Familienflüsterer Dr. Streit
Wenn Kinder Heimweh haben: Tipps vom Psychologen

Bereit die Welt zu erkunden? | Foto: Bilderbox.com
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GRAZ. Heimweh ist etwas Normales: Es tritt meist bei einem Ortswechsel auf, der mit neuen, herausfordernden Situationen verbunden ist. Es kann jeden treffen, denn wir Menschen sind auf das Verweilen in sicheren Umgebungen angelegt. Heimweh ist eine Form der Trennungsangst. Laut dem amerikanischen Psychologen Christopher Thurber, einem Heimweh-Experten, können 80 bis 90 Prozent der Kinder gut mit Heimweh umgehen. Sie verfügen über genug Vertrauen in sich, ihre Eltern und Umwelt, dass sie etwas Neues wagen, auch wenn es anfangs schwerfällt.

Richtig mit Ängsten umgehen

Bei zehn Prozent ist Heimweh aber keine Lappalie: Kinder erleben panikartige Zustände. Sie bekommen Schlafstörungen, Kopf- oder Bauchweh. Hier ist Hilfe notwendig, doch die Trennungsangst kann überwunden werden. Wichtig ist der richtige Umgang mit den Ängsten von Kindern: Man muss sie ernst nehmen, aber auch nicht bei jeder kleinen Angstreaktion alle Herausforderungen übernehmen. Auf Ängste geht man zu, damit geht man um.

Tipps gegen Heimweh


1. Nimm das Heimweh deines Kindes ernst. Sei sensibel für seine Warnzeichen und signalisiere, dass du zur Verfügung stehst. Nehme dem Kind nicht alles ab. Nehme eine unterstützende Rolle ein.
2. Sanfte Eingewöhnung in fremde Umgebungen ist immer besser als sofortige Konfrontation. Verweile ein bisschen im Kindergarten oder auf dem Lager und entferne dich langsam.
3. Wenn du dich trennst, tu es klar und eindeutig. Versichere dem Kind, dass du verlässlich wiederkommst. Unklare, hochgespielte Trennungssituationen verstärken das Heimweh.
4. Ein Stück Heimat darf in die fremde Umgebung mitkommen: zum Beispiel ein Kuscheltier.
5. Übe mit dem Kind, das Heimweh zu überwinden. Vor einem Zeltlager kannst mit deinem Kind etwa ein oder zwei Tage in einer ungewohnten Umgebung übernachten. Lasse es selbst seine Sachen packen.
6. Lass das Kind bei Ferienlagern mitentscheiden, wohin es geht. Vermittle bestmögliche Klarheit, was es erwartet.
7. Beim ersten Ferienlager solltest du als Bezugsperson nicht allzu weit weg sein, etwa nicht im Ausland. Sei greifbar.
8. Wenn du ein sensibles Kind hast, informier die Verantwortlichen vor Ort darüber. Gib ihnen klar Auskunft, wo du wie erreichbar bist und bauen einen Informationskanal auf.
9. Es ist falsch, dass bei Heimweh auf keinen Fall die Eltern kontaktiert werden sollten. Vernünftige Telefonate mit den Eltern verstärken das Heimweh nicht.
10. Spreche mit dem Kind über das „Heimweh-Monster“. Lass es das Monster zeichnen, finde heraus, was es will: meist Sicherheit und Ermutigung.
11. Wenn nichts mehr hilft, hole das Kind ab, besuche es aber zuerxfst.
12. Mache deutlich, dass du immer da bist und ein wachsames Auge auf dein Kind hast, dann wird die Überwindung von Heimweh zur Persönlichkeitsstärkung des Kindes führen.

Der Experte für Familienfragen: Philip Streit. | Foto: Konstantinov
  • Der Experte für Familienfragen: Philip Streit.
  • Foto: Konstantinov
  • hochgeladen von Antonia Unterholzer

Der Experte

Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater. Seit 1994 leitet er das Institut für Kind, Jugend und Familie in Graz, das unter 0316 77 43 44 für dich da ist. Hast du Fragen, wie du dein Leben gestalten sollst, brauchst du Rat? Deine Fragen an Dr. Philip Streit gerne jederzeit an: redaktion.graz@regionalmedien.at


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