auch sei an dem Ort – historisch gesehen – nichts Relevantes passiert, außer, dass man Lueger eben das Denkmal gesetzt hat.
Viel besser könnte sie sich eine Schoah-Gedenkstätte am Morzinplatz vorstellen. Im Bezug auf die Judenverfolgung im Dritten Reich hat der Ort ein historisch gesehen eine ganz andere Bedeutung. Dabei verweist sie auf Sobotkas Ideenansatz, den sie im Grundgedanken gut findet. "Allerdings geht die Idee, hier ein Schoah-Zentrum ohne Bezug zum Gestapo-Gefängnis zu errichten, nicht weit genug", betont die Grünen Wien-Kultursprecherin. "Das Ziel muss sein, aufzuklären, statt Geschichte zu streichen."
Als mögliches Vorbild verweist Berner auf das Berliner
Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors", welches sie persönlich auch schon besucht hat. Wien brauche dringend ein österreichisches Pendant dazu.
Berlin als Vorbild
Die "Topographie des Terrors" in der deutschen Hauptstadt zeige laut Berner, wie aus einem historischen Ort der Verfolgung ein Ort für Vermittlung und Aufklärung gemacht werden könne, "ohne die Schrecken zu vertuschen". Dabei wird das transparente Gebäude mit wechselnden Ausstellungen und umfassendem Vermittlungsangebot hervorgehoben.
"Hier werden alle Opfergruppen genannt und gezeigt. Ebenso geraten Täterinnen und Täter in den Fokus", heißt es vonseiten der Grünen Wien. Diese fordern die Umgestaltung des Morzinplatzes nach diesem Vorbild. "Wir Grüne setzen uns dafür ein, die Bedeutung des Platzes für zukünftige Generationen nachvollziehbar zu machen und aufzuklären. Das ist gerade in Zeiten der zunehmenden Radikalisierung am rechten Rand umso notwendiger", so Berner abschließend.
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