Virginia Kirchberger
Eine Donaustädter Fußballerin auf der großen Bühne
Virginia Kirchberger ist von der Donaustadt aus losgezogen, um die große Fußballwelt zu erobern. Mittlerweile ist die Verteidigerin für Eintracht Frankfurt in der Bundesliga im Einsatz. Die Verbindung zu Wien ist aber nie verloren gegangen.
WIEN/DONAUSTADT. Im November 2021 verletzte sich Virginia Kirchberger schwer - der Traum im EM-Kader zu stehen, war für die erfahrene National-Verteidigerin in weite Ferne gerückt. Am Ende war sie in England doch dabei. Mit der BezirksZeitung hat sie über ihre Leidenszeit, die Erfahrungen bei der EM und ihre Verbindung zum 22. Bezirk gesprochen.
Frau Kirchberger, die EM ist wieder vorbei – doch sie hat sowohl in Österreich als auch in ganz Europa für viel Euphorie gesorgt. Wie zufrieden sind Sie mit dem Turnier?
VIRGINIA KIRCHBERGER: Die EURO in England war ein sehr cooles und für den Frauenfußball herausragendes Turnier. Es sind unglaublich viele Zuschauer gekommen. Ich glaube, dass viele Nationen extrem begeistern konnten und viele Leute zum Frauenfußball geführt haben. Diesen Schwung müssen wir jetzt mitnehmen.
Der 30. November 2021 war ein bitterer Tag – Sie haben sich beim WM-Qualifikationsspiel in Luxemburg einen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen. Der EM-Traum war scheinbar ausgeträumt. Wie schwer waren die vergangenen sieben Monate?
Wenn man so eine schwere Verletzung erleidet, ist das natürlich erstmal ein großer Schock. Ich habe tatsächlich direkt an die EURO gedacht. Es mit zum Turnier schaffen zu wollen, war für mich eine extrem große Motivation in den vergangenen Monaten, hat mir zusätzlich Kraft gegeben und mich nie aufgeben lassen. Insgesamt war es eine unglaublich schwere, aber auch lehrreiche Zeit, gerade als Persönlichkeit habe ich sehr viel mitgenommen. Jetzt bin ich stolz, es zurück auf den Platz geschafft zu haben.
Stolz auf dieses Abenteuer
Und doch haben Sie es schließlich in den Kader geschafft. Zu einem Einsatz hat es am Ende nicht gereicht. Sind Sie deshalb enttäuscht oder überwiegt der Stolz es trotz der Widrigkeiten in den Kader geschafft zu haben und Teil dieses tollen Teams gewesen zu sein?
Natürlich bin ich enttäuscht, dass ich nicht zum Einsatz gekommen bin. Aber ich glaube, allein, dass ich es in den Kader geschafft habe, ist eine tolle Leistung, auf die ich stolz sein kann. Deshalb überwiegt auch insgesamt der Stolz, dieses Abenteuer mit diesem wirklich tollen Team erlebt haben zu können.
Wie war die Stimmung innerhalb des Teams während des Turniers?
Jeder, der uns ein bisschen kennt, weiß, dass bei uns die Stimmung eigentlich immer passt und uns auch auszeichnet. Es macht unglaublich Spaß, Teil dieses Teams zu sein, man freut sich jedes Mal darauf, wieder mit dem Team zusammenkommen – bei der EM war das ganz besonders der Fall. Umso trauriger waren wir, als es dann vorbei war. Da ist schon die ein oder andere Träne geflossen.
Die Fans können zurecht stolz sein auf die Leistung des Teams – wie sehen Sie den Frauenfußball in Österreich für die Zukunft aufgestellt?
Wir können finde ich insgesamt sehr stolz sein, dass wir uns zum zweiten Mal für eine Europameisterschaft qualifiziert haben und es erneut über die Gruppenphase hinaus geschafft haben. Es gilt nun, den Schwung und die Begeisterung dieses Turniers mitzunehmen, um die Menschen auch darüber hinaus für Frauenfußball zu begeistern und gerade in Österreich mehr junge Mädels zum Fußball zu bringen.
Frauenfußball mehr fördern
Was sollte hinsichtlich des Standings des Frauenfußballs in Österreich und generell noch verbessert werden? Vielerorts wird etwa die ungleiche Bezahlung zwischen Männern und Frauen kritisiert. Wie stehen Sie zu dieser Debatte?
