Kein Herz für Ramsch
Mehr als eine Million Wallfahrer besuchen jährlich die Basilika in Mariazell und auch sie kommen an der Standlermeile zumeist nicht vorüber.
Das Wort "Standeln" hört Hermine Butter nicht gerne. "Die Begriffe Standeln und Standler sind zum Teil negativ besetzt, ich bezeichne meinen Stand als Pilgerladen. Früher haben die sogenannten Standler ja auch gesagt ,Ich geh´ in den Laden!", sagt Hermine Butter.
Jetzt im Sommer trifft man Hermine Butter Tag für Tag in ihrem Pilgerladen in der Mariazeller "Standlermeile" an. Sie verkauft Devotionalien an die Wallfahrer und Mariazell-Besucher. Devotionalien sind Gegenstände, die zur religiösen Andacht dienen, etwa Kreuze, Rosenkränze, Heiligenfiguren und Andachtsfiguren.
Wer durch die Standlermeile vor der Basilika spaziert, der findet nicht nur Devotionalien. Kinderspielzeug, Trachtenhüte, T-Shirts, Häferln mit Mariazell-Motiven. Und natürlich Lebkuchen und Magenbitter.
"Mit Lebkuchen und Magenbitter wurden seit jeher die Wallfahrer nach tagelangen Fußmärschen wieder aufgepäppelt. Das ist jetzt keine Besonderheit, die auf Mariazell alleine zutrifft", weiß Hermine Butter zu erzählen.
Made in China?
Nicht anfreunden will sich Hermine Butter, mit Billig-Ramsch: "Sicher ist es verführerisch, Billigware aus China mit einer möglichst hohen Gewinnspanne weiterzuverkaufen. Obwohl: Qualitätsbewusstsein ist ein gesellschaftspolitisches Thema und kein reines Standlerthema."
In ihrem Pilgerladen setzt Hermine Butter auf Spiritualität und auf Qualität: "Je länger ich hier im Nahbereich der Basilika arbeite, umso mehr wird mir das Spirituelle wichtiger. Da färbt etwas ab", sagt Hermine Butter. Hinterglasbilder mit religiösen Motiven, Bücher mit Sinnsprüchen und handgefertigte Kerzen sowie modern gestaltete Kruzifixe sichern den Unterhalt von Hermine Butter.
Geschäft mit der Religion?
"Ja, ich mache Geschäfte mit der Religion. Dazu stehe ich. Ein Bestatter macht Geschäft mit einer Leiche - und keiner stößt sich daran", sagt Hermine Butter kämpferisch.
Kämpferisch gibt sich die Ladenbesitzerin auch, wenn es um die Wertschätzung ihres Berufstandes gibt. "Es wäre schön, wenn es von Seiten der Gemeinde und der Kirche mehr Wertschätzung für unseren Berufsstand gäbe. Wir sorgen für rund 45 Arbeitskräfte, zum Großteil Frauenarbeitsplätze."
Hermine Butter gehört nicht zu den alteingesessenen Standler-Dynastien in Mariazell. Sie ist eine "Zuagroaste". Vor vier Jahren hat sie beschlossen, einen Laden zu eröffnen.
Eine aussterbende Zunft?
Derzeit gibt es rund 20 Standel-Betreiber, die insgesamt 30 Standeln führen. Einige Standeln stehen leer. Die Nachfrage scheint nicht besonders groß. Einige Ladenbesitzer sind jetzt schon im Pensionsalter. Nachfolge ist keine in Sicht. "Ich weiß nicht, ob wir eine aussterbende Zunft sind. Jedenfalls wird uns das wirtschaftliche Überleben hier nicht leicht gemacht", sagt Hermine Butter, eilt aus dem Hinterstübchen ihres Ladens zu einem Wallfahrer, der nach einem Souvenir Ausschau hält.
Autor Markus Hackl
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