Mostviertler "Bonnie und Clyde": Richterin lässt Bankräuber vermessen
Nach sechs Banküberfällen in den Bezirken Amstetten und Melk landeten Mostviertler "Bonnie und Clyde" vor dem Richter.
BEZIRK AMSTETTEN. Auch am zweiten Prozesstag bestritt ein 42-Jähriger aus dem Bezirk Amstetten, jener Bankräuber zu sein, der teilweise gemeinsam mit seiner mitangeklagten Noch-Ehefrau sechs Banküberfälle in den Bezirken Amstetten und Melk verübt und dabei insgesamt 300.000 Euro erbeutet haben soll.
Die St. Pöltner Richterin Doris Wais-Pfeffer vertagte den Prozess zur Einholung eines anthropologischen Gutachtens und zur Einvernahme weiterer Zeugen.
Überfall auf Bank in Allersdorf
Am 30. Dezember 2013 soll der spiel- und drogensüchtige Mann in Blindenmarkt Kennzeichentafeln gestohlen und am Fahrzeug seiner 44-jährigen Ehefrau montiert haben, berichtet Staatsanwältin Kathrin Bauer.
Ein Indiz für seine Täterschaft sei dabei ein DNA-Treffer, der auf den Tafeln sichergestellt werden konnte. Mit dem Pkw sei er vor die Sparkassenfiliale in Allersdorf gefahren. Mit Schal und Schirmkappe maskiert, habe er im Kassaraum zwei Angestellte aufgefordert, Geld in einen Stoffsack zu geben, wobei er eine Spielzeugpistole zur Hälfte aus seiner Jackentasche gezogen habe.
Überfall auf Bank in Viehdorf
Bei einem weiteren Überfall in Viehdorf am 18. April 2014 drängte der maskierte Täter eine Angestellte mit vorgehaltener Waffe in den Kassenbereich und verlangte: „Geld hinein!“ Dabei hielt er ihr eine Jutetasche entgegen. Einige Wochen nach dieser Tat soll der 42-Jährige seiner Ehefrau von dem Überfall erzählt haben, mit Details, die nur der Täter kennen konnte.
Überfall auf Bank in Öhling
Zum dritten Bankraub soll der Angeklagte seine Frau überredet haben, das Fluchtfahrzeug zu lenken, mit dem die beiden am 11. Juli 2014 zur RAIKA-Filiale Mauer-Öhling fuhren. Als eine Angestellte vor dem maskierten, bewaffneten Täter flüchten wollte, drängte sie der Räuber mit Gewalt zur Kassenlade. Mit der Pistole zielte er auf ihren Kopf und ließ sich das Geld aushändigen. Auf der Flucht habe der Beschuldigte Waffe, Maskierung und Kleidung in einen Plastiksack gesteckt und in eine Schottergrube geworfen.
Überfall auf Bank in Kemmelbach
Am brutalsten sei der 42-Jährige Ende Juli 2014 in Kemmelbach vorgegangen. Diesmal alleine bedrohte er gegen sieben Uhr eine Reinigungskraft. Es kam zu einer Rangelei, dann schlug der Täter die Frau nieder, fesselte sie und sperrte sie im Obergeschoß ein. Die Frau erlitt dabei eine Gehirnerschütterung und diverse Prellungen. Kurz danach erschien der erste Angestellte der Bankfiliale, der ihm den Tresorschlüssel aushändigen musste. Der nächste Angestellte wurde zum Öffnen des Tresors gezwungen, bevor er ihn mit seinem Kollegen ebenfalls einsperrte.
Überfall auf Bank in St. Martin
Die Beute von immerhin 200.000 Euro habe er zuhause seiner Frau gezeigt, die am 7. Dezember 2015 bei der RAIKA in St. Martin am Ybbsfelde wieder als Chauffeurin fungierte. Nach dem Überfall entsorgte der Täter Maskierung und Spielzeugmaschinenpistole in einem Waldstück. Aufgrund des umfassenden Geständnisses der Frau wurde das Plastiksackerl dort gefunden.
Überfall auf Bank in Ferschnitz
Der letzte Überfall ereignete sich am 25. März 2016 in einer Bankfiliale in Ferschnitz. Obwohl das Paar bereits in Trennung lebte, habe der Angeklagte seine Frau abermals zum Mitmachen überreden können. Auf der Flucht beobachtete ein Ehepaar, wie jemand einen Plastiksack aus dem Autofenster warf, den die Fahrzeuglenkerin jedoch wieder holte. Die Zeugen notierten das Kennzeichen, wodurch die Angeklagte ausgeforscht werden konnte. Im Zuge einer Hausdurchsuchung wurde im Kasten des Mannes eine Haube mit Sehschlitzen gefunden.
Festnahme war "Erlösung"
Verteidigerin Elisabeth Januschkowetz erklärte, dass ihre Mandantin die Festnahme am 20. April „als Erlösung beschreibt“. „Ich habe gehofft, sie erwischen uns einmal, ich habe es nicht mehr ausgehalten“, meinte die Beschuldigte auch im Prozess. Die Ehe der Angeklagten, so Januschkowetz, sei von Gewalt und finanziellen Problemen geprägt gewesen.
Zu den belastenden Aussagen seiner Frau meinte der 42-Jährige, dass diese auch außereheliche Beziehungen gehabt habe. Er sei jedenfalls nicht der Komplize der 44-Jährigen gewesen.
Verteidiger Martin Kaufmann beantragte noch Zeugen zur Entlastung seines Mandanten. Das beantragte Gutachten soll zeigen, in wie weit die Maße beziehungsweise Größe und Statur des Bankräubers, der auf Video aufgenommen worden war, mit den Maßen des Angeklagten übereinstimmen.
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