Grenzenloses Theater – Graz persönlich mit Lisa Horvath
Bühnenbildnerin Lisa Horvath spricht über ihre erste Produktion für La Strada, tiefe Ängste und offenes Theater.
„Wir erfahren immer nur einen Ausschnitt aus der Geschichte eines Menschen. Daraus bilden wir uns dann unsere eigene Realität. Die eine Wahrheit gibt es demnach nicht.“ Während Lisa Horvath ihren Cappuccino in der „Scherbe“ entgegennimmt, beginnt die junge Bühnenbildnerin sofort, mit uns über ihre erste Produktion für La Strada zu philosophieren. „Final Season“ feiert am 30. Juli beim Grazer Straßenfestival Premiere.
Offene Bühne
Ein dunkler Platz mit hell erleuchteten Zelten, aus denen Musik, Tanz und Stimmen erklingen, warten bei dem von Horvath inszenierten interaktiven Theater auf die Besucher. „In den Zelten werden verschiedene Geschichten erzählt. Die Besucher können selbst entscheiden, welchen Weg sie nehmen. Je nachdem, wo sie auf dem Zeltplatz entlanggehen, wird jeder etwas ganz anderes erleben, so wie eben auch die Wahrnehmungen im echten Leben auseinandergehen.“ Mit diesem Konzept will die junge Künstlerin erreichen, dass das Publikum nach dem Stück in einen Dialog tritt. „Wer sich mit anderen Besuchern austauscht, kann das Puzzle der einzelnen Geschichten für sich zusammenfügen.“
Spiel mit der Angst
Auch zum Nachdenken möchte die gebürtige Grazerin mit ihrer Kunst anregen. So könne der Zeltplatz etwa an ein Flüchtlingslager erinnern. „Ich maße mir nicht an, darauf näher einzugehen, aber ich will zeigen, dass uns nur Dinge Angst machen, die wir nicht kennen. Meist ist die Ursache dieser Ängste dabei unbegründet.“
Für die studierte Bühnenbildnerin war immer klar, dass sie kritische Themen transportieren möchte und es sie daher in die kreative Szene verschlagen wird. „Künstlerisch zu arbeiten war mein Traum, seit ich denken kann“, schmunzelt Horvath und die blauen Augen hinter ihrer braunen Hornbrille beginnen zu funkeln. „Was mich am Theater fasziniert, ist der offene Raum.“ So verschwimmen auch bei „Final Season“ die Grenzen des klassischen Theaters. „Es gibt keine Bühne und keinen Zuschauerraum, nur diesen gemeinsamen Ort, an dem interagiert wird.“
Grazer Basis
Wenn Horvath zwischen den Probezeiten einmal richtig abschalten und zur Ruhe kommen will, zieht es sie auf den Schloßberg. „Da bin ich immer schon gern hingegangen. Es ist super, wie schnell du mitten in der Stadt plötzlich im Grünen bist.“ So kann sich die Künstlerin Graz auch weiterhin als Wohnort gut vorstellen. „Als Bühnenbildnerin ist man viel unterwegs. Wir werden vielleicht auch mit diesem aktuellen La Strada- Projekt auf Tour gehen. Aber Graz bleibt vorerst meine Basis.“ Dann erzählt die 26-Jährige weiter von Freiräumen, Grenzen, Produktionsstandorten, Emotionen und scheint dabei die Welt um sich herum ganz zu vergessen ...
Steckbrief
Geboren am 28. 8. 1989 in Graz.
Besuchte in Graz die Modellschule.
Hat „Bühnen- und Kostümgestaltung“ in Graz studiert.
2015 gewann Horvath den österreichischen „Outstanding Artist Award“ in der Kategorie Darstellende Kunst.
Hat bereits für das Theater am Lend, das Schauspielhaus und den Steirischen Herbst gearbeitet.
„Final Season“: Das interaktive Theaterstück feiert beim Grazer Straßenfestival La Strada am 30. Juli Premiere (21 Uhr, Graz Reininghaus). Tickets erhältlich im Zentralkartenbüro oder unter Ö-Ticket.
WOCHE-Wordrap
Kunst heißt für mich ...
... erleben.
Mit 85 Jahren möchte ich sagen können, dass ...
... ich alles ausprobiert habe, was ich ausprobieren wollte.
Das Verrückteste, was ich je getan habe ...
... war jedes meiner Projekte. Jedes einzelne war oder ist verrückter als das vorige.
Zuletzt richtig laut gelacht habe ich ...
... beim Zusammensitzen mit dem Team nach der Probe.
Mein Lebensmotto ist ...
... man kann alles schaffen, wenn man nur daran glaubt.
Unter der Dusche singe ich am liebsten ...
... momentan ein Lied, das in „Final Season“ vorkommt.
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