Prävention zu Gewalt in der Familie
Gewaltschutzzentrum trifft Polizei

Polizei trifft Gewaltschutzzentrum: Hier vor der Polizeiinspektion in Bruck. | Foto: Hackl
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Den Stein ins Rollen bringen. Dieser einprägsame Satz eint das Gewaltschutzzentrum Steiermark mit den Polizistinnen und Polizisten im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag.

BRUCK-MÜRZZUSCHLAG. Es hat Tradition, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des steirischen Gewaltschutzzentrums in regelmäßigen Abständen mit Vertretern der Polizei in allen 13 Polizeiinspektionen des Bezirkes Bruck-Mürzzuschlag zu einem Informationsaustausch treffen. Den Abschluss mit Pressegespräch gab es in der Polizeiinspektion Bruck, wo Annemarie Siegl und Benjamin Reinprecht vom Gewaltschutzzentrum zusammen mit Harald Bauernhofer, Kommandant der Polizeiinspektion Bruck, über die Notwendigkeit dieser Vernetzungsarbeit sprachen.

"Uns geht es dabei um einen niederschwelligen Lösungsansatz in allen Bereichen des Gewaltschutzes und der Prävention", erklärt Annemarie Siegl. "Wenn wir als Polizei zu Hilfe gerufen werden, dann ist die Eskalation zumeist schon auf die Spitze getrieben und es ist eine sehr herausfordernde Situation für alle Beteiligten", erklärt Harald Bauernhofer. In allen Polizeiinspektionen gibt es speziell geschulte Beamte, die im Gewaltschutz tätig sind. 

Wobei Gewalt in der Familie beziehungsweise im Haushalt auch im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag eine große Rolle spielt. Im Jahr 2002 wurden 191 Betretungsverbote ausgesprochen; 2021 waren es 113 Fälle. 277 Personen wurden allein im Jahr 2022 vom Gewaltschutzzentrum im Bezirk betreut.

Ein gutes Beispiel für Bürgernähe: Harald Bauernhofer im Bild mit Gertrude Günther bei der Aktion "Coffee with Cops". | Foto: Stadt Bruck
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Hinschauen und handeln

Die Polizei ist verpflichtet, das Gewaltschutzzentrum von der Verhängung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes zu informieren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gewaltschutzzentrums nehmen daraufhin unmittelbar mit den gefährdeten Personen schriftlich, telefonisch oder im Einzelfall auch persönlich Kontakt auf. Beratung und Unterstützung werden kostenlos und vertraulich angeboten.

Wobei Harald Bauernhofer auch an Nachbarn und Angehörige appelliert: "Als Nachbar bekommt man ja mit, wenn es zu Auseinandersetzungen kommt. Scheuen Sie nicht davor zurück, allein schon beim Verdacht von Gewalt die Polizei zu rufen. Damit kommt der Stein einmal ins Rollen." 

"Mit dem Stein ins Rollen bringen" ist gemeint, dass mit der Meldung bei der Polizei im Hintergrund standardisierte Abläufe gestartet werden. Umgehend informiert werden Gewaltschutzzentrum (als Hilfe für die Opfer), der Verein Neustart (zuständig für Täterarbeit) sowie Kinder- und Jugendhilfeträger. "Leider laufen alle gesammelten Daten in Österreich nur bei Hochrisikofällen zentral zusammen. Da sind wir von gesetzlichen Regelungen abhängig", erklärt Harald Bauernhofer. 

Hohe Dunkelziffer

Bei Gewalt in der Familie ist die Dunkelziffer sehr hoch. "Bei sämtlichen Frauenmorden im Vorjahr hatte keine der ermordeten Frauen zuvor Kontakt mit einer Beratungseinrichtung oder hat sich bei der Polizei gemeldet. Viele von Gewalt betroffenen Frauen erreichen wir nur über wiederkehrende Information, dass es Hilfe und Unterstützung gibt", so Annemarie Siegl.

Gewalt in der Familie: Im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag kam es im Jahr 2022 zu rund 200 Wegweisungen und Betretungsverboten von Tätern. | Foto: mev.de
  • Gewalt in der Familie: Im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag kam es im Jahr 2022 zu rund 200 Wegweisungen und Betretungsverboten von Tätern.
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Aber auch viele Personen, die noch keinen Kontakt mit der Polizei hatten, werden vom Gewaltschutzzentrum unterstützt. Im Mittelpunkt der Arbeit des Gewaltschutzzentrums steht die Beendigung von Gewalt, nicht die Aufrechterhaltung oder Beendigung einer Beziehung oder Lebensgemeinschaft.

