Wilten
K&K-Quartier St. Bartlmä ist wieder in Thema

Nach dem Beschluss im Gemeinderat über einen runden Tisch ist das Kulturquartier St. Bartlmä wieder Thema. | Foto: zeitungsfoto.at
  • Nach dem Beschluss im Gemeinderat über einen runden Tisch ist das Kulturquartier St. Bartlmä wieder Thema.
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INNSBRUCK. Eigentlich hätte man vermutet das die Idee des Kultur- und Kreativquartiers St. Bartlmä in der Stadtpolitik keine Rolle mehr spielt. Dem ist aber nicht so. Ein runder Tisch soll alle Fakten und Optionen offenlegen und die Zukunft des Projektes weisen.

Hintergrund

Im April und Mai wurde im Rahmen der Corona-Wirtschaftsgespräche das Projekt Kulturquartier St. Bartlmä erstmals auf der politischen Agenda. Am 15. Juli brachte GR Dejan Lukovic einen dringenden Antrag ein zum Kulturquartier St. Bartlmä, Einberufung runder Tisch ein. Die Dringlichkeit wurde dem Antrag nicht zuerkannt (30 Gegenstimmen), weshalb der Antrag der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugeführt wird und in der nächsten ordentlichen GR-Sitzung behandelt wird. Lukovic forderte z. a. die Einbeziehung der Standortagentur, der Kulturlandesrätin und des Wirtschaftslandesrat, die Fraktionen im Gemeinderat sowie den TVB Innsbruck. die Projektvorleger, Anrainer und Anrainer und den Eigentümer der Liegenschaft. Unterstützt wird das Projekt auch von kreativland.tirol: "Eines der Projekte, das bei der Gründung des kreativland.tirol bereits definiert wurde und als Bereicherung für das Land gesehen wird, ist das Kreativ.QUARTIER. Als Beirat des kreativland.tirol stehen wir voll hinter der Umsetzung der Idee eines
Kreativ- und Kulturquartiers für Tirol – insbesondere auch in Form der Reaktivierung eines aufgelassenen Gewerbestandorts, der aufgrund seiner vorhandenen baulichen Struktur und Lage ideal für ein Kreativquartier ist." Auch Franz Jirka, Obmann der WK-Innsbruck sieht im Projekt viele Vorteile.

Neuer Anlauf

Drei Monate später ist das der Fall. GR Lukovic beantragt die Annahme des Antrages. Die Diskussion zum Antrag ist recht unterschiedlich. Vor allem wird festgehalten, dass die Einberufung eines runden Tisches durch den Bürgermeister jederzeit ohne Gemeinderatsabtimmung möglich ist. GR Mesut Onay meint, der Bürgermeister solle einfach seinen Job machen.

Wilder Westen

"Wenn das Pferd tot ist, dann steig ab" (GR Irene Heizs), "Man soll die Flinte nicht zu früh ins Korn werfen" (StR Uschi Schwarzl) und "Füttere kein Pferd, dass Du nicht reiten kannst. (GR Gerald Depaoli) waren Cowgirl- und Cowboy-Weisheiten bei der Diskussion um das Kulturquartier St. Bartlmä. Geprägt war die Diskussion vor allem von grundsätzlichen Positionen. Vor allem die Kostenfrage (Kaufpreis angeblich bei 10 Mio. Euro, Pachtpreis bei 24.000 Euro pro Monat, die IIG hat den Grund auf rund 4 bis 5 Mio. Euro geschätzt) standen im Mittelpunkt. GR Krackl zeigt sich verwundert um die gewählte Vorgangsweise, Bgm. Willi könnte jederzeit den runden Tisch einberufen. StR SChwarzl sieht im Areal viel Potential. GR Depaoli sieht das Thema als "vergeigt". Vizebgm. Lassenberger kritisiert die Ankündigungspolitik und fordert ein Einbeziehung des Stifts Wilten. GR Gleinser will eine Berücksichtigung der jugendlichen Bedürfnisse. StR Federspiel bezeichnet das Kulturquartier als Wunsch an Christkind. GR Stoll weist auf die angespannte wirtschaftliche Situation hin. Bgm. Willi erklärt, das Verhandlungen mit Dr. Strasser geführt wurden und hier festgehalten wurde, dass ein Verkauf nicht vorgesehen ist.  Das Projekt soll an den Hafen und an das Hofgartencafe erinnern. Es soll ein Treffpunkt für die Jugend werden. Für Erheiterung sorgt StR Oppitz-Plörer mit der Beschreibung ihrer Visionen des Kulturquartier St. Bartlmä mit einer Fahrradweganbindung und Buschenschank im Garten des Stift Wilten sowie der Stadtseilbahnanbindung als Einfallstor im Süden. Am Ende wird der Antrag bei Stimmenthaltung von ÖVP und TSB sowie gegen die Stimmen der SPÖ, FPÖ, GERECHT, ALI und GR Schmidt angenommen.

Das Konzept

"Das Areal Sankt Bartlmä im Innsbrucker Stadtteil Wilten wird als Kulturquartier gestaltet und für die Innsbrucker Bevölkerung geöffnet. Die Liegenschaft der ehemaligen Maschinenfabrik Oberhammer mit ihren Hallen und dem überdachten Außenbereich wird in seiner Gesamtheit gemietet und mit einem Schwerpunkt auf Kultur und Urbanen Leben