Sondersitzung
Hitzige Debatte im Wiener Gemeinderat um Gewaltvorfälle
Am Donnerstag wurde auf Verlangen der FPÖ ein Sondergemeinderat im Wiener Rathaus abgehalten. Als Anlass nahm man die Gewalttaten der vergangenen Wochen, speziell in Favoriten. Die FPÖ schoss sich auf die Stadtregierung ein, während SPÖ, Neos und Grüne auch den Bund in die Pflicht nahmen. Bei der ÖVP ist man geteilter Meinung.
WIEN. Ein Sondergemeinderat auf Verlangen der FPÖ mit dem Thema "Vergewaltigungen, Gewalt und Kriminalität – die Realität bei der Erarbeitung von Grundlagen für die Umsetzung und Weiterentwicklung der Wiener Integrations- und Diversitätspolitik" fand am Donnerstag statt. In knapp zweieinhalb Stunden wurde teils heftig debattiert, welche Mittel es zur Reduzierung zu Gewalt gebe.
FPÖ-Chef Dominik Nepp schoss sich vor allem gegen den nicht anwesenden Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ein. Eine "Gewaltorgie" würde über Wien "hinwegrollen". Es kämen Menschen nach Wien, "die nicht Teil unserer Gesellschaft sein wollen" und daran habe die Politik von Bürgermeister Schuld. In einer Aussendung gleich nach dem Gemeinderat geht Nepp sogar noch einen Schritt weiter und bringt den Fall einer Zwölfjährigen ins Spiel, die von mehreren Jugendlichen sexuell missbraucht bzw. vergewaltigt worden sein soll: "Herr Bürgermeister Ludwig, entschuldigen Sie sich endlich bei dem zwölfjährigen Mädchen! Entschuldigen Sie sich bei ihren Eltern."
Zwar bestätigte etwa Thomas Weber von Neos, dass es sehr wohl ein Problem mit Gewalt in der Gesellschaft gebe. Der FPÖ gehe es aber nicht um Lösungen, sondern nur um „Angst, Hetze und Hass“. Dieses "Spiel" der Freiheitlichen sei „leicht durchschaubar“. So habe die FPÖ etwa gegen alle Gewaltschutz- und Präventionsmaßnahmen gestimmt und versuche regelmäßig, Integration zu verhindern.
Der Grüne Gemeinderat Nikolaus Kunrath hingegen zählte FPÖ-Funktionäre auf, welche wegen Gewaltverbrechen bereits verurteilt worden sind. Dies zeige, dass "gewalttätiges Verhalten nichts mit der Herkunft von Menschen" zu tun habe. Femizide seien ein schreckliches Verbrechen und müssten geahndet werden. Von einer Herabsetzung der Strafmündigkeit hält Kunrath hingegen nichts, denn "kein Krimineller informiere sich vor einem Vergehen über drohende Strafen." Es benötige mehr Präventionsarbeit und außerdem Aufklärungsarbeit in Schulen. Das Motto müsse „Sachorientierung statt Populismus“ lauten.
Modell Schweiz ins Spiel gebracht
Die Taten der Vergewaltiger seien furchtbar, stellen die Grünen klar. Dafür gebe es keine Entschuldigung. Man müsse sich die Umstände anschauen. So seien im Fall der Vergewaltigung etwa alle Täter arbeitslos gewesen. Auch Caroline Hungerländer von der ÖVP ermahnt zum Blick auf alle Faktoren, die zu einem Gewaltverbrechen führen können. Aber Hungerländer kehrt zurück auf die Schiene der FPÖ: So sei die Sozialisierung von Tätern ein zu analysierender Faktor und hänge mit der Herkunft von Menschen zusammen.
Die Strafmündigkeit herabzusetzen, sei sehr wohl eine sinnvolle Maßnahme. In der Schweiz habe sich dieses Modell bereits bewährt, da dortige Jugendbanden nun keine strafunmündigen Mitglieder für Verbrechen vorschicken könnten. Es brauche mehr Wissen über diverse Themen, die Informationslage bei Gewalt an Schulen sei etwa viel zu dünn. Auch das Vorgehen von Tätern in Gruppen sei neu. Dafür brauche es Studien und Daten, um effizient an Lösungen arbeiten zu können.
Kurt Stürzenbecher von der SPÖ betonte, dass jede Gewalttat eine zu viel wäre – es benötige jedoch "verantwortungsvolle Politik". "Polemik und falsche Schuldzuweisungen" seien nicht gefragt, sondern echte Problemlösungen, richtet er etwa in Richtung FPÖ aus. Gemeinsam könne man Maßnahmen beschließen, um dieses Ziel zu erreichen. So sei etwa das Jugendbudget bereits aufgestockt worden.
Es gebe jedoch "natürlich" Forderungen an den Bund, da dieser für die Sicherheit zuständig sei. Auch aus einem Bericht einer Tageszeitung zitiert Stürzenbecher. Demnach gelte Favoriten zwar als gefährlich, Tatsache sei, dass der Bezirk "rein statistisch" nicht so schlecht dastehe. Gewalt sei überall dort zu bekämpfen, wo sie stattfinde.
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