Einsamkeit, Stress, Ängste
Corona wird zur psychischen Belastungsprobe

Begleiterscheinungen der Corona-Krise: Angst, Stress und Depression. | Foto: Fotolia/A. Wilusz
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Die Zahl der an Corona-Erkrankten und Verstorbenen ist noch immer hoch. Doch die Krise hat nicht nur physische Auswirkungen auf die Bevölkerung, sondern vor allem auch psychische.

BEZIRK. "Gewohnheiten werden durch die Pandemie aufgebrochen, Routinen, die einem Sicherheit geben, fallen weg, den Menschen wird enorm viel Flexibilität abgefordert", betont Psychiaterin Sabine Puritscher. Frust macht sich breit und gewohnte Wege, mit diesem umzugehen, wie Shoppen, Sport, Freunde treffen oder Aktivitäten in Vereinen fallen weg.

Bewusst etwas für die Psyche tun

"Es gibt kein Patentrezept mit den aktuellen psychischen Herausforderungen umzugehen", weiß die Hagenbergerin. Keinesfalls sollte man jedoch scheuen, sich Hilfe zu suchen, ob bei Freunden oder bei professionellen Stellen. Puritscher macht jedoch darauf aufmerksam, dass auch in diesem medizinischen Bereich die Ressourcen knapp seien. "Man sollte sich keineswegs in ein Loch verkriechen oder sich nur mehr im virtuellen Raum bewegen. Ich empfehle, soziale Kontakte nach Möglichkeit ausschöpfen und sich nicht in eine Negativspirale ziehen lassen", betont Puritscher. Es lohne sich auch, die Krise bewusst als Anlass zu sehen, um etwas zu verändern und sich das Leben zu erleichtern. Purtischer:

"Corona ist real und wir müssen damit leben lernen. Dabei geht es nicht nur um Maßnahmen wie Abstand halten und Händewaschen, sondern auch bewusst etwas für sich und sein seelisches Wohl zu tun."

Psychiaterin Sabine Purtischer.  | Foto: Privat
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Einsamkeit und fehlende Nähe betrifft alle Altersgruppen

Wie unterschiedlich die psychischen Belastungen durch die Corona-Krise sind, zeigt auch die Psychotherapeutin in Ausbildung Elisabeth Schimpl auf: "Für Menschen, die alleine leben wird die Einsamkeit zur enormen Belastung. Besonders gefordert sind auch Familien. Hier fehlt der Abstand und ein Lagerkoller ist quasi vorprogrammiert." Tägliche Konflikte durch das ständige Zusammensein und Home-Schooling werden zur enormen Belastungsprobe für alle Familienmitglieder. "Sowohl Kindern als auch Eltern fehlen Bewältigungsstrategien und der Ausgleich, den sie für gewöhnlich in Vereinen oder beim Ausüben von Hobbys haben", erklärt die Rainbacherin. Neben älteren Menschen können jedoch Jugendliche unter Einsamkeit leiden. "Soziale Kontakte, Veranstaltungen, Partys und Konzerte sind für junge Menschen wichtige Pfeiler, die seit Monaten wegbrechen", weiß Schimpl. Dazu komme, dass viele Zukunftspläne und Lebensträume wie Reisen, Auslandssemester oder Praktika auf unbestimmte Zeit auf Eis liegen.

Psychotherapeutin in Ausbildung Elisabeth Schimpl.  | Foto: Alexandra Grill
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Zeit für Veränderung?

Symptome der Einsamkeit wie depressive Verstimmungen und Ängste verstärken sich in den vergangenen Wochen und Monaten quer durch alle Altersgruppen. Schimpl: "Fehlende Berührungen, Zärtlichkeiten, Körperkontakt hat nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf uns alle." Wie Puritscher sieht auch Schimpl die Krise als einen guten Zeitpunkt, um sich mit Themen auseinander zu setzen, die schon länger im Verborgenen schlummern: "Viele Dinge werden jetzt klarer für uns, weil wir weniger Ablenkung haben und es manchen gerade jetzt leichter fällt, sich Unterstützung und Beratung zu holen."

Besondere Challenge für Frauen

Besonders gefordert und durch Distance-Learning und Home-Office einer enormen Mehrfachbelastung ausgesetzt sind einmal mehr Frauen. "Selbst gut organisierte Familien kommen an eine Belastungsgrenze. Es ist deutlich spürbar, dass die Menschen vermehrt Beratung und Therapie in Anspruch nehmen, um die Krise und mit ihr einhergehende persönliche Krisen, Belastung und Erschöpfung zu bewältigen", sagt Schimpl. Eine dieser Beratungsstellen speziell für Frauen ist "Babsi" in Freistadt. "Wir sind generell gut ausgelastet, ein gravierender Anstieg an Anfragen ist jedoch nicht festzustellen", sagt Mitarbeiterin Psychologin Gudrun Spiwak-Gruber. Corona sei allerdings als Thema in den Beratungsgesprächen häufig präsent.

Psychologin Gudrun Spiwak-Gruber.  | Foto: Privat
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Wenn der Druck zu groß wird Hilfe holen

"Besonders dort, wo bereits vor der Krise Belastungsgrenzen erreicht waren, persönliche Bewältigungsstrategien eine Problemlage nicht mehr entschärfen konnten, werden die Unsicherheit hinsichtlich der allgemeinen Entwicklung, ein womöglich dazugekommener wirtschaftlicher Druck oder die Beschränkung der sozialen Ressourcen als zusätzliche Stressoren empfunden", sagt Spiwak-Gruber und rät:

"Spätestens, wenn sich ein Stimmungstief oder Ängste über Tage, womöglich Wochen hinweg zunehmend verfestigt haben, wenn es schwerfällt, sich von Problemen zu distanzieren, Gedanken nicht aufhören zu kreisen, oder man das Gefühl hat, dass das, was sonst hilft, nicht mehr greift und man sich hoffnungslos fühlt, ist professionelle Hilfe anzuraten."

 

Zur Sache - Beratungsstellen im Bezirk Freistadt

  • Telefonseelsorge OÖ
    Rund um die Uhr kostenlos unter der Telefonnummer 142, vertrauliche Beratung per Mail oder Sofort-Chat (täglich 15 bis 21 Uhr), dioezese-linz.at/telefonseelsorge
Frustlevel ist derzeit enorm hoch. Durchhalten!

 

Weiterführende Links:

Psychiaterin über Corona: "Es wird ein langer Prozess"
Caritas Familienhilfe: Servicestelle Freistadt für pflegende Angehörige da
Jugendservice Freistadt: Tipps für Jugendliche im Umgang mit Corona

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