Grünvernichtung, Stadtverdichtung
Oberlaa: Am Montag spielen wir im Rathaus Pseudo-Bürgerbeteiligung

Ein Bildstock am Ostende von Oberlaa; am Horizont wächst bereits Grosskubatur-Bebauung in den Himmel | Foto: Gerhard Hertenberger
3Bilder
  • Ein Bildstock am Ostende von Oberlaa; am Horizont wächst bereits Grosskubatur-Bebauung in den Himmel
  • Foto: Gerhard Hertenberger
  • hochgeladen von Gerhard Hertenberger

(Ein Kommentar)
Kurz zusammengefasst: Mehr als 14.000 Menschen haben seit 2018 eine Petition gegen die geplante überdimensionale Großkubatur-Verbauung im Bereich Oberlaa und Rothneusiedl unterschrieben. Am Montag, den 8. Mai 2023 ab 15,20 Uhr gibt es in der Volkshalle des Wiener Rathauses eine Anhörung des Initiators der Petition im Petitionsausschuss des Gemeinderats, sowie die anschließende Beratung der Ausschussmitglieder. Die Sitzung ist öffentlich, jeder kann also kostenlos zuhören (informelle Anmeldung zwecks Platzkarte beim Rathaus-Eingang „Friedrich Schmidt Platz“ am Info-Stand).

Die Pointe ist: Die Stadt Wien hat den Petitionsausschuss zwar für den 8. Mai terminisiert, jedoch festgelegt, dass sämtliche Entscheidungen im Gemeinderat (Flächenwidmung, etc.) schon vorher längst gefallen sind, nämlich bereits am 23. März. Eine unglaubliche Pflanzerei: Der Bevölkerung wird vorgespiegelt, dass man mitreden darf, aber in Wirklichkeit ist eh alles längst entschieden!

„Ihr dürft zwar reden und bitten, aber nutzen wird es Euch nix!“

Wie die meisten Leser:innen wissen, versiegelt die Stadt Wien seit Jahren sukzessive unglaublich viele Grünareale und Ackerflächen, und es soll auch so weitergehen, wenn es nach der aktuellen Stadtplanung geht: Das Donaufeld mit seinen fruchtbaren Feldern und Gärtnereien, die Aspanggründe, die Körnergründe, die Gärtnereien südlich von Alt-Erlaa, die Gärtnereien an der Gallitzinstraße (ein besonders dubioses Bauprojekt, weil mehrere zentrale Umwelt-Gutachten der Öffentlichkeit beharrlich vorenthalten werden), die fruchtbaren Felder bei Rothneusiedl und das baumbestandene Areal am südlichen Ende des Kurparks Oberlaa, wo einst die Endstelle der Straßenbahnlinie 67 war.

Das zuletzt genannte Areal, um das es aktuell geht („Projekt Am Kurpark“), befindet sich zwischen dem Kurpark Oberlaa, wo 1974 die Wiener Internationale Gartenschau stattfand, und dem nicht vorhandenen Schnellbahnring um Wien. Es gibt dort, neben der millionenteuer verlängerten U1, eine betriebsfertige Eisenbahnstrecke mit Bahnhof, von wo man zur U6 Meidling, zur S80 Praterkai, zur U2 Donaumarina und zur U6 Handelskai fahren könnte – aber die Verkehrspolitik von Land, Bund und ÖBB interessiert sich für eine Attraktivierung von Schnellbahnlinien nach meinem Eindruck primär dann, wenn sehr teure Großbauprojekte damit verbunden sind – warum das so ist, wäre ein anderes (spannendes) Thema.

Die Petition

In der Tat, ich schweife ab. Zurück zum Thema: Das Areal beim Kurpark Oberlaa, teilweise Grünland, teilweise baumbestandene Parkplätze, soll voluminös mit Großkubaturen verbaut werden – ein Vorhaben, das (ebenso wie die großflächige Verbauung umliegender Areale, etwa in Rothneusiedl) von verschiedenen Seiten, insbesondere aber von Anrainern, massiv kritisiert wird. Gebündelt ist dieser Widerstand in der „Initiative Lebensraum Oberlaa“, die eine gleichnamige Webseite und Facebookseite besitzt.

