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Der unsichtbare Feind: Lärm

Unterschiedlicher Lärm in unterschiedlichen Höhen zu unregelmäßigen Zeiten – das macht Baustellenlärm besonders belastend. | Foto: Gstraunthaler
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  • Unterschiedlicher Lärm in unterschiedlichen Höhen zu unregelmäßigen Zeiten – das macht Baustellenlärm besonders belastend.
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Wer in der Stadt lebt, muss gute Nerven haben: Baustellen, Flughafen, Straßenverkehr und Müllabfuhr sorgen für viel Lärm.

INNSBRUCK. Städter müssen einen hohen Preis zahlen, um am Puls des Geschehens zu sein. Hupende Autos, zustellende Lkws, tägliche Müllabfuhr und Fluglärm machen besonders zu Zeiten von Homeoffice und vermehrtem Zuhause bleiben das Leben in der Stadt oft zu einer Qual. Das zeigen auch die Nachrichten, die auf buergermeldungen.com eintrudeln. Autofahrer, die sich auf der Straße ein Rennen liefern finden sich ebenso wieder, wie nicht endend wollender Baustellenlärm. Und das in Ausnahmefällen sogar über Nacht.
Baustellenlärm ist auch jener Lärm, der besonders schwer zu ertragen ist, weiß Dr. Daniela Renn, Leiterin des Berufsverbands Österreichischer Psycholog*innen in Tirol. "Man kann sich kaum drauf einstellen. Die spontanen Geräusche werden als Lärm in unterschiedlicher Intensität empfunden." 

Stadt Innsbruck kann nur im Tiefbau Baustellen koordinieren

In der Tiroler Bauverordnung werden Schallpegelwerte und Bauzeiten für den Hochbau festgelegt. Gebaut werden darf von Montag bis Freitag von 6 bis 19 Uhr. Das betrifft allerdings keine Tiefbauangelegenheiten – was erlaubt ist und was nicht, entscheidet jede Gemeinde selbst.

In Innsbruck gibt es eine Baustellenkoordinatorin, die einen Gesamtüberblick über die städtische Baustellen hat. Sie stimmt ab und sorgt bei Tiefbau-Baustellen – wie Grabungsarbeiten, Rohrverlegungen, etc. – dafür, dass sie nicht nur möglichst effektiv sind, sondern auch aufeinander abgestimmt. So, dass AnrainerInnen so wenig wie möglich davon beeinträchtigt werden. "Wir haben sehr viel optimiert und das System verbessert. Die Beschwerden sind deutlich zurückgegangen. Was aber im Privaten passiert, können wir kaum beeinflussen", sagt Bautellenkoordinatorin Martina Gura.

Wenn im privaten Bereich eine Baubewilligung ausgestellt wurde, ist es nur noch vom Bauherren abhängig, wie es weitergeht. Höchstens die Bau- und Feuerpolizei kann noch Kontrollen durchführen und bei Missachtung der Verordnung eingreifen. Einen Gesamtüberblick über alle Baustellen in der Stadt gibt es nicht und somit auch keine Möglichkeit auf Abstimmung und Entlastung für AnrainerInnen.

Wilten muss am meisten ertragen

Starker Straßenverkehrslärm ist eigentlich jener Faktor, der die meisten Haushalte in Innsbruck betrifft. Dr. Renn berichtet ebenfalls darüber, dass sich in ihrer jahrelangen Arbeit als Klinische Psychologin, vermehrt PatientInnen in ihrer Ordination über Lkw- und Autolärm beschweren. "Der Grundlärm ist in den letzten Jahrzehnten besorgniserregend gestiegen“, wie sie sagt. 

Das zeigt auch eine Lärmstudie, die im Jahr 2017 über den Gesamtlärm der Stadt auf 372 Seiten berichtet. 63 Prozent der Wohnungen in Innsbruck sind von 24-h-Verkehrslärm stark belastet (im Schnitt mit 55 dB). Davon steht Wilten besonders schlecht da (80 Prozent der Adressen sind von Straßenverkehrslärm stark belastet), aber auch der Schienenverkehrslärm (25 % der Adressen betroffen) und die Autobahn (20 Prozent der Adressen betroffen) zeigen hier besonders hohe Werte. Pradl und Amras folgen mit 60 Prozent im Straßenverkehrslärm. Starker Fluglärm wirkt sich indessen besonders in Hötting aus: 20 Prozent der Wohnungen sind betroffen.

