Kuh von einer Mountainbiker-Gruppe aus Gaudi 15 Kilometer zu Tal gehetzt
(kra) Von Saalbach-Hinterglemm kommend fuhren am Sonntag, den 3. Juli 2011 gegen Mittag etwa 20 erwachsener Mountainbiker in Richtung Fieberbrunn.
Mit Geschrei Kalbinnen in die Flucht getrieben
Erst einmal im Sattel gab es für die Gruppe keinen Halt mehr. Gefahren wurde überall, auch auf Almwegen, die nicht für Radfahrer zugelassen sind. Das Ganze natürlich im sportlichen Tempo. Wanderer hätten Pech gehabt - was suchten diese auch in Bergen?
Auch das Weidevieh hätte sich einen anderen Platz suchen sollen. Durch das Bremsgequietsche der Räder und das Geschrei der Fahrer, die die Natur genossen, wurde eine Herde Kalbinnen, die am Wegrand weideten, erschreckt. Verängstigt versuchten sie talwärts über den Almweg der Horde Menschen zu entkommen, durchstießen zwei Absperrungen, um den Weiderosten auszuweichen und wurden von den Radfahrern, die in vollem Tempo hinter den Tieren her waren, durch lautes Geschrei noch weiter gehetzt. Nach etwa vier Kilometer schaffte es ein Teil der Tiere in den Wald flüchten zu können.
Mit blutenden Klauen nach 15 Kilometer erschöpft
Aber eines der Tiere war so in Panik geraten, dass es den Hauptweg entlang, gehetzt von den Radrowdys noch weitere zehn Kilometer Richtung Fieberbrunn lief. Schließlich total erschöpft, 15 Kilometer vom Almweideplatz entfernt, mit blutenden Klauen, konnte es von der Feuerwehr Fieberbrunn eingefangen werden.
"Das war ein toller Mountainbike-Ausflug!"
Während sich die erwachsenen Radfahrer nun vielleicht eines tollen Erlebnisses rühmten - wer kann schon von sich sagen, Torero-Held in der Bergen spielen zu können - hatte der Bauer andere Sorgen. Drei Stunden Arbeit zum Reparieren der Zäune, drei Stunden Zusammensuchen des versprengten Viehs, zwei beschädigte Autos und ein schwer krankes Tier.
Mountain Go-Karts, Mountainbiking - sind das die Erfolgsrezepte für "sanften Tourismus"?
Stefan Schwaiger aus Fieberbrunn, der dieses Erlebnis in einem Leserbrief ineiner Salzburger Wochenzeitung veröffentlicht hatte, schloss diesen mit folgenden Worten:
Vielleicht könnten die Verantwortlichen in Freizeit, Sport und Tourismus sich nicht nur Gedanken machen, wie man den Gästen den letzten Cent aus den Taschen zieht, sondern sie auch darüber informiert, wie man sich auf unseren Almen korrekt gegenüber Tieren verhält!
Herr Schwaiger hat für diesen Vorfall auch noch weitere Zeugen. Und trotzdem reibe ich mir die Augen, ob ich wache oder träume? Ist das der sanfte Tourismus, von dem Fremdenverkehrsmanager immer wieder schwärmen? Wandern von Alm zu Alm, Bauernherbst, Almabtrieb - hat das alles noch Platz und Zukunft in unseren Bergen? Oder erwarten uns bald Schilder, die den Wanderer auffordern, Wald und Wege zu verlassen, weil von irgend woher erholungssuchende Gäste auf Mountainbikes die herrliche Bergwelt gefahrlos erleben wollen von den Almen talwärts querfeldein rauschen?
Vielleicht werden ja den Gästen in den Bergen nicht gerade der letzte Cent aus ihren Taschen gezogen - die Mountainbiker haben ja meist gar keine mehr - aber macht es wirklich Sinn, jeden pfadähnlichen Weg, der querfeldein durch die Bergwelt führt, mit talwärts rauschenden Halbwilden als Urlaubsgaudi anzupreisen?
Nicht dass ich jetzt glaube, alle Mountainbiker seien Rowdys. Aber 20 sind schon mehr als nur eine Ausnahme!
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