Hinter den Trümmern
Hans Seiferts 'Schutthaufen' als Symbol für die Welt

Hans Seifert, finde die "weiße Decke" aus Schnee über seinem Schutthaufen eine passende Botshaft.  | Foto: Lisa Kropiunig
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  • Hans Seifert, finde die "weiße Decke" aus Schnee über seinem Schutthaufen eine passende Botshaft.
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Den "Schutthaufen" vor dem Stift Wilten hat Künstler Hans Seifert errichtet, um Botschaften auszusenden. Die Installation hat nicht nur für Zuspruch gesorgt – um sie zu verstehen, muss man nämlich genau hinsehen.

INNSBRUCK. Denkplatz, Hoffnungsfeld oder Trosthof – so bezeichnet Künstler Hans Seifert seinen "Schutthaufen" am Vorplatz des Stift Wilten, der mehr als nur eine Mülldeponie ist. Und wenn man genau hinsieht, wird auch schnell klar, warum: Auf vier Kubikmeter hat Hans Seifert hier zusammengefasst, wie es in der Welt momentan aussieht, und zwar alles andere als schön. 

"Der 'Haufen' ist ein Aufruf, eine Bitte hinzuschauen und ihn als ein Symbol zu betrachten. Es ist weder eine Mülldeponie noch ein Kunstwerk – es sind starke Botschaften, die uns vor Augen führen, was gerade auf der Welt los ist und sollen uns aber gleichzeitig hoffen lassen",

erklärt Hans Seifert. Als dem Künstler die Idee kam, wusste er sofort, dass sie Staub aufwirbeln wird, setzte sie aber mit guten Absichten um. Bis zum Palmsonntag ist der "Schutthaufen" vor dem Stift Wilten noch zu sehen. 

Ein Anblick, der für viele schwer zu ertragen ist.  | Foto: Lisa Kropiunig
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Die Kinder der Welt

Hans Seifert hat in seine Installation Puppen integriert, welche stellvertretend für alle Kinder der Welt stehen, die um Frieden bitten.

"Somit ist es auch ein riesengroßer Grabhügel, wo Millionen Kinder liegen. Von den Überlebenden sind die Kinderjahre hier begraben, um die sie betrogen wurden",

betont Seifert. Außerdem befindet sich ein Abriss vom Giebel der Wiltener Stiftskirche auf der Spitze des "Haufens", welcher ausschaut wie ein Kreuz, das zerstört am Boden liegt.

Den leichten Weg nehmen

Seit Hans Seiferts "Botschaften" vor dem Stift Wilten liegen, sind schon einige Puppen abhandengekommen, er erklärt sich das so:

"Viele Menschen wollen das nicht sehen und möchten die Botschaften aus den Augen haben. Das ist der leichteste Weg, mit schrecklichen Geschehnissen umzugehen. Für die Botschaften ist entweder viel Fantasie notwendig, oder eine Aufklärung. Die sogenannten Saubermacher – auch in der Innsbrucker Politik vertreten – verstehen diese Botschaften meist nicht."

Seifert erzählt, dass die Menschen, mit denen er gesprochen hat, die Botschaften dann auch verstanden haben und waren berührt, wie viel hinter diesem vermeintlichen Müllhaufen steckt. Bei den negativen Äußerungen, die vor allem im Internet zustande kamen, hat er versucht, mit aufklärenden Worten zu antworten.

"Wenn ich merke, meine Worte bringen nichts, dann ist das für mich auch in Ordnung und ich verstehe, dass Menschen, wenn sie sich ohne Aufklärung selbst Gedanken machen müssen, eher negative Gedanken haben",

schildert der Künstler seine Erfahrungen.

Auch ein symbolisches Kreuz liegt auf dem Schutthaufen. | Foto: Hans Seifert
  • Auch ein symbolisches Kreuz liegt auf dem Schutthaufen.
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Hinschauen statt wegschauen

Der Künstler hat auch stellenweise weiße Tücher über den "Schutthaufen" gelegt. Sie sollen eine weit verbreitete Mentalität verbildlichen: Schreckliche Sachen deckt man lieber zu, anstatt sie anzusehen. Weiters sind überall Spiegel angebracht, um sich selbst zu reflektieren und wie es Hans Seifert ausdrückt "zuerst vor der eigenen Türe kehrt" bevor man andere verurteilt. 

"Bei der aktuellen Situation im Gazastreifen kann ich persönlich nichts bewirken, aber auf meinem Platz, in meinem Umfeld kann ich etwas bewegen. Hier kann ich für Frieden sorgen",

macht Hans Seifert mit einem Beispiel deutlich. 

Ein Neuanfang

Hans Seifert ist aber auch der Meinung, dass aus jedem "Schutthaufen" etwas Neues sprießen kann. Deshalb ziert der Efeu die sogenannte Botschaft, denn er ist die Pflanze des Lebens. 

"Nach Katastrophen, bei denen etwas zerstört wurde, kann auch wieder etwas Neues entstehen. Aus diesem Grund stellt der 'Haufen' auch ein Hoffnungsfeld dar",

so der Künstler.

Der "Schutthaufen" hat in den Sozialen Netzwerken auch für negative Stimmen gesorgt.  | Foto: Lisa Kropiunig
  • Der "Schutthaufen" hat in den Sozialen Netzwerken auch für negative Stimmen gesorgt.
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Weitere Botschaften

Ein Wanderstab soll symbolisieren, dass wir uns auf einer langen Pilgerschaft befinden und irgendwann ist diese aber zu Ende. Angebrachte Pflastersteine waren Hans Seifert ganz wichtig, denn sie können verwendet werden, um einen Weg zueinander zu "Pflastern" gleichzeitig können sie aber auch Verletzungen verursachen. Als Symbol für den Aschermittwoch hat Hans Seifert einen Sarg besorgt, der für die Botschaft "bedenke oh Mensch, dass du vom Staub kommst und zum Staub wieder zurückkehrst" steht. Ein Koffer steht für den letzten Koffer, den wir packen, wenn das Leben zu Ende geht. In diesem Koffer ist alles drinnen, was wir in Lebzeiten angehäuft haben.  Allerdings hat er im Sarg aber nicht mehr Platz, denn mit nichts sind wir gekommen und mit nichts verlassen wir diese Erde. Aus Ziegel fertige Hans Seifert eine kleine Klagemauer – sie steht für Schutz, aber auch für Ausgrenzung.

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