LehrlingsRundSchau 2023
LehrlingsRedakteur Simon Reich im Interview mit seinem Chef
Der 17-Jährige Simon Reich interviewte seinen Chef Erich Wiesner.
Simon Reich: Welche Ausbildung haben Sie selbst gemacht?
Wiesner: Ich war acht Jahre in einem Gymnasium im Stift Kremsmünster, danach ein Jahr beim Bundesheer. Es folgten das Jusstudium in Salzburg und ein Studium der Betriebswirtschaft in Linz sowie ein Masterstudium in Kalifornien. 1983 habe ich mein Studium erfolgreich abgeschlossen.
Wann und wie sind Sie dazu gekommen, die Firma zu übernehmen?
Wiehag ist ein Familienunternehmen. Mein Vater hat das Unternehmen damals in der vierten Generation geführt und für mich war sehr schnell sehr klar, dass ich in den elterlichen Betrieb einsteigen will.
Was reizt Sie am Ingenieurholzbau?
Der Holzbau/Ingenieurholzbau ist was ganz besonderes – im Gegensatz zu den dominierenden Materialien im Baugeschehen wie Stahl, Beton oder Ziegel und so weiter. Der Holzbau ist eine Nische. Daher ist es völlig interessant, welche spektakulären Bauten man aus dem natürlichen Baustoff machen kann. Wir haben großartige Ingenieure und eine tolle Produktion und daher sind wir bei den spektakulärsten Holzkonstruktionen, die auf der ganzen Welt gebaut werden, vorne mit dabei.
Wie ist Wiehag zustande gekommen?
Gegründet wurde Wiehag 1849 in Altheim als Zimmereibetrieb. Da ist ein gewisser Josef Wiesner von Polling nach Altheim gezogen und hat sich ein Haus gekauft, das sogenannte „Weberhäusl“. Das war im Ortszentrum von Altheim. Rundherum war eine Wiese, wo der Abbundplatz entstand und das war somit auch der Beginn der Firma. Im Laufe der Zeit wurde alles größer und entwickelte sich zu dem jetzigen internationalen Holzbaubetrieb.
Wie stellen Sie sich die Zukunft von Wiehag vor und was sind die Ziele?
Wiehag wird weiterwachsen, und zwar deshalb, weil Holz als Baumaterial immer wichtiger wird. Das heißt, es werden künftig immer mehr Bauherren und Kunden mit Holz bauen wollen, weil es eine sehr gute CO₂-Bilanz aufweist und mithilft, die Bauwirtschaft neutraler zu gestalten. Es ist momentan auch ein Riesenthema, dass man Hochhäuser aus Holz baut und Wiehag baut aktuell schon sehr viele davon.
Was war Ihr größter Erfolg bis jetzt mit Wiehag, beziehungsweise das spannendste Projekt für Sie?
Als ich angefangen habe, wurde gerade das größte Holzgebäude in Deutschland realisiert. Zudem wurden zu der Zeit die Messehallen in Karlsruhe, welche 50.000 Quadratmeter umfassen, errichtet. Da hat sich Wiehag, als kleines österreichisches Unternehmen, gegen alle Konkurrenten in Deutschland durchgesetzt. Ein zweites Schlüsselprojekt war auf jeden Fall die Macallen Destillerie in Schottland, weil dieses Projekt ein weltweit bekannter Stararchitekt erschaffen hat. Es war technisch eine riesige Herausforderung. Das dritte Projekt ist die NTU in Singapur, das derzeit größte Holzbauprojekt Asiens. Dass man als Innviertler Holzbaubetrieb sowas produziert, ist sehr außergewöhnlich. Ein weiteres Projekt ist das Volvo Museum in Göteborg.
Worauf legen Sie besonderen Wert in der Arbeit?
Es ist wichtig, dass man wertschätzend miteinander umgeht. Dass man zum Beispiel niemanden abwertet und allen Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnet. Zudem ist wichtig, dass jeder die Möglichkeit hat, sich bestmöglich einzubringen. Es ist auch wichtig, dass sauber zusammengeräumt wird, dass die Ingenieure ihre gute Arbeit leisten und, dass jeder im Rahmen seiner Kompetenzen, Fähigkeiten und Möglichkeiten arbeiten kann.
Wie fühlt es sich an, Chef von so einer Firma zu sein?
Immer wenn ich zur Firma fahre und die Bauteile sehe, die das Werk verlassen und immer, wenn ich die Bilder sehe, wo diese Bauten entstehen, dann erfüllt es mich mit Stolz und es ist ein gutes Gefühl. Es war auch nicht immer leicht, weil die Märkte für den Holzbau in den letzten Jahren mehr geworden sind. Viele Jahre davor war es anders. Da hat dieses Thema noch keine Rolle gespielt. Da ist es darum gegangen, dass man zu billigen Baustoffen greift. Aber in den letzten Jahren hat es richtig Spaß gemacht, weil die Firma Holz als Baustoff da einsetzen kann, wo er hingehört und gleichzeitig einen Beitrag für die Nachhaltigkeit leistet. Die Bauwirtschaft verursacht bereits 37 Prozent des CO2-Ausstoßes und es kommt weltweit zu Überlegungen, wie es weitergeht.
Von LehrlingsRedakteur Simon Reich
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