Poetry Slam im Wiederlesen - Neun Dichter lieferten wortgeballten Wettstreit

Die neun Teilnehmer des Poetry Slam im Wiederlesen. v.l. Simon Tomaz, Leonard Dravoj, Meinhard Eiter, Nini Zangerle, Roswitha Matt, Markus Köhle, Alexandra Rangger, Käthl, Silke Gruber, Kathrin ohne H.
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  • Die neun Teilnehmer des Poetry Slam im Wiederlesen. v.l. Simon Tomaz, Leonard Dravoj, Meinhard Eiter, Nini Zangerle, Roswitha Matt, Markus Köhle, Alexandra Rangger, Käthl, Silke Gruber, Kathrin ohne H.
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IMST(alra). Neun leidenschaftliche Poeten, jeweils fünf Minuten Vortrag, eine ungezählte Menge an Worten, eine übersichtliche Zahl an Punkten und ein aufmerksames Publikum - das sind die Zutaten für einen Poetry Slam.

Bereits zum fünften Mal gelang dieser dichterische Mix im Buchladen Wiederlesen in Imst. Markus Köhle moderierte den Abend. Der Begründer der österreichischen Poetry Slam Szene stammt aus dem Oberland und lebt in Wien. Für ein intensives Poetry Slam Wochenende mit Terminen in Imst, Innsbruck und Hall besuchte Köhle seine alte Heimat Tirol. Die Oberländer Szene ist noch recht übersichtlich und so verstärkten einige bereits etablierte Slam Poeten aus ganz Österreich den wortgeballten Wettstreit am 24. Mai.
In der ersten Runde bespielten alle neun Literatur-Performer mit ihren selbst verfassten Texten den großen stilistischen Freiraum, den ein Poetry Slam bietet. Von kritischen, skurrilen, feinfühligen bis hin zu lustigen, aber immer individuellen und sprachlich ausgefeilten Weltanschauungen, reichte das Gebotene.

Wortgeballte Performance

Leo Dravoj legte seine Performance nachdenklich an der Gebrechlichkeit des Menschen an, Käthl führte mit ausgeprägtem mimischem Einsatz sieben Szenen einer neuzeitlichen Liebe auf, Meinhard Eiter sinnierte über die Ernährerrolle des Mannes während der Grillsaison. Alexandra Rangger war dem Zauber des Sommers und dem Urknall im emotionalen Kosmos lyrisch auf der Spur, während Simon Tomaz gänzlich auf die Buchstaben A,E,I und U verzichtete und dafür mehr O für seinen amüsanten Homoporno wählte. Katrin ohne H hingegen philosophierte intensiv über die teigige, große Walnuss, die den Kopf mit Unruhe ausfüllt. Roswitha Matt stellte in ihrem Slam Oide fest, dass sie zu alt für Jugendsünden sei, aber jedes IMSTagramm an ihr liebe. Silke Gruber quälte sich mit der Vielzahl an Alternativen und zeigte sich unentschieden, ob sie Fisch oder Vogel sein möchte. Nini Zangerle präsentierte mit ihrem Körpertext geradezu eine Huldigung an unerwünschte Körpergase.

Facettenreiche Themenwahl

Nach einer kurzen Pause ging es in die zweite Runde. Für das Finale qualifizierten sich laut Jurypunktevergabe aus dem Publikum fünf Poeten.
Katrin ohne H ließ sich bei einem Wienbesuch von Tschecheranten inspirieren - mit wortspielerischen Folgen. Sie spickte ihren Vortrag mit Weisheiten und Ratschlägen die sie barfuß ins Publikum tönte: „Wirf den Kopf nicht ins Korn...und erst wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Dichter her." Silke Gruber sprach sich pragmatisch und für eine Bienenschwangerschaft für Frauen aus. Winterschlaf haltende Kinder würde sie vertrauensvoll in die zeugenden Hände der Genetiker legen. Käthl philosophierte über sich selbst als Mensch voller Fehler - wunderbar, sonderbar, gern an der Bar. Roswitha Matt verpackte ihre Worte akrobatisch in ein ernstes Thema. Den unterschiedlichen Stellenwert von Mann und Frau brachte sie in fünf Minuten eindringlich zu Gehör - von der folgenreichen Einteilung nach dem richtigen oder dem falschen Geschlecht eines ungeborenen Lebens, dem Leid der ungewollten Töchter, Mädchen, die nur große ökonomische Lasten darstellen, #metoo, unterdrückte Frauen, übersehene Schicksale und bis hin zur Frage...wann wird Mann je verstehen? Simon Tomaz lieferte anschauliche Einblicke in den Alltag der berittenen Autobahnpolizei, der selbst für einen Gaul, der auf den Namen Blitzkrieg lautet mitunter im Leberkäse enden kann.

Ernste Töne mit Tiefenwirkung

Das Publikum war begeistert von den Themen, vom lauten Witz, vom leisen Zwischenton und vom Vortrag der neun Dichter, die wortverliebt, facettenreich ihrem innersten Ausdruck verliehen. Auf einer Slambühne findet alles Platz was sich aus der modernen Literatur und der Sprachkunst gewinnen lässt. Die eigenständige und publikumsbezogene Performance soll letztendlich wirken und den Wortfunken überspringen lassen.
Als Gewinnerin des Abends kürte die Publikumsjury die Imsterin Roswitha Matt. Als langjährige Schauspielerin des Ensembles Theaterforum Humiste hat sich Matt im Beherrschen von Wort und Darstellung bereits in vielen Stücken einen Namen gemacht. Mittlerweile hat sie sich aber auch bei den Poetry Slam Abenden im Wiederlesen mit ihren eigenen Texten, die Bühne und das Publikum erfolgreich erobert. Der nächste Poetry Slam im Buchladen Wiederlesen findet voraussichtlich im Herbst statt.

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