Kunstschaufenster in der Riesengasse
Eine Hommage an den Brief

- Eine "Schaufenstergalerie" in der Riesengasse 5 lädt zum Staunen ein – MeinBezirk spricht mit den beiden Künstlern.
- Foto: Martin Durnthaler
- hochgeladen von Marlene Huber
Als Künstler Martin Durnthaler von der Nachricht erfährt, dass die dänische Post die Briefzustellung einstellt, kann er es fast nicht glauben. Er denkt sich: "Dann schreib ich Briefe an das Internet". Es entstand die Idee zum "Kunstbriefpostamt".
INNSBRUCK. Die "Minigalerie" in der Riesengasse 5 der Innsbrucker Altstadt ist nur der Auftakt des Projekts "Kunstbriefpostamt" von Martin Durnthaler und Lisa Wöss. Sechs Wochen lang sind die Werke im Kunstschaufenster vom Brillenmacher Tirol zu bestaunen. Beim Projekt handelt es sich um mit Briefmarken beklebte Kuverts, die als Postempfänger eine handschriftlich notierte Internetadresse, sowie Blackout Poetries – sozusagen Briefe vom Unbewussten ans Bewusstsein – tragen. 7 Motive der Blackout Poetry Serie sind auch als Kunstpostkarten zu erhalten.

- MeinBezirk spricht mit dem Künstlerduo über das Projekt.
- Foto: Maria Rainer
- hochgeladen von Marlene Huber
Briefe an das Internet
Für Martin Durnthaler sind die Briefe an das Internet eine Möglichkeit, Kommunikation auf ironische Weise in Szene zu setzen. Durch die zunehmende Rolle von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz im Alltag möchte er daran erinnern, was KI nicht ersetzen kann: menschliche Empathie, Persönlichkeit oder eben einen handgeschriebenen Brief. "Indem ich ein Stück Internet kaufe und es für meine Kunst verwende", berichtet Durnthaler im Gespräch mit MeinBezirk, "will ich die KI-Logik umdrehen." Der Künstler fügt hinzu:
"Die Kuverts sind eine Hommage an den geschriebenen Brief mit einem Schuss Ironie, der zum Nachdenken einlädt."
Für jeden Brief hat Durnthaler eine eigene Internetdomain gekauft. Diese dient gleichzeitig als Nachweis dafür, dass es sich bei dem Kunstwerk um ein Original handelt. Die Idee zum Projekt kam dem Künstler auf einer Zugfahrt von Innsbruck nach Wien. Als ihn die Nachricht, dass Dänemark bald seine Briefzustellung einstellt, nicht loslässt, stellt er sich die Frage: "Hängen wir unsere Briefe dann demnächst gerahmt an die Wand und erheben sie zu Kunstwerken?" Von der Zugfahrt kommt auch der Name der ersten Domain: "6020.wien". Für die Ausstellung in der Fenstergalerie entschied sich der Künstler bewusst für die drei Domains: "innsbruck.games", "kitz.style" und "tirol.vip" – sie alle haben einen "Regionalbezug mit internationalem Touch", wie Martin Durnthaler erklärt.

- Die drei Domains "innsbruck.games", "kitz.style" und "tirol.vip" hat Martin Durnthaler bewusst für die Ausstellung in der Innsbrucker Altstadt ausgesucht.
- Foto: Martin Durnthaler
- hochgeladen von Marlene Huber
Briefe aus dem Unbewussten
Lisa Wöss ergänzt das "Kunstbriefpostamt" durch Werke, die sie mittels Blackout Poetry schafft. Die Kunsttherapeutin lernte die Methode im Zuge ihrer Ausbildung kennen. Bestehende Texte, wie beispielsweise Buchseiten, bekommen dabei ganz neue Bedeutungen. Durch das Streichen und Hervorheben von bestimmten Wörtern sowie das Übermalen von Flächen entstehen im Prozess neue Botschaften – manchmal bewusst, manchmal unbewusst, wie Wöss erklärt.
Die Werke selbst sieht die Künstlerin als Botschaften vom Unbewussten ans Bewusstsein. Die Methode begleitet sie seit rund einem Jahr. Als Kunsttherapeutin ist es ihr wichtig, einen niederschwelligen Zugang zu Therapiemöglichkeiten aufzuzeigen. "Therapie muss nicht so steril wie ein Arztbesuch sein", erklärt die Künstlerin. Mit den vielfältigen Methoden der Kunsttherapie will sie das Thema aus der Tabuzone holen und zeigen, wie vielfältig Therapie sein kann. Dazu gehört auch, dass es Momente und Methoden gibt, die Spaß machen dürfen – obwohl es an sich um eine ernste Thematik geht.

- Auf den ausgestrichenen Stellen schafft Lisa Wöss neue Kunstwerke. Der neu entstandene Text wird also durch Visualisierungen ergänzt.
- Foto: Martin Durnthaler
- hochgeladen von Marlene Huber
Im Le Grenier – einem Atelier in der Höttinger Gasse 26, das zugleich auch als Gemeinschaftspraxis genutzt werden soll – planen Wöss und ihre Kolleginnen künftig, Kunsttherapie und kreative Workshops anzubieten. Der Name bedeutet übersetzt "der Dachboden" und soll eine Anspielung auf das Konzept der Gemeinschaftspraxis sein. Diese soll nämlich ein "Boden für Kreativität und Persönlichkeitsetnwicklung" sein, wie Wöss berichtet. Das Atelier öffnet voraussichtlich im Oktober seine Türen.
Durch Kunst verbunden
Die beiden Projektpartner haben sich vor etwa 15 Jahren durch die geteilte Leidenschaft für Kunst kennengelernt. Martin Durnthaler hat Lisa Wöss damals zu ihrer ersten Ausstellung im Theatercafé verholfen. "Im Fußball hätte man gesagt, sie ist gescoutet worden", lacht Durnthaler. In der Zwischenzeit hat sie mit vielen Kunstformen gearbeitet. Ob Fotografie, Bodypainting oder Malerei, unterschiedliche Techniken begleiten sie "je nach Lebensphase", wie sie erzählt. Auch in Martin Durnthalers Leben spielt Kunst eine große Rolle. So hat sie ihn schon durch die ein oder andere Krise navigiert oder dabei geholfen, sich selbst neu zu erfinden.
Das "Kunstbriefpostamt" ist das erste gemeinsame Projekt der beiden. Wer nach dem Vorgeschmack im Kunstschaufenster der Riesengasse neugierig wurde, hat Glück: Am 27. September veranstalten die beiden einen Ausstellungsabend im Innsbrucker Coworkingspace "Das Wundervoll", Beginn um 18.00 Uhr.
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