Um die überdimensionierte Verbauung zu verhindern, wurde 2018 eine Petition gestartet mit dem Titel: „Retten wir gemeinsam Oberlaa, unser Naherholungsgebiet im Süden Wiens!“

Die Kurzfassung der Petition, deren Details inklusive politischer Stellungnahmen sich leicht im Internet finden lassen, lautet:
„Wir fordern eine Stadtentwicklung mit den Menschen und für die Menschen:
in Voraussicht auf das umfassende Wohnbauprojekt in Rothneusiedl, das die Größe einer zweiten Seestadt annehmen soll: den Stopp der Umwidmung von Grünland zu Bauland östlich der Himbergerstraße und die Einrichtung eines Landschaftsschutzgebietes zur Erhaltung des ländlichen Raums und wichtigen Naherholungsgebietes für alle Wienerinnern und Wiener.“

Warum hastige GR-Beschlussfassung VOR dem Petitionsausschuss?

Wie ist es nun möglich, dass die Stadt Wien im März beinhart den Gemeinderatsbeschluss durchzog und die Behandlung der Petition viele Wochen später terminisierte, wenn eh alles schon fix beschlossen ist? Zuweilen wird von der Stadt Wien vorgebracht, dass man halt nur selten Sitzungen des Petitionsausschusses habe. Das zählt aber nicht: Man hätte die Beschlussfassung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes im Gemeinderat für ein auf Jahre und Jahrzehnte ausgedehntes Projekt mit einem Federstrich um ein paar Wochen verschieben können.

Hier zeigt sich eine Haltung der Politik gegenüber der Bevölkerung, gegenüber den Wählerinnen und Wählern, die extrem bedenklich ist. Ich muss unwillkürlich an die allseits bekannten geleakten Chats aus einem Ministerium denken, wo man augenzwinkernd, aber vielleicht doch auch ein wenig ernst gemeint vom „Pöbel“ schrieb und herablassend die Bevölkerung meinte. Ist es nicht ein Fußtritt ins Gesicht von mehr als 14.000 Menschen, wenn man eine Ausschuss-Sitzung veranstaltet, aber die, äh, Volksvertreter eh längst alles entschieden haben, sodass die Anhörung im Ausschuss nur Theater ist? Nach dem Motto: „Ihr dürft zwar reden und bitten, aber nutzen wird es Euch nix!“

So etwas darf nicht passieren! Das tut es aber öfters. Ich war selbst bereits zweimal als Auskunftsperson im Petitionsausschuss, sowie einmal bei einem Lokalaugenschein dieses Gremiums geladen. In einem Fall ging es um ein prachtvolles Gründerzeithaus im Ensemble der Universität für Bodenkultur (um den „Türkenwirt“ mit der StudentInnen-Mensa). Obwohl gut erhalten und Teil des architektonischen Ensembles, wollte die BIG es abreißen und durch einen unansehnlichen Neubau ersetzen. Der Petitionsausschuss wurde in so enorm weiter Zukunft terminisiert, dass zu diesem Zeitpunkt das Haus bereits abgerissen war.

Und auch beim Heumarkt-Hochhaus wurden die Bedenken der Wiener Bevölkerung gegen das Projekt im Juni 2017 erst sechs Tage nach (!) der rechtsverbindlichen und somit unumkehrbaren Beschlussfassung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes durch den Gemeinderat im Petitionsausschuss auf die Tagesordnung gesetzt. Damals regierte rot-grün, wobei die Wiener NEOS scharf protestierten (vgl. „Der Standard“ vom 6. Juni 2017: ZITAT -"Ein ernsthafter Umgang mit Anfragen der Wienerinnen und Wiener sieht anders aus", sagte Bettina Emmerling von den Wiener Neos, die in ihrer Partei für Bürgerbeteiligung zuständig ist. "Der Beschluss der Flächenwidmung durch den Gemeinderat hätte auf einen Termin nach dem Petitionsausschuss verschoben werden können."). Nun macht rot-pink seltsamerweise genau dasselbe, was die Pinken damals mit Nachdruck an rot-grün kritisierten. Die NEOS kritisieren sich selbst dafür leider nicht.

