Vorsicht, Pubertät: Neun Tipps für die Eltern von rebellischen Teenagern

Junger Dickkopf? In der Pubertät müssen Eltern wachsam sein und dennoch Freiräume ermöglichen. | Foto: bilderbox.com
  • Junger Dickkopf? In der Pubertät müssen Eltern wachsam sein und dennoch Freiräume ermöglichen.
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Sie lassen sich wenig sagen und testen ihre Grenzen: So können sich Teenager verhalten. Muss man die totale Rebellion fürchten?
Vielleicht ist es enttäuschend, aber die Pubertät verläuft meist unspektakulärer als man denkt. 85 Prozent der Elf- bis 25-Jährigen durchlaufen diese Zeit ohne nennenswerte Krise. 85 Prozent suchen sich Freunde, die den Werten ihrer Eltern entsprechen.
Neue entwicklungspsychologische Forschung zeigt, dass die Pubertät weniger eine Zeit des Sturm und Drangs ist, sondern vielmehr eine notwendige Phase, um sich abnabeln und ausprobieren zu können. Es ist die Zeit großer Chancen für Jung und Alt.

Das Gehirn wird umgebaut

Denn zwischen elf und 25 – das zeigt die funktionelle Magnetresonanz – reorganisiert sich das Gehirn. Es gibt einen Neustart. Bildlich gesprochen verdrahtet sich alles neu, es entsteht ein neues, sinnvolles Ganzes. Burschen und Mädchen sind in der Pubertät zweifellos emotionaler, impulsiver und mehr auf sich selbst bezogen. Sie wollen den schnellen Kick und brauchen dafür einen größeren Anreiz, denn das Belohnungszentrum im Gehirn reagiert langsamer.
Das Hormon Melatonin, das den Schlaf regelt, wird später ausgeschüttet, viele werden zu Nachteulen. Das Großhirn, zuständig für Kontrolle, Hemmung und Planung, ist nicht fertig ausgebildet. Das führt zu größerer Risikobereitschaft, schafft aber auch die Möglichkeit zu großer Kreativität.

Rebellion hat eine Grund

Wir Eltern sind in der Pubertät gefordert, präsent und wachsam zu sein. Wir müssen sozusagen das Großhirn unserer Jugendlichen sein und ihnen einerseits einen sinnvollen Rahmen vorgeben und sie andererseits zum Entdecken und zur Entwicklung ermuntern. Krisen entstehen, wenn in der Pubertät die Balance zwischen elterlicher Präsenz und jugendlicher Autonomie nicht gelingt.
Wenn noch dauernd an den Jugendlichen herumgenörgelt wird und sie keine Erfolge erleben, kann es – nicht ganz unberechtigt – zur Rebellion kommen. Besteht ein Beziehungsdefizit zu den Eltern, dann sind oft extreme Peergroups attraktiv, weil sie Schutz, Autonomie und Erfolg ermöglichen.

Erziehungstipps für Eltern

1. Pflegen Sie immer die Beziehung zu Ihrem Kind. Verlieren Sie nie die Verbindung. Das geht am besten durch kleine Gesten der Liebe, ein nettes Wort. Finden Sie auch in schwierigen Situationen einen Moment des positiven Miteinanders.
2. Entdecken und fördern Sie die Leidenschaft Ihres Teenagers: Sei es für Sport. Seien Sie dabei beim Fußballverein, Chor …
3. Übergeben Sie Verantwortung. Beteiligen Sie Ihren Teenager – etwa an der Vorbereitung des Urlaubs oder eines Festessens.
4. Behalten Sie Rituale bei: etwa ein gemeinsames Mittagessen oder ein Abendritual.
5. Fördern Sie prosoziales Verhalten. Ermutigen Sie ihr Kind bei Vereinen oder Schulaktivitäten mitzumachen und für andere Gutes zu tun. Dies ist der Rahmen für positive Entwicklung.
6. Seien Sie informiert. Kennen Sie die Freunde Ihres Kindes und andere Eltern.
7. Suchen Sie sich ein Netzwerk, das Sie in der Erziehung unterstützen kann. Verheimlichen Sie Probleme nicht, reden Sie darüber.
8. Sie können Jugendliche nicht kontrollieren, nur sich selbst. Vermitteln Sie klar, dass Sie ihren Teenager mögen und was Ihnen Sorge macht sowie auch wogegen Sie Widerstand leisten.
9. Ermöglichen Sie einen konstruktiven Dialog, auch über kontroversielle Themen, verzichten Sie auf Machtkämpfe.
10. Lernen Sie von Ihrem Teenager. Bleiben Sie cool! Wenn die Emotionen hochkochen, halten Sie inne. Natürlich greifen Sie ein, wenn es gefährlich ist. Aber versuchen Sie immer, sich mit dem Herz und der Seele ihres Teenagers zu verbinden, dann lässt sich alles besprechen.

DER EXPERTE

Dr. Philip Streit ist Psychologe, Psychotherapeut und Lebens- und Sozialberater.
Seit 20 Jahren leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das größte Familientherapiezentrum der Steiermark.
Tel.: 0316/ 774344
Jede Woche beantwortet er in der „WOCHE“ eine Frage rund um Erziehung und Beziehung.
Ihre Fragen können Sie an die Redaktion schicken: elisabeth.poetler@woche.at

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