ÖVP-Vorwürfe
Müssen Wiener Lehrer monatelang auf ihr Gehalt warten?
Die Wiener ÖVP behauptet, dass die Wiener Schulen "vor dem Kollaps" stünden und die Bildungsdirektion ein "einziges Chaos" sei. Der oberste Vertreter der Wiener Pflichtschullehrer schilderte gegenüber MeinBezirk.at, wie Lehrer monatelang auf die korrekte Auszahlung des Gehaltes sowie auf ihre Verträge warten müssen.
WIEN. Einige Behauptungen des ÖVP Wien-Bildungssprechers Harald Zierfuß bei der jüngsten Landtagssitzung diese Woche blieben der breiten Wiener Medienöffentlichkeit unbemerkt. Zierfuß meinte, dass die Wiener Schulen "vor dem Kollaps" stünden und die Wiener Bildungsdirektion ein "einziges Chaos" seien. Angeblich würden unter anderem den Lehrerinnen und Lehrern die Gehälter nicht bezahlt.
MeinBezirk.at fragte bei der Wiener Volkspartei nach Details nach. Konkrete Anlassfälle nannte man nicht, lediglich Medienberichte, davon zwei von MeinBezirk.at, wurden als ausschlaggebende Quellen für diese Aussagen angegeben. Etwa, wie Lehrkräfte auf ihre Verträge bis zu drei Monate warten (vom September 2022) oder viele Lehrerinnen und Lehrer kündigen (Juni 2022). Das Chaos in der Bildungsdirektion zeige sich "an allen Ecken und Kanten", die zuständigen Abteilungen werden von der rot-pinken Stadtregierung "nicht mit dem nötigen Personal ausgestattet, um die Arbeiten zu erledigen", sagt Zierfuß gegenüber MeinBezirk.at.
Laut dem Bildungssprecher würden Lehrkräfte monatelang ohne Arbeitsvertrag unterrichten und ihre Gehälter "erst nach Monaten ausbezahlt bekommen". "Statt Maßnahmen zur Wertschätzung für die wichtige Arbeit der Wiener Lehrer, legen SPÖ und Neos den Lehrern nur Steine in den Weg. Die Wiener Volkspartei hat ein Paket mit Ideen zur Wertschätzung von Lehrern vorgelegt. SPÖ und Neos fordern nur Arbeitsgruppen von der Bundesregierung ein, während andere Bundesländer zahlreiche Maßnahmen ergreifen", fügte er hinzu.
"Sehr lange" Wartezeit auf Einstufung
Thomas Krebs, Vorsitzender des Zentralausschusses der Wiener Landeslehrerinnen bzw. -lehrer und Fraktionsführer der Christlicher Gewerkschafter (FCG), bestätigte im Gespräch mit MeinBezirk.at diese Vorwürfe. Er erklärt aber, was mit den nicht bezahlten Gehältern gemeint wird. Viele seiner Kolleginnen und Kollegen würden "sehr lange" warten, bis sie ihr tatsächlich individuell zustehendes Gehalt in voller Höhe bezahlt bekommen. Die Einstufung der Gehälter sei innerhalb der Bildungsdirektion ein sehr kompliziertes System.
Auch würden etwa Quereinsteiger mit einem "bunten beruflichen Vorleben" auf die korrekte Abrechnung sehr lange warten. Diese kann dann bis zu sechs Monate auf sich warten: "Je komplexer die Berechnung, desto länger dauert es". Nur in wenigen Ausnahmen, meint Krebs, bekamen Lehrer tatsächlich ihr Gehalt über einen längeren Zeitraum nicht, aber das wurde dann mit Nachverrechnungen korrigiert. Dieser Fehler seitens der Bildungsdirektion würden für finanzielle Probleme bei Lehrern sorgen.
Bildungsdirektion "notorisch unterbesetzt"
Grund sei die Bildungsdirektion, die "notorisch unterbesetzt" sei, es fehle an Strukturen und neue Aufgaben innerhalb der Bildungsdirektion würden die alltägliche Arbeit des Personals erschweren, so Krebs. Auch berichtet der oberste Vertreter der Wiener Pflichtschullehrer, dass ihm einige "schwerwiegende Fehler" bekannt seien, bei denen etwa das Ende eines Krankenstandes bei den Beschäftigten nicht angemeldet wird und das Personal damit bis zu 50 Prozent weniger Gehalt bekomme, als ob sie sich weiterhin im Krankenstand befinden würden.
Krebs kritisiert auch, dass die zuständigen Abteilungen für solche Probleme in der Bildungsdirektion für die Lehrerinnen und Lehrer telefonisch oder schriftlich tagelang nicht erreichbar seien oder sich niemand zuständig für gewisse Themen fühle. Zum Thema Verträge erklärt der Gewerkschaftler, dass viele Lehrkräfte auf ihre Arbeitspapiere warten würden. "Ja, für einige junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das nur eine Formsache, aber viele brauchen die Verträge etwa bei Kredit- oder Wohnungsvergabe und dann stehen sie mit leeren Händen", schildert Krebs.
"Es handelt sich um Behauptungen"
Auf Nachfrage teilte die Wiener Bildungsdirektion mit, dass man es in diesem Schuljahr zum ersten Mal geschafft habe, dass "alle Pädagoginnen und Pädagogen, die neu als Lehrkraft gestartet sind, bereits am 15. September ihr Gehalt ausbezahlt bekommen haben, noch ohne genau die Vordienstzeiten zu kennen", so Sprecherin Tabea Grießner. Auf die Vorwürfe konkret, etwa zu den späten korrekten Auszahlungen des Gehaltes, wollte man nicht eingehen: "Es handelt sich um Behauptungen".
Zum Thema Verträge gibt es folgende Antwort: "Vor Dienstantritt erhalten Lehrpersonen eine Zuweisung zu einer Schule, was de facto einem Arbeitsvertragsabschluss entspricht. Besonders zu Schulbeginn gab es eine große Anzahl an Anstellungen. Der Dienstvertrag wird erstellt, sobald alle nötigen Unterlagen vorliegen". Und: Die Bezahlung erfolgt dann auch, wenn jemand bereits eine Zuweisung, aber noch keinen Dienstvertrag hat, so Grießner. Auch der Versicherungsschutz sei mit der Zuweisung gegeben, heißt es.
Insgesamt arbeiten in den knapp 700 Wiener Schulen mehr als 28.500 Lehrkräfte, 2.400 davon starteten im aktuellen Schuljahr.
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