Man könnte fast meinen, dass es sich bei der seltsamen Strategie um die Regel statt um die Ausnahme handelt. Im oben erwähnten Standard-Artikel schreibt der Autor in weiterer Folge: "Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die Stadtregierung die Einbringer einer Bürgerpetition im Ausschuss bereits vor vollendete Tatsachen stellt: Erst im November 2016 wurde das Wohnbauprojekt "Siemensäcker" im Stadtentwicklungsausschuss des Gemeinderats beschlossen – ehe nur Stunden später im Petitionsausschuss ein Antrag von Bürgern gegen die drei geplanten 35 Meter hohen Wohntürme behandelt wurde."

Öffentlich statt geheim

In jenen Jahren tagte der Petitionsausschuss noch hinter verschlossenen Türen, nach der Anhörung musste sogar ich als Auskunftsperson den Saal verlassen und durfte nicht hören, was die Ausschuss-Mitglieder sprachen. Inzwischen ist dies anders, die Sitzung am Montag, den 8. Mai ab 15,20 Uhr in der Volkshalle im Rathaus ist öffentlich. Jeder von Ihnen kann dann vor Ort hören, wie die Ausschussmitglieder des Gemeinderats erklären, warum man 14.000 Wiener:innen brüskiert, indem man „eh schon alles entschieden hat“.

Ich selbst werde es mir allerdings nicht anhören. Nicht nur aufgrund von Arbeitsüberlastung. Auch deshalb, weil es mir meinen Blutdruck in schwindelnde Höhen treiben würde vor Empörung.

(Schlussbemerkung: Ich setze diesen Artikel nicht zum Thema „Bezirk Favoriten“, sondern größer gefasst ins Thema „Wien“, da auch das Rathaus im 1. Bezirk betroffen ist, sowie zahlreiche andere Grünareale und Gärtnereien in ganz Wien erwähnt werden, denen die Verbauung droht.)

Ein Bildstock am Ostende von Oberlaa; am Horizont wächst bereits Grosskubatur-Bebauung in den Himmel | Foto: Gerhard Hertenberger
Blick vom Fuß des Goldbergs auf das derzeit noch einigermaßen ländliche Oberlaa  | Foto: wikicommons DerHHO CC BY SA 3_0
Wo heute noch Bäume stehen, soll bald versiegelt und zubetoniert werden. Sozusagen eine Art Anti-Klimaschutz. | Foto: Gerhard Hertenberger
Anzeige
Ein Beispiel für thermische Bauteilaktivierung ist das mehrfach prämierte Wohnquartier Wientalterrassen in Wien-Penzing. | Foto: Wolfgang Thaler
2

Ganzjährig heizen und kühlen
Nachhaltig bauen mit Beton

Beton als Baumaterial kann den Energiebedarf von Gebäuden senken und ihre Lebensdauer verlängern. Laut dem Umweltbundesamt ist der Gebäudesektor für rund zehn Prozent der Treibhausgasemissionen in Österreich verantwortlich. Der Großteil dieser Emissionen entsteht im Betrieb von Gebäuden, unter anderem durch das Heizen und Kühlen. Der nachhaltige Baustoff Beton kann dabei helfen, den Energieeinsatz und die Emissionen zu senken. Beton besitzt die Fähigkeit, Wärme zu speichern, was dazu führt,...

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Hier gehts zu den aktuellen Nachrichten aus Wien

Breaking News als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook

MeinBezirk auf Instagram

MeinBezirk auf Twitter

MeinBezirk auf WhatsApp

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus deinem Bezirk und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Gewinnspiel Leifheit Regulus Aqua Powervac
Wischen, saugen, freuen – Leifheit Saugwischer gewinnen!

Unser aktuelles Gewinnspiel hat sich gewaschen: Wir verlosen unter allen Wiener Newsletterabonnenten und jenen, die sich neu registrieren, einen Akku-Saugwischer der Marke Leifheit – zur Verfügung gestellt von unserem Partner Karl Atzler KG. Saugen, Wischen und Trocknen – der Akku-Saugwischer von Leifheit vereint gekonnt all diese Arbeitsschritte. Nie war es einfacher, Hartböden zu reinigen und zu pflegen. Die besonders einfache Handhabung und ein Gewicht von 3,3 kg machen den Akku-Saugwischer...

Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Foto des Tages einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.