In erster Linie gilt es, den Frauenfußball grundsätzlich mehr zu fördern und die Strukturen zu verbessern. Wir müssen viel mehr Mädchen zum Fußball bringen und ihnen dort die gleichen Chancen geben wie den Jungs. Die Akademie in St. Pölten und die anderen Schulen, die den Mädchenfußball fördern, sind ein richtiger und wichtiger Schritt. Nur so können wir im zweiten Schritt auch die Liga verbessern. Mädchen müssen die Chance haben, auch in Österreich richtig gut Fußballspielen zu können und dürfen nicht gezwungen sein, dafür wie wir damals ins Ausland gehen zu müssen. Durch eine bessere Liga können auch mehr Vereine in den Frauenfußball investieren und vielleicht den ein oder anderen Sponsoren mehr anlocken. Grundsätzlich muss es außerdem in Zukunft gegeben sein, dass eine Bundesliga-Spielerin genug Geld verdient, um nicht nebenbei noch arbeiten zu müssen. Wenn man 40 Stunden arbeitet und dann noch ins Training hetzt und an den Wochenenden bei Spielen ist, wird man nie an seine Leistungsgrenze gehen und die Qualität im österreichischen Frauenfußball auch nicht verbessern können. Natürlich muss man bedenken, dass der Frauenfußball, ganz besonders in Österreich, noch nicht solche Gewinne einfährt wie der Männerfußball, deshalb ist eine gleiche Bezahlung nicht realistisch. Umso wichtiger ist es, die grundsätzlichen Strukturen zu verbessern.
Sie selbst sind Donaustädterin, haben zu Beginn Ihrer Karriere beim SV Aspern gespielt – anschließend zog es Sie nach Floridsdorf zum USC Landhaus. Wie blicken Sie heute auf diese Zeit zurück?
Bei den Jungs des SV Aspern habe ich als einziges Mädchen angefangen, trotzdem hatte ich von Beginn an total viel Spaß. Beim USC Landhaus habe ich dann zum ersten Mal in den Frauenfußball reingeschnuppert. Bei beiden Stationen hatte ich eine unglaublich schöne und prägende Zeit, über die ich sehr froh bin.
In Wien verwurzelt
Wie sehr sind Sie im 22. Bezirk oder generell in Wien noch verwurzelt. Hat man die Chance, Sie dort auch ab und an noch anzutreffen?
Meine Eltern und meine Schwester leben in Wien im 22. Bezirk, deshalb trifft man mich dort sehr oft an. Gerade die Sommer- und Winterpause verbringe ich eigentlich immer zu Hause bei meiner Familie. Ich bin mir auch ganz sicher, dass ich nach meiner Karriere wieder in Wien leben möchte. Das ist einfach mein Zuhause.
Gibt es spezielle Orte in Wien, an denen Sie sich gerne aufhalten, und die Ihnen vielleicht auch immer noch etwas Kraft geben?
Es gibt tatsächlich einige Orte in Wien, die ich liebe. Zum Beispiel bin ich unglaublich gerne in der Lobau, bei der alten Donau oder auch am Mühlwasser, das liegt alles in der Nähe meines Zuhauses. Dort kann ich einfach unglaublich gut abschalten.
2009 haben Sie schließlich den Sprung nach Deutschland zum FC Bayern gewagt. Wie war es diesen Schritt zu machen – wie groß war die Umstellung und wie haben Sie sich in München zurechtgefunden?
Mit 16 Jahren nach München zu gehen, war ein unglaublich großer Schritt für mich, aber mir war klar, dass wenn ich im Fußball den nächsten Schritt gehen und an meine Leistungsgrenze kommen will, muss ich ins Ausland. München war für mich die beste Option: Man spricht dieselbe Sprache und ist schnell zu Hause. Ich bin sehr familienverbunden, deshalb hatte ich so die Möglichkeit, dass mich meine Eltern am Wochenende besuchen oder ich an spielfreien Tagen nach Hause fahre. Auch wenn die Umstellung sehr groß war, bin ich unglaublich froh, den Schritt gemacht zu haben und würde ihn jederzeit wieder machen.
Der Blick richtet sich nach vorne. Sie werden wieder für Eintracht Frankfurt im Einsatz sein. Was haben Sie sich für diese Saison vorgenommen?
Vor Kurzem habe ich in einem Testspiel mein langersehntes Comeback gegeben, jetzt starten wir mit Eintracht Frankfurt dann schon in die Champions League-Qualifikation und auch in der Meisterschaft wollen wir wieder ganz oben mitspielen. Es warten also sehr spannende und herausfordernde Zeiten hier in Frankfurt auf mich. Ich freue mich, dann meinem Team auch endlich wieder auf dem Platz helfen zu können.
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