Die Spitze eines Eisbergs

Die Zusammenarbeit mit den Behörden und mit Einrichtungen des psychosozialen Feldes sowie die Präventionsarbeit durch Einbringen von Fachwissen in die gesellschaftspolitische Diskussion sind wesentliche Grundpfeiler des Gewaltschutzzentrums. Übergeordnetes Ziel ist die Verhinderung von Gewalt im sozialen Nahraum.

Für den Polizisten Bauernhofer ist jeder Gewalteinsatz immer nur die Spitze des Eisberges, die sichtbar wird. "Sehr vieles aber bleibt unsichtbar. Man müsste eigentlich bei jeden einzelnen Fall viel mehr in die Tiefe gehen, aber da sind wir schnell bei der Ressourcenfrage – sowohl bei der Exekutive als auch bei den Beratungs- und Hilfsorganisationen. "Die Polizei ist in gewisser Weise ja auch Sozialarbeiter. Mit Gesprächen, Aufklärung und Information könnte man in der Prävention einiges bewirken und Eskalationen schon im Ansatz unterbinden. Am Land kann man als Polizist diese Rolle noch eher ausleben, als im städtischen Umfeld", so das leidenschaftliche Plädoyer des Postenkommandanten zu einer "etwas anderen Polizeiarbeit".

Das Gewaltschutzzentrum kümmert sich um die Opfer und wird bei jedem Betretungsverbot umgehend informiert. | Foto: stock.adobe.com/at/kieferpix
  • Das Gewaltschutzzentrum kümmert sich um die Opfer und wird bei jedem Betretungsverbot umgehend informiert.
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Die ersten Schritte...


Was tun, wenn es einen Verdacht auf Gewalt im eigenen Umwelt gibt. Für Angehörige, Freundinnen und Freunde gilt:

Gehen Sie auf die betroffene Person zu, teilen Sie ihr mit, was Sie vermuten oder beobachtet haben.
Vermitteln Sie der betroffenen Person das Gefühl, dass Sie Verständnis für sie und ihre Situation haben, wie auch immer sie reagieren wird.
Signalisieren Sie, dass Opfer keine Schuld an der Gewalt haben. Fragen Sie nach, welche Unterstützung die betroffene Person haben möchte.
Auch wenn die betroffene Person Ihr Hilfsangebot zunächst ablehnt, bieten Sie immer wieder von Neuem Zuflucht und Unterstützung an.
Geben Sie die Adresse und Telefonnummer von Gewaltschutzzentren und Frauenhäusern weiter bzw. vermitteln und begleiten Sie die betroffene Person zu einem Gespräch dorthin.
Planen oder unternehmen Sie nichts, was die betroffene Person nicht will. Entscheidungen müssen mit ihr gemeinsam erarbeitet werden.
Machen Sie der betroffenen Person keine Vorwürfe und drängen Sie sie nicht in eine Verteidigungsposition. Reden Sie nicht abwertend über die gewalttätige Person.
Respektieren Sie die Entscheidung der Person, auch wenn Sie andere Wege gehen würden (z.B. im Zusammenhang mit einer Trennung).
Wenn es in Ihrer Nachbarschaft zu Gewalt kommt, rufen Sie die Polizei. Diese muss einschreiten und entsprechende Maßnahmen setzen.
Wenn Sie einen gewalttätigen Angriff mit ansehen, sollten Sie sich nicht selbst in Gefahr bringen. Rufen Sie die Polizei zu Hilfe! Stellen Sie sich als Zeug:in zur Verfügung, das kann für die Opfer von großer Wichtigkeit sein.
Falls Kinder von Gewalt betroffen sind, melden Sie dies der Polizei und/oder dem Kinder- und Jugendhilfeträger. Beim Kinder- und Jugendhilfeträger sind diese Meldungen auch anonym möglich.

Quelle: Gewaltschutzzentrum Steiermark

Mehr Infos zum Gewaltschutzzentrum gibt es hier

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