Neue Sicherheitsstandards
Wien Energie will Lehren aus Krisensommer ziehen
In einer bis dato nicht vorgekommenen Liquiditätskrise geriet die Wien Energie im Sommer 2022, weil es zu gewaltigen Verwerfungen am Energiemarkt gekommen war. Um nicht wieder auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, hat der Energieversorger neue Sicherheitsstandards implementiert.
Im Sommer 2022 ging es turbulent am internationalen Energiemarkt zu und erwischte die Wien Energie auf dem falschen Fuß. Der städtische Energieversorger musste aufgrund großer Preissprünge für Strom und Gas hohe Sicherheitsleistungen hinterlegen. In der Liquiditätskrise stellte die Stadt Wien einen Milliardenkredit via Notkompetenz von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zur Verfügung. Auf diese Gelder musste dann letztendlich doch nicht zugegriffen werden.
"Es war so, wie wenn das Benzin an der Tankstelle auf einmal 30 Euro kostet", beschrieb Wien-Energie-Chef Michael Strebl den „Black Friday“. Jenen Freitag Ende August 2022, als die ohnehin schon hohen Preise für Strom und Gas an der Börse um weitere 30 Prozent stiegen und die Wien Energie 1,7 Milliarden Euro als Sicherheit hinterlegen musste, um weiter Energie einkaufen zu können.
"Stresstesting" weiterentwickelt
Die Wien Energie sei auf dieses Szenario nicht vorbereitet gewesen, sagte Strebl. Damit das nicht mehr vorkommen kann, sei das interne "Stresstesting" weiterentwickelt worden und geschehe nun de facto in Echtzeit. Direkt unter der Geschäftsführung wurde außerdem eine Corporate-Risk-Stabsstelle eingerichtet.
Anstelle des Notkredits der Stadt Wien über 1,4 Milliarden Euro gibt es jetzt eine Kreditlinie über einen hohen einstelligen Milliardenbetrag, um die notwendige Liquidität auch bei noch größeren Preissprüngen sicherstellen zu können. An dem Kreditrahmen sind ein Bankenkonsortium und die Stadt Wien mit zwei Milliarden Euro beteiligt.
Michael Weinelt, Generaldirektor der Wiener Stadtwerke und Strebl betonten, damit ein Vielfaches des „Black Fridays“ bewältigen zu können. Man habe die Schutzmauer auf "sechs Meter erhöht, weil wir einfach gesehen haben, zwei Meter hohe Wellen gibt es am Markt", erklärte Strebl.
Weitere Turbulenzen nicht ausgeschlossen
Weinelt schloss nicht aus, dass es nochmals zu dramatischen Entwicklungen am Energiemarkt kommen kann. Russland sei nach wie vor ein großer Lieferant und die Gaspipeline, die Österreich versorgt, verlaufe durch Kriegsgebiet. Auch Flüssigerdgas (LNG) stamme zum Teil – über Zwischenhändler – aus Russland.
Langfristig helfe nur, aus Gas rauszukommen, durch Fernwärme, Wärmepumpen und Erdwärme, so der Manager. Kurzfristig für den heurigen Winter habe die Wien Energie Gas gekauft, das dezidiert nicht aus Russland stammt. Konkret sind es 2,4 Milliarden Kilowattstunden (kWh), das sind 30 Prozent des Gaseinsatzes der Wien Energie, die vorwiegend aus Norwegen kommen.
Dass die Wien Energie an den Terminmärkten mit Strom und Gas handelt, liegt daran, dass das Unternehmen ihren Kundinnen und Kunden möglichst stabile Preise bieten will. Dafür kauft das Unternehmen Energie zwölf Monate im Voraus. Strebl betonte, selbst im Sommer und Herbst 2022 neue Kunden aufgenommen zu haben, die von ihren Anbietern gekündigt wurden. Gerade in der Krise habe sich die langfristige Beschaffungsstrategie bewährt. Man habe den Kunden neben Versorgungssicherheit auch berechenbare Preise bieten können.
Dass man nun die Preise mittels Rabatt gesenkt habe, liege daran, dass dies schneller und flexibler gegangen sei als über die Preisänderungsklausel in den Verträgen, die eine Senkung in dieser Höhe nicht hergegeben hätte. Nichtsdestotrotz seien die Energiepreise nach wie vor zwei bis drei Mal so hoch wie vor dem Ukraine-Krieg.
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