Sekundäre Gefahr: Lärm beeinträchtigt die Gesundheit

"Die Stadt ist säumig, was Lärmschutz betrifft", findet Dr. Renn klare Worte. Schallwände an der Autobahn oder offenporiger Asphalt, sogenannter Flüsterasphalt – dieser schluckt bis zu 50 Prozent mehr Lärm als herkömmlicher Asphalt – für den Straßenbau wurden bisher kaum umgesetzt. Einerseits, weil sich weder Stadt noch Land oder die umliegenden Gemeinden zuständig fühlen, andererseits, weil es zusätzliche finanzielle Ausgaben sind. "Es ist zu einfach zu sagen, der Verkehr muss zurückgehen und damit die Verantwortung an die Einzelnen abzugeben. Die öffentliche Hand kann selbst viel tun, um Lärm einzudämmen", meint Dr. Renn. Dabei ist für sie klar: "Wenn einem die Erholungszeit genommen wird, ist auch ein physisch und psychisch gesunder Mensch in einer ständigen Stresssituation. Bei hoher Lärmbelastung fängt unser Körper im wahrsten Sinne zu vibrieren an. Das kann zu erhöhtem Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen führen.“

Müllabholung zehrt auch an den Nerven

Auch mit der Müllabholung haben viel StadtbewohnerInnen ihre liebe Mühe. So gut wie jeden Tag steht der Lkw vor der Tür, um Kunststoff, Papier, Rest- oder Biomüll zu entsorgen. Oft werden die Mülltonnen scheppernd durch den Flur über die Stiegen gezogen – entweder vom Hausmeister, einem Bewohner der Anlage oder einem Mitarbeiter der Müllabfuhr. Die Entleerung selbst ist ebenfalls mit großem Lärm verbunden. Die Abholung erfolgt von vier verschiedenen Betrieben, aber Großteils durch die Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB). Diese erklären, dass man sich vermehrt auf den Ausbau von lärmarmen Fahrzeugen Wert legt und die Mitarbeiter schult, um den Pegel möglichst gering zu halten. Auch seien heuer nur zehn Beschwerden bezüglich des Lärms an die IKB herangetragen worden.

So sieht der Bürgermeister den Lärm

Bürgermeister Georg Willi weist auf die Vielschichtigkeit der Thematik hin: „Das Thema Lärm bzw. Lärmschutz ist ein sehr umfangreiches und komplexes. Das Lärmempfinden ist sehr individuell, daher bemühen wir uns um besondere Sensibilität. Klar ist aber, dass in einer Stadt immer irgendwo gebaut werden muss und wir hier auch auf die Geduld und das Verständnis der BürgerInnen angewiesen sind.“

Was tun bei Lärmbelastung?

Der den Lärm nicht mehr erträgt, hat einige Möglichkeiten sich zu schützen: Teppiche, Vorhänge, Bilder an der Wand schlucken Lärm anstatt sie zu reflektieren. Gute Ohrstöpsel oder die Investition in Schallschutz wirken auch Wunder. Für jene, die mit solchen Lösungen nicht klarkommen, bleibt nur noch eins übrig: In eine ruhigere Gegend ziehen.

Daten und Fakten zum Lärmpegel

Die Tiroler Bauordnung legt fest, wieviel Dezibel (dB) Lautstärke verschiedene Maschinen haben können. Ein Luftdruckhammer hat um die 100 dB Lautstärke, wenn man in einem Meter Entfernung daneben steht – laut Bauordnung darf der Schalldruckpegel, je nach Maschine, bis zu 106 dB sein. Im Vergleich: Ein Kampfflugzeug hat einen Schalldruckpegel zwischen 110-140 dB Lautstärke (100 Meter Entfernung), ein Pkw zwischen 60 und 80 dB (10 Meter Entfernung).

Unterschiedlicher Lärm in unterschiedlichen Höhen zu unregelmäßigen Zeiten – das macht Baustellenlärm besonders belastend. | Foto: Gstraunthaler
Straßenverkehrslärm ist jener Lärm, der die Innsbrucker Haushalte am meisten beeinflusst: 63 Prozent der Wohnadressen sind von starkem Straßenlärm beeinträchtigt.
Viele BewohnerInnen der Stadt werden von der Müllabfuhr geweckt.
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