FFF-Demo
Ein Streikrecht gibt es nicht, "erhöhte Temperatur" als FFF-Tipp

FFF-Demozug durch die Innenstadt. es gibt aber nicht nur Zuspruch. | Foto: Covelli.
  • FFF-Demozug durch die Innenstadt. es gibt aber nicht nur Zuspruch.
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INNSBRUCK. Ein Streikrecht für Schüler gibt es nicht, es kann ihnen vom Klassenvorstand oder Direktor jedoch ein "Fernbleiben aus wichtigen Gründen" erlaubt werden. Rund um die Fridays-for-Future(FFF)-Demo in der Innenstadt gibt es auch kritische Stimmen.

FFF-Demo

Die FFF-Organisatorinnen und Organisatoren sprechen von rund 2.500 Personen, die Polizei schätzt die Teilnahme auf 1.800 bis 2.000 personen. Die "Fridays-for-Future"-Demo durch die Innenstadt und die anschließende Kundgebung vor dem Landestheater steht im Mittelpunkt des Diskussionen. "Staus, stehende Autos, Parkplatzsuche, Straßenlärm, Luftverschmutzung und wenig Platz für Radfahrer, Öffis und Fußgänger seien in Tirol Alltag", haben die Fridays-for-Future-Organisatoren im Vorfeld als Beweggründe für die Demonstration angegeben. Ursprünglich geplant als Autobahndemo, die aber untersagt wurde, kam es in der Innenstadt zum Demozug. " Mit lautstarken Protestrufen zeigten die Aktivistinnen und Aktivisten ihren Unmut über die derzeitigen Verkehrssysteme und die Ungerechtigkeit der Klimakrise. „What do we want? Climate Justice!“ und „We are unstoppable, another world is possible“ schallten durch die Straßen. Auch Streikschilder transportierten die Messages: „march now or swim later“, „keine Träume ohne Bäume“, „Gerechte Klimapolitik statt individueller Verzicht“, „Lieber ein heißes Date als einen heißen Planeten!“ oder „Klimapolitik statt Kurz-Flug“", halten die FFF-Organisatorinnen und Organisatoren in ihrer Aussendung fest. Die Polizei fasst in ihrer Bilanz zusammen: "Durch verhältnismäßig wenig Verkehr in der Innenstadt und auch aufgrund der geringer als erwarteten Teilnehmeranzahl fielen die Verkehrsbehinderungen kürzer als erwartet aus." Am Demoumzug selbst haben nicht nur Schülerinnen und Schüler teilgenommen. So waren zahlreiche Studierende und die "Oma gegen Rechts" anzutreffen.
Den BezirksBlätter Innsbruck-Nachbericht finden Sie hier

Nicht nur Zuspruch

Die Demonstration bekommt aber nicht nur Zuspruch. Verärgerung über die Wartezeiten an den Haltestellen für öffentlicher Verkehrsmittel, kritische Stimmen zur Kombination des Klimaschutzes und einer Megaparty mit Musik im Freien und vor allem die rechtliche Frage "Dürfen Schülerinnen und Schüler streiken" sind in den sozialen Netzwerken zu finden.

Schulunterrichtgesetz

Laut Schulunterrichtsgesetz müssen Schüler nur dann nicht am Unterricht teilnehmen, wenn sie krank sind, in ihrem Leben außergewöhnliche Ereignisse stattfinden oder wenn durch den Schulweg ihre Gesundheit gefährdet wäre. Der Klassenvorstand kann Schülern jedoch bis zu einem Tag und der Schulleiter darüber hinaus ein "Fernbleiben aus wichtigen Gründen" erlauben. Für Arbeit in der Schülervertretung müssen sie auf jeden Fall freibekommen.

Tiroler Weg

Die Tiroler Bildungsdirektion hat 2019 die Schulen darüber verständigt, dass ein Ansuchen der Schüler bzw. deren Eltern, zur Teilnahme an der Demo, genehmigt werden darf. Die BezirksBlätter Innsbruck haben bei der Bildungsdirektion nachgefragt.

Ist die Praxis der Bildungsdirektion aus dem Jahr 2019 beibehalten worden und die Entscheidung über die Teilnahme an den Veranstaltungen obliegt dem Klassenvorstand?
BERNHARD DEFLORINA:
Grundsätzlich handelt es sich beim Fernbleiben vom Unterricht zum Zweck der Teilnahme an einer Demonstration um keine gerechtfertigte Verhinderung im Sinn des Schulunterrichtsgesetzes bzw. des Schulpflichtgesetzes und damit um ein eigenmächtiges Fernbleiben vom Unterricht, welches schulrechtlich nicht zulässig ist. Allerdings besteht die Möglichkeit eine Schulveranstaltung bzw. schulbezogene Veranstaltung durchzuführen. Die Entscheidung, ob eine entsprechende Schulveranstaltung durchgeführt wird, obliegt der Schulleitung des jeweiligen Standortes. Die Erklärung einer Veranstaltung als schulbezogene Veranstaltung fällt in die Zuständigkeit des Klassen- bzw. Schulforums bzw. des Schulgemeinschaftsausschusses.

Ab welcher Klasse/Altersstufe dürfen Schülerinnen und Schüler an den FFF-Veranstaltungen teilnehmen?
Dazu gibt es keine Regelung.

Benötigen die Schülerinnen und Schüler dafür eine Einverständniserklärung/Entschuldigung durch einen Erziehungsberechtigten?
Wenn die Schule sich zu einer Schulveranstaltung oder zu einer schulbezogenen Veranstaltung entschlossen hat, bedarf es keiner Einverständniserklärung der Eltern. Sollte eine Schülerin bzw. ein Schüler an einer FFF-Veranstaltung teilnehmen, ohne dass eine Schulveranstaltung oder schulbezogene Veranstaltung vorliegt, kann auch eine Entschuldigung der Eltern nichts daran ändern, dass es sich um ungerechtfertigtes Fernbleiben vom Unterricht handelt.

Wird die Teilnahme der Schülerinnen und Schüler an der FFF-Veranstaltung überprüft?
Im Fall einer Schulveranstaltung bzw. schulbezogenen Veranstaltung besteht Aufsichtspflicht durch die begleitende(n) Lehrperson(en).

Gibt es eine grobe Schätzung an Teilnehmerzahlen an den FFF-Veranstaltungen sowie Hotspots an Schulen oder Gemeinden?
Darüber verfügt die Bildungsdirektion für Tirol nicht..

FFF-Tipps

Fridays-for-Future-Austria bietet auf ihrer Homepage verschiedene Denkansätze, um an der Veranstaltung teilnehmen zu können. Zum Beispiel beim Lehrpersonal: "Möglichkeiten der Streikteilnahme für Lehrer*innen: Tatsächliches individuelles Streiken sowie Streiken gemeinsam mit Schulklassen kann für Lehrer*innen zu ernsthaften Problemen führen, insbesondere für Kolleg*innen mit IIL-Verträgen (Auskunft der Gewerkschaft). LÖSUNG: In der Schule angemeldete und genehmigte Lehrausgänge zu den Streiks machen, da dort oft Fachvorträge gehalten und politische Diskussionen geführt werden, wodurch sich ein fachlicher Mehrwert ergibt." Und für Schülerinnen und Schüler: "Wenn Eltern oder Erziehungsberechtigte eine Entschuldigung inklusive Grund für das Fernbleiben des Kindes ausstellen, werden diese im Normalfall von KVs entschuldigt. Dabei könnte „aus persönliche Gründen“ oder „wegen erhöhter Temperatur“ angegeben werden." In einem Entschuldigungsformular zum downladen wird u. a. angeführt: "Sie/Er wird an diesem Tag nicht am Unterricht teilnehmen, sondern auf eine Demonstration für eine lebensrettende Klimapolitik gehen. Da sich der Streik für eine Politik stark macht, die unser aller Überleben auf diesem Planeten sichert, kann mein Kind den staatlichen Bildungsauftrag dort an diesem Tag besser wahrnehmen, als in der Schule selbst."

Fehlstunden rechtlich betrachtet

Was bedeuten unentschuldigte Fehlstunden für Schüler? Für Jugendliche bis 15 Jahre gilt der Schulschwänz-Paragraph, laut dem Schulpflichtverletzungen als Verwaltungsübertretung gelten. Je nach Schwere, spätestens aber bei mehr als drei ungerechtfertigten Fehltagen während der neunjährigen Pflichtschulzeit, müssen die Erziehungsberechtigten bei der Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt werden und zwischen 110 und 440 Euro Strafe bezahlen. Fehlen Schüler nur wenige Stunden, setzt es vermutlich nicht einmal eine Verwarnung: Diese kommt laut den Erläuterungen zum Gesetz erst "für grobe oder häufig auftretende Verfehlungen" in Betracht. Ältere Schüler können außerdem laut Paragraph 45 des Schulunterrichtsgesetzes ihren Schulplatz verlieren, wenn sie mehr als eine Woche bzw. fünf nicht zusammenhängenden Schultage oder 30 Unterrichtsstunden im Unterrichtsjahr unentschuldigt fehlen. Wenn sie nicht innerhalb einer Woche die Gründe für ihr Fernbleiben melden, werden sie automatisch vom Unterricht abgemeldet. Für wenige Stunden Fehlen gibt es also auch hier keine Konsequenzen.

Die FFF-Entstehung

Nach dem Vorbild des am 20.8.2018 beginnenden, ursprünglich dreiwöchigen „Schulstreiks für das Klima“ der damals 15-jährigen Greta Thunberg begannen weltweit SchülerInnen an Freitagen, den Unterricht zu verweigern und für Klimaschutz zu demonstrieren. Die Idee des Schul- bzw. Klimastreiks stieß auf große Resonanz und es entwickelte sich die Klimaschutzbewegung „Fridays For Future“ (FFF). Kernforderung der Bewegung ist die Einhaltung des auf dem Pariser Klimagipfel 2015 vereinbarten Ziels einer globalen Reduktion der CO2-Emissionen, wodurch die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll. Am 15. März 2019 fand die erste FFF-Veranstaltung in Innsbruck statt. Bei Regen versammelten sich rund 4.000 Schülerinnen und Schüler vor der Annasäule. 

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