Andrea Sailer in der NMS Rohrbach an der Lafnitz

Die Schüler der vierten Klasse der NMS Rohrbach an der Lafnitz beschäftigen sich zurzeit an einem Sozialprojekt zum Thema Armut und Obdachlosigkeit. Dazu ist heuer auch ein Besuch des VinziDorfes in Graz geplant. Im Vorfeld lud die Projektverantwortliche, Dipl Päd. Andrea Parigger die bekannte Autorin und VinziDorf Mitarbeiterin Andrea Sailer aus Weiz zu einer Lesung ein, was sich im Nachhinein betrachtet als echter Glücksgriff erwies! Zu dieser Lesung waren die Schüler der dritten und vierten Klassen eingeladen.

Andrea Sailer ist seit 32 Jahren Schriftstellerin und motivierte VinziDorf-Mitarbeiterin. Sie studierte Philosophie und Englisch mit Diplom und schreibt zur Zeit an ihrem 15. Buch. Sie arbeitet auch für Radiosendungen, schreibt für Kabarett und Musik und ist eine große Tierliebhaberin. Im VinziDorf arbeitet sie mit schwer alkoholkranken Obdachlosen. Da sich unsere Jugendlichen die Obdachlosigkeit nur schwer vorstellen können, las sie zu Beginn einen Nachruf von einem dieser Männer namens Robert, der im vorigen Jahr im Alter von 57 Jahren beim Überqueren einer Straße von einem Auto erfasst wurde und dabei zu Tode kam. Für die Mitarbeiter des VinziDorfes war es deshalb ein großer Schock, weil der kleine Mann durch seine Freundlichkeit tiefe Spuren hinterlassen hat. Im Umarmen und Küssen war Robert, wie Andrea Sailer es ausdrückte: „Weltmeister.“ Robert erfuhr derart viel Grausamkeiten in seinem Leben, das für ihn das VinziDorf wahrscheinlich seine einzige richtige Heimat war. Gerne erzählte Robert den Besuchern des VinziDorfes seine Lebensgeschichte und was man alles aushalten kann, wenn man will. Das gab seinem Tod eine besonders tragische Note, denn das VinziDorf ist ein Ort, in dem etliche der insgesamt 39 Männer mit lebensbedrohenden oder unheilbaren Krankheiten oder auch mit psychischen Leiden zu kämpfen haben, die ihnen jede Fähigkeit zum Mut und Freude geraubt haben.

Sehr authent gestand Andrea Sailer den Jugendlichen, dass sie in ihrer Jugendzeit oft als unverstanden behandelt worden war und dass durch das zeitbedingte immer schneller werdende heutige Zeittempo es noch schwieriger wird, sich in dieser Welt zurecht zu finden. In einer Welt, wo von jedem einzelnen unglaubliche Leistungen gefordert werden und man immer zu funktionieren hat. Und das nicht nur in der Schule, denn heute müssen alle gesund, fit, schön, jung sein oder zumindest jung aussehen. Sie müssen fehlerlos sein, sich pausenlos weiterbilden, weiterentwickeln, und sich ständig für Dinge entschuldigen, die sie falsch oder gar nicht gemacht haben. Und deshalb ist das VinziDorf ein ganz besonderer Ort, denn dort werden diese Forderungen hintangestellt. Kurz ausgedrückt, ist das VinziDorf ein Ort, der anscheinend aus der Zeit gefallen ist. Bereits vor ihrem Einsatz im VinziDorf war Andrea Sailer auch klar, dass es dort nicht immer einfach ist, die Menschen dort nicht gesund und auch nicht immer lieb und dankbar, anständig, lieb und toll sind. Eben Leute, mit denen niemand etwas zu tun haben möchte. Gerade mit solchen Menschen wollte die Philosophin leben! Sie schrieb darüber auch ein Buch unter dem Titel 25 Jahre VinziDorf, in die Texte von ihr, aber auch Texte von den Männern des VinziDorfes, die Sailer abgeschrieben und in Form gebracht hat, nachzulesen. Andrea Sailer erklärte den Jugendlichen, dass die Männer des VinziDorfes jeweils etwa 40 bis 50 Drogenentzüge hinter sich habe und dass es auch sehr schwer ist, von einer Droge loszukommen, da diese Drogen nicht nur den gesamten Körper schädigen, sondern auch oft der einzige Freund der Betroffenen darstellt. Das ist auch der Grund, weshalb der Tod das gesamte Jahr über Gast im VinziDorf ist. Im VinziDorf gibt es auch ein Hospiz. Ihre Schilderungen über Drogen und die furchtbare Art, wenn Menschen daran grausam sterben, stimmte die Jugendlichen sehr nachdenklich. Am Eingang des VinziDorfes in Graz befindet sich der alles aussagende Spruch: Wer nicht einmal einen Stein hat, auf dem er sein Haupt legen kann, der sei willkommen! Ist es nicht ein Paradoxon, dass VinziDorf – Gründer Pfarrer Pucher eine Heimat für Heimatlose schuf?

Sicher kann man im Leben oft Scheitern, aber bis zum richtigen Sandler ist es trotzdem ein weiter Weg! In der Öffentlichkeit gibt es die oft gehörte Meinung, dass derjenige, der in diese Sackgasse gerät, selber schuld daran ist. Schaut man sich aber die Geschichten vieler Obdachlosen an, dann weiß man, dass jeder Mensch, egal in welcher Position, stets in so eine Lage hineinrutschen kann.

Als Gradmesser für das Glück des Lebens gilt heutzutage der Erfolg. Und dass, obwohl Erfolg nicht selten von Anderen abhängig ist. Und nicht selbst sind in Wirklichkeit erfolgreiche Menschen wesentlich unglücklicher als Menschen mit weniger Karriere. Es ist ja auch eigenartig, dass man sich trotz großer Erfolge unbeschreiblich elend fühlen kann. Mehr Mitmenschlichkeit und Liebe gibt es wahrscheinlich nirgends als im VinziDorf. Es gibt auch außerhalb des VinziDorfes - und zwar überall - Obdachlose. Obdachlose Seelen, geistig heimatlos. Irgendwie passt es zur Symbolik, dass das VinziDorf neben einer Friedhofsmauer erbaut ist. Es ist ein Symbol der „ewigen Heimat!“ Im Gegensatz zu ähnlichen Einrichtungen gibt es im VinziDorf keine Schlafplätze, sondern Wohnungen von 8 ½ mal 9 Quadratmeter Wohnraum.
Dipl Päd. Andrea Parigger hat mit ihrem Sozialprojekt und der Vorlesung durch Andrea Sailer wieder einmal bewiesen, dass sich die Verantwortlichen der NMS Rohrbach um ihre Schüler redlich bemühen, sie auf ihr weiteres Leben optimal vorzubereiten. Dafür gebührt ihnen größter Respekt gezollt!

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