Maschinenbau Koller geht neue Wege
Ein Pionier der Vier-Tage-Woche

Wolfgang Grabner ist Geschäftsführer bei Maschinenbau Koller. Drei bis vier Mal in der Woche pendelt er nach Aflenz. | Foto: Martin Meieregger
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Seit Jahresbeginn können die Mitarbeiter von Maschinenbau Koller und BVT Lannach aus flexiblen Arbeitszeitmodellen wählen. Ein Modell, das besonders in der Industrie Schule machen könnte.

AFLENZ, LANNACH. Im Jahr 2018 wurde die Firma Maschinenbau (MB) Koller in Seebach bei Aflenz von der BVT Lannach übernommen. Nach vier Jahren zeigt es sich, dass der Standort und die Marke erhalten bleiben – die Unternehmensführung geht sogar einen Schritt weiter und versucht mit einem flexiblen Arbeitszeitsmodell attraktiver für Mitarbeiter zu werden.

Wolfgang Grabner, mit Wolfgang Kranabetter einer der beiden Geschäftsführer von MB Koller und BVT Lannach, erklärt, wie es zu diesem Vorzeigemodell gekommen ist.

Rund 80 Mitarbeiter sind bei Maschinenbau Koller beschäftigt, 70 Prozent davon haben sich für eine 4-Tages-Woche entschieden. | Foto: Martin Meieregger
  • Rund 80 Mitarbeiter sind bei Maschinenbau Koller beschäftigt, 70 Prozent davon haben sich für eine 4-Tages-Woche entschieden.
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Mit der 4-Tage-Woche auch in der Produktion hat man neue Türen aufgestoßen. Was war der Anlass dazu?
WOLFGANG GRABNER: Wir wollten damit die Zufriedenheit für bestehende Mitarbeiter steigern und wir wollen attraktiver für neue Mitarbeiter werden. Mit möglichen Denkvarianten haben wir uns seit dem Frühsommer im vergangenen Jahr beschäftigt. Anfangs haben wir uns nicht drübergetraut, auch weil es keinerlei Erfahrungen mit einer 4-Tage-Woche gab – wir sprechen doch von 150 Mitarbeitern an beiden Standorten.

Wie ist es dann zur Umsetzung gekommen?
Nach einer Mitarbeiterversammlung haben wir eine Umfrage gestartet, dabei hat es sich gezeigt, dass 70 Prozent der Belegschaft sich dafür entschieden hat, die Arbeitszeit zu ändern. Entweder auf eine reine 4-Tages-Woche oder auf ein Kombinationsmodell, wo ich einmal 4 Tage und dann wieder 5 Tage arbeite. Im Dezember haben wir uns nach einer weiteren Umfrage dazu entschieden, beide Varianten fix zu übernehmen. 

"Mit flexibleren Arbeitszeitmodellen wollen wir die Zufriedenheit für bestehende Mitarbeiter steigern und attraktiver für neue Mitarbeiter werden."
Wolfgang Grabner, Geschäftsführer MB Koller

Wie sind die Erfahrungen bislang?
Sehr gut. Bei dieser Umfrage im Dezember haben 60 Prozent der Mitarbeiter angegeben, dass sich durch die Arbeitszeitanpassung die Zufriedenheit am Arbeitsplatz deutlich verbessert hat. Ein Wert, der mich positiv überrascht hat. Seitens der Geschäftsführung war uns wichtig, dass es in punkto Produktivität keinen Einbruch gibt.

Der 10-Stunden-Tag ist demnach zumutbar bzw. für die Mitarbeiter verkraftbar?
Ja, durchaus. Die meisten Mitarbeiter wissen ja, was es heißt zehn oder vielleicht sogar zwölf Stunden zu arbeiten. Jetzt winkt nach vier Tagen Arbeit, eine Erholungszeit von drei Tagen, dies hat es früher in Zeiten einer Überproduktion ja nicht gegeben. Dieser Erholungsfaktor führt dazu, dass es zu keiner Verringerung der Produktivität kommt.

Dieses Modell lässt sich also problemlos auf einen Schichtbetrieb übertragen?
Wir sind ein Produktionsbetrieb, bei dem sich alles um Maschinenlaufzeit dreht. Wichtig war, dass sich am Wechsel der Maschine mit täglich 14 Uhr nichts ändert, egal, welches Arbeitszeitsmodell jeder Mitarbeiter gewählt hat. Die Maschinenlaufzeit bleibt immer die gleiche – im Zweischichtbetrieb wohlgemerkt.

Dieses Modell ließe sich auf auf andere Unternehmen übertragen?
Absolut. Mittlerweile haben mich mehr als 20 Firmen aus ganz Österreich kontaktiert, die sich informieren wollen, wie das System in der Praxis funktioniert. Es denken viele darüber nach, drübertrauen sich nachwievor nur wenige. Letztendlich wird um dieses Thema keiner herumkommen.

Wolfgang Grabner: "Mittlerweile haben mich mehr als 20 Firmen aus ganz Österreich kontaktiert, die sich informieren wollen, wie das System in der Praxis funktioniert." | Foto: Martin Meieregger
  • Wolfgang Grabner: "Mittlerweile haben mich mehr als 20 Firmen aus ganz Österreich kontaktiert, die sich informieren wollen, wie das System in der Praxis funktioniert."
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Ist die 4-Tage-Woche auch in Lannach ein Thema?
Es ist ein Prozess, den wir an beiden Standorten zeitgleich mit 1. Jänner gestartet haben. Den Testbetrieb gab es nur hier in Aflenz. In Lannach haben sich auch 70 Prozent der Mitarbeiter fürs neue Modell entschieden.

Ist man dadurch wirklich ein attraktiverer Arbeitgeber?
Wir haben vorher schon lange nach neuen Mitarbeitern gesucht, jetzt haben drei neue gefunden. Brauchen würden wir jedoch mindestens zehn Mitarbeiter an beiden Standorten sowie in Summe sechs Lehrlinge.

Ist man bei der Flexibilität der Arbeitszeiten am Ende der Fahnenstange angekommen?
Aus meiner Sicht sind wir erst am Anfang. Wir wollten zuerst noch viel weiter gehen, aber in Österreich stößt man arbeitsrechtlich schnell an Grenzen. Für Einpendler zum Beispiel aus Slowenien wäre es interessant ein Woche zu arbeiten, um die nächste Woche frei zu haben. Ich bin neugierig, ob sich diesbezüglich in Österreich die Gesetzeslage ändert.

Wieviel Flexibilität bei der Arbeitszeit ist möglich? Warum nicht noch einen Schritt weitergehen: eine Woche arbeiten, eine Woche frei. | Foto: Martin Meieregger
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"BVT übernimmt MB Koller!" Im Jahr 2018 war das doch ein ziemlicher Paukenschlag. Wie hat sich die Übernahme entwickelt?
Es hat sich gut entwickelt. Wir konnten schnell Maßnahmen z.B. in der Arbeitssicherheit, die schnell in die richtige Richtung geführt haben. Wobei ich dazusagen muss, dass es nur 2019 ein normales Produktionsjahr gegeben hat – dann kam bekanntermaßen ja Corona. Aber schon 2019 war besser, als wir uns gedacht haben. 2020 und 2021 sind wir gut durch die Corona-Zeit gekommen, aber bei weitem nicht so, wie wir uns das ursprünglich vorgestellt hätten.

Wie zufrieden ist man mit der aktuellen Auftragslage? Ist man 2022 schon wieder auf Niveau von 2019?
Vom Auftragseingang her sind wir auf 2019er-Niveau, sollte heuer coronaseitig nichts Außergewöhnliches passieren, dann bin ich für heuer sehr optimistisch. Vielleicht schaffen wir es, das Jahr 2019 zu toppen.

Mehr über Maschinenbau Koller

Der Betrieb wurde 1961 von der Familie Koller gegründet. Bis heute konnte sich das Unternehmen als Metallbearbeiter etablieren. Es werden Teile in unterschiedlichsten Größen und Materialien bearbeitet, auch schwer zerspanbar (z. B. für Flugzeuge, Eisenbahnbau u. s. w.). Maschinenbau Koller hat sich zu einem Leitbetrieb der Hochsteiermark mit rund 80 Beschäftigten entwickelt,. 2018 wurde der Betrieb von BVT Lannach übernommen. Mit seinen rund 60 Mitarbeitern gilt BVT als renommierter Partner für innovative Produkte in der Beschichtungstechnologie.

Zwei Standorte, zwei Marken – ein Konzept an dem man weiter festhält?
Aus heutiger Sicht ja, Koller hat einen guten Ruf, BVT selbstverständlich auch.

Der Standort in Seebach hat sich aus einer Familiengeschichte ergeben. Die Familie Koller ist raus, ist der Standort noch zeitgemäß?
Ja, die Branchen ergänzen sich sehr gut. In Lannach liegt der Schwerpunkt bei der Pulverbeschichtung, hier bleiben wir beim Schwerpunkt Maschinenbau. Hier in Seebach sind wir in der Lage größere Bauteile herzustellen, in Lannach sind wir von den Expansionsmöglichkeiten doch beschränkt. Jetzt sind wir in der Lage, auch größere Bauteile zu beschichten und vor allem vor- und nachzubearbeiten. Solange es genügend Fachkräfte aus der Umgebung gibt, ist es ein perfekter Standort. Einen Kapfenberger wird man nur schwer bewegen können, zu uns nach Seebach zu kommen.

Wäre eine 4-Tage-Woche mit 40-Stunden bzw. 38,5 Stunden-Woche denkbar?

Ein Blick zur Lehrlingsausbildung: Wie viele Lehrlinge werden aktuell ausgebildet?
An beiden Standorten bilden wir 20 Lehrlinge aus, hier in Seebach sogar mit einer eigenen Lehrwerkstätte.

Sind Investitionen am Standort Aflenz geplant?
Wir planen Investitionen an beiden Standorten. Mehr will ich dazu noch nicht verraten, aber es werden Aufrüstungen in Millionenhöhe sein.

Mehr Infos über Maschinenbau Koller gibts hier

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