Zweiter Anlauf
Wiener Fiaker werden erneut kein immaterielles Kulturerbe

Nationales immaterielles Kulturerbe: auch nach einem zweiten Anlauf erhielt die Wiener Fiakerei nicht das begehrte Prädikat der UNESCO. | Foto: ALEX HALADA / picturedesk.com
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Auch beim zweiten Anlauf eine Absage: Die Wiener Fiaker werden nicht zum nationalen immateriellen UNESCO-Kulturerbe. Tierschützer, die das traditionelle Gewerbe seit Jahren kritisieren, zeigen sich darüber erfreut, die Stadt nimmt es gelassen. Ein Interessensvertreter der Fiaker, mit dem MeinBezirk.at sprach, kritisiert die Entscheidung hart.

WIEN. Wie man auch immer zu ihnen steht, die Wiener Fiaker gehören zweifellos – vor allem für Touristinnen und Touristen – zum typischen Bild des traditionellen Wiens und gelten als beliebte Attraktion. 19 Fiaker-Betriebe gibt es in der Bundeshauptstadt, zwischen 350 und 400 schätzt ein Interessensvertreter der Fiaker die Anzahl der Pferde. Weitaus weniger arbeiten aber täglich, das sei streng reguliert. Nur 64 Fiaker dürften jeden Tag in der Stadt ihrem Gewerbe nachgehen.

Tagtäglich fahren die Kutscher von ihren Fiakerhöfen zu den Standplätzen, die fast ausschließlich in der Inneren Stadt zu finden sind: vor dem Stephansdom, am Michaelerplatz, vor der Albertina, am Graben und vor dem Burgtheater. Einen Fiakerplatz gibt es auch vor dem Schloss Schönbrunn, der ist aber lizenziert.

Wiener Alleinstellungsmerkmal oder nicht mehr zeitgemäßes Gewerbe? Das Thema Wiener Fiaker polarisiert. | Foto: Andreas Pölzl/RMW
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Den Tierschützerinnen und -schützern ist das Traditionsgewerbe seit Jahren ein Dorn im Auge. So setzt sich etwa der Verein für Tierfabriken (VGT), der die Fiakerei als Tierquälerei bezeichnet, seit längerem für ein bundesweites Verbot ein. Der Betrieb entspreche "in keiner Weise den natürlichen Bedürfnissen von Pferden" und die "Fiakerei ist außerdem eine profitorientierte Unternehmung zur Belustigung von Tourist:innen auf Kosten fühlender Lebewesen und kein genuiner Ausdruck einer 'wienerischen Kultur'", heißt es.

Thema, das polarisiert

Auch bei den Wienerinnen und Wienern selbst polarisiert das Fiaker-Thema durchaus, wie eine Straßenumfrage von MeinBezirk.at aus dem Jahr 2022 ergab. So äußerte sich eine Wienerin damals, dass die Fiaker zu Wien, wie "die Gondeln zu Venedig" gehören. Ein anderer Wiener wiederum fand diese "nicht mehr zeitgemäß" – hier geht es zur Befragung:

Wiener äußern sich zu den Fiakerfahrten

Vor allem in der Sommerzeit, wenn die Temperaturen in der Bundeshauptstadt auf weit über 30 Grad hochklettern, kocht das Thema immer wieder auf. Abgesehen von einem Gesamtverbot fordert der VGT etwa, dass die Pferde bereits bei 30 Grad hitzefrei bekommen. Die aktuelle Gesetzeslage erlaubt das Kutschieren bis 35 Grad.

Für immaterielles Kulturerbe beworben

Doch nicht das Sommerwetter erhitzte die vergangenen Wochen die Gemüter der Tierschutzorganisationen. Denn nach einem – erfolglosen – Anlauf im Jahr 2017 in die UNESCO-Liste der nationalen immateriellen Kulturgüter in Österreich aufgenommen zu werden, soll es einen erneuten Antrag vonseiten der Wiener Fiaker gegeben haben. 

Das zeigen Dokumente wie zwei öffentlich einsehbare Empfehlungsschreiben auf der Website der UNESCO, die dort im Mai 2023 hochgeladen wurden, sowie eine Einverständniserklärung der Wiener Fiaker ("Traditionsgemeinschaft der FiakerInnen"), das auf 9. Juni 2023 datiert ist. Der VGT zeigte sich darüber empört - MeinBezirk.at berichtete dazu:

Wiener Fiaker wollen UNESCO-Weltkulturerbe werden

Wie am Donnerstag, 4. April, bekannt wurde, soll die Bewerbung zur Aufnahme in das nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich aber erneut von der UNESCO abgelehnt worden sein. Das berichtet jedenfalls der VGT, der an diesem Tag vor dem Büro der Österreichischen UNESCO-Kommission in der Universitätsstraße im 1. Bezirk einen kleinen Protest veranstaltet hatte. So sei der Generalsekretär schließlich an sie herangetreten und hätte ihnen mitgeteilt, dass die Wiener Fiaker weiterhin nicht auf der nationalen Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO kommen.

Wiener Fiaker nicht unter den Neuaufnahmen

Eine offizielle Bestätigung aus dem Büro der Kommission gab es nicht. Nach einer Anfrage von MeinBezirk.at zur Entscheidung teilte man bei der Österreichischen UNESCO-Kommission mit, dass dies nicht öffentlich kommuniziert werde. Die letzte Sitzung des Fachbeirates des immateriellen Kulturerbes sei jedenfalls Mitte März dieses Jahres über die Bühne gegangen.

Weiteren Aufschluss gibt ein Blick auf eine Presseaussendung der Kommission vom 2. April. Darin sind die aktuellen Neuzugänge in das nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgelistet. So schaffte es unter anderem der Pestkerzenumzug am Umgangssonntag in St. Benedikten (Steiermark) auf die begehrte Liste, auch die österreichischen Hufschmiede können sich über das Welterbe-Prädikat freuen. Nur nach den Wiener Fiakern sucht man auf der Liste vergeblich.

Fünf Neuzugänge gab es zuletzt auf der nationalen Liste des Immateriellen Kulturerbes – die Wiener Fiaker sind nicht darunter. | Foto: Niklas Varga
  • Fünf Neuzugänge gab es zuletzt auf der nationalen Liste des Immateriellen Kulturerbes – die Wiener Fiaker sind nicht darunter.
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Zu abgelehnten Anträgen meinte man aus dem Büro der UNESCO-Kommission: "Diese können nicht noch einmal eingereicht werden." Was wohl de facto das vorläufige Aus der Ambitionen der Wiener Fiaker, Teil des nationalen Kulturerbes zu werden, bedeuten würde.

Tierschützer erleichtert

Der VGT zeigt sich über die Entscheidung erfreut. "Wir fühlen uns bestätigt und sind sehr erleichtert, dass die durchschaubare Kampagne der Wiener Fiaker, sich ihre Tierquälerei zum Kulturerbe zu erklären, erneut krachend gescheitert ist. Angesichts der vielen Rechtsverstöße der Wiener Fiaker hatte die UNESCO-Kommission wohl auch keine andere Wahl", so VGT-Fiakerexperte Georg Prinz in einer Aussendung.

Wiener Fiaker-Interessensvertreter Christian Gerzabek hadert mit der Entscheidung der UNESCO-Kommission. | Foto: bz
  • Wiener Fiaker-Interessensvertreter Christian Gerzabek hadert mit der Entscheidung der UNESCO-Kommission.
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Bei der Stadt Wien sieht man die Entscheidung nicht so schlimm. "Wien verfügt mit Schloss und Park Schönbrunn, dem historischen Zentrum und dem Donaulimes bereits über drei UNESCO-Welterbestätten. Eine Nicht-Aufnahme der Wiener Fiaker in die Liste immaterieller Kulturgüter wird daher aus unserer Sicht keinerlei Auswirkungen auf den Tourismus oder die Attraktivität Wiens haben", heißt es aus dem Büro des Wirtschaftsstadtrats Peter Hanke (SPÖ) auf Nachfrage von MeinBezirk.at.

"Begründung nebulös"

Sehr wohl hadert aber Christian Gerzabek mit der Entscheidung der Kommission. Er ist ÖVP-Bezirksvorsteher-Stellvertreter in Hietzing und zudem Sprecher der Initiative "Pro Fiaker-Kultur", eine Interessensvertretung für das Wiener Fiaker-Gewerbe. "Die Begründung ist absolut nebulös", so Gerzabek gegenüber MeinBezirk.at. So hätte es von Teilen der Kommission "Bedenken bezüglich des Tierwohls" gegeben, wie er verriet.

Bei der offiziellen Begründung vermisse er in erster Linie konkrete Punkte. Vor allem den Aspekt des Tierwohls könne er nicht nachvollziehen und verweist auf Langzeitstudien von der MedVet-Uni Wien, die belegen würden, dass die Kritikpunkte so nicht stimmen würden. Um welche Studien es sich dabei handelt, geht er nicht näher darauf ein. Auch einige Forderungen, die darin stehen würden - etwa, dass Fiaker einen Ehrenkodex unterschreiben müssten – seien "absurd".

Das Wiener Fiaker-Gewerbe sei laut Gerzabek einzigartig in seiner Art und ein Alleinstellungsmerkmal für Wien. | Foto: Niklas Varga
  • Das Wiener Fiaker-Gewerbe sei laut Gerzabek einzigartig in seiner Art und ein Alleinstellungsmerkmal für Wien.
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Doch warum bemüht man sich so sehr um das UNESCO-Prädikat? Das sei in späterer Hinsicht auch der Coronapandemie geschuldet gewesen. Durch Lockdown und Co. stand das Fiaker-Gewerbe vor wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Damals habe die "Pro Fiaker-Kultur-Initiative" zu Spenden aufgerufen. Das hätte laut Gerzabek dann auch das "wirtschaftliche Überleben" der Wiener Fiaker einigermaßen gesichert.

"Daraus ist der Gedanke entsprungen, dass man auch die Initiative mit dem immateriellen Kulturerbe ergreift, um in Zukunft sicherzustellen, dass das Gewerbe nicht ausstirbt", so der Interessensvertreter. Außerdem sei das Wiener Fiaker-Gewerbe einzigartig in seiner Art und ein Alleinstellungsmerkmal für Wien, was ebenfalls zur Idee führte, diese Kultur mittels UNESCO-Prädikat unter Schutz zu stellen.

Wiener Kaffeehaus- und Heurigenkultur auf der Liste

Ob man sich auch in Zukunft um das Prädikat bemüht – falls es überhaupt aufgrund der Richtlinien der UNESCO-Kommission möglich ist – sagt Gerzabek: "Unter diesen Voraussetzungen sicher nicht." Die Bedingungen seien einfach nicht erfüllbar. Doch auch wenn das Thema UNESCO-Welterbe vorerst gegessen ist, die Wiener Fiakerei wird die Leute wohl noch längere Zeit weiter auf Trab halten - spätestens dann im Sommer, wenn die Messstationen in der Inneren Stadt wieder 30 Grad Celsius aufwärts zeigen.

Das immaterielle Welterbe in Wien zählt mehrere Kulturformen, etwa die Wiener Kaffeehauskultur, die 2011 in die Liste aufgenommen wurde. Auch die Wiener Heurigenkultur steht seit 2019 im UNESCO-Verzeichnis.

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