Initiativantrag von 358 Badenern im Gemeinderat:
Heftige Debatte um Migrationspolitik
BADEN. Drei Menschenrechts-Aktivistinnen, 358 Unterschriften, drei Forderungen: Ein Initiativantrag zum Thema "Flüchtlingspolitik in Baden" war Anlass für eine Debatte im Badener Stadtparlament.
Das waren die drei Forderungen:
- Dass die Stadtgemeinde Baden Unterkünfte für Geflüchtete aus den Flüchtlingscamps an den EU-Außengrenzen schafft und sich für deren Aufnahme einsetzt,
- Dass der Gemeinderat die Bundesregierung in einer Resolution ersucht, an geeigneten Plätzen in Österreich, in Niederösterreich und in Baden (z.B. im ehemaligen Flüchtlingsquartier Kurpension Johannesbad) geflüchtete Menschen im Ausmaß der vollen Kapazitäten aufzunehmen, und
- Dass die Stadtgemeinde Baden die Integration der in Baden lebenden geflüchteten Menschen gemeinsam mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen des Flüchtlingsbereichs unterstützt.
Rederecht vorm Stadtparlament
Aktivistin Lisa Sterzinger bekam ein Rederecht. Beim Marsch zum Rednerpult wurde sie von ihren Mitstreiterinnen Gundi Dick und Gerlinde Hubmann begleitet, die ein Transparent entrollen wollten. Es gab Zwischenrufe aus den Reihen von ÖVP und Wir Badener („Das ist keine Show!“, „Keine Plakate im Gemeinderat!“), die aufgeheizte Stimmung verrieten. Das Transparent wurde wieder eingerollt, die Stimmung beruhigte sich. Die Kernbotschaft von Sterzingers Rede: „Der Rechtsstaat muss uns wichtig sein, Menschen müssen um Asyl ansuchen können. Wir können nicht zusehen, wie tausende Flüchtende im Mittelmeer ertrinken. Baden soll 70 bis 100 Flüchtlinge von den EU-Außengrenzen aufnehmen.“
SPÖ, Grüne und Wir Badener- Gemeinderat Hanusic unterstützten den Antrag. Serafina Demaku (SPÖ): "Sogar Papst Franziskus hat vor der zunehmenden Gleichgültigkeit gewarnt." Stefan Eitler (Grüne): „Wir wollen zeigen, dass Baden eine Stadt ist, die Herz hat.“
„Ideologiefrei“ debattieren wollte die Angelegenheit ÖVP-Stadtrat Michael Capek. „Ungerechtigkeit“ sah er auf beiden Seiten. „Wir leben in einem Wohlstand, den wir auch anderen verdanken. Das ist ungerecht. Ungerecht ist aber auch, dass vor allem männliche Flüchtlinge kommen. Das ist ungerecht gegenüber den Frauen, die daheim gelassen werden.“ Capek sprach sich für Hilfeleistungen mit Herz und System aus, er setze auf Privatinitiative. Jede Badener Familie, die einen Flüchtling aufnimmt, soll mit 1000 Euro pro Jahr gefördert werden, beantragte er in Ergänzung zur dritten Forderung des Initiativantrags (siehe Zur Sache). Das wurde dann auch vom Gemeinderat beschlossen, wobei von den 1000 Euro 500 in Form von Baden-Gutscheinen fließen sollen. Das empörte die Aktivistinnen. Im Casino Foyer wurde heftig weiterdiskutiert. "Michael Capeks Antrag auf private Förderung ist völlig gegen die Intention dieses Antrags. Betreuung von Asylsuchenden ist eine Arbeit, die vor allem von Experten geleistet werden muss“, so Aktivistin Gundi Dick.
Die Debatten gehen weiter
Die SPÖ kündigte bereits an, sich für eine oder einen Integrationsbeauftragten im Gemeinderat einsetzen zu wollen. Demaku: "Wir haben 6 EU-Gemeinderäte, aber keinen Integrationsbeauftragten."
Weiters soll eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, mit Personen von Politik und Zivilgesellschaft, die sich mit dem Thema konstruktiv befasst. Das findet auch Michael Capek überlegenswert. Dafür bei seiner eigenen Partei Stimmung zu machen, könnte seine nächste Aufgabe sein, wenn er sich tatsächlich als "Eisbrecher" in der Migrationsfrage innerhalb der ÖVP versteht. Denn, so sagt er: "Ich habe mich sehr für das Anliegen eingesetzt, der Buhmann will ich nicht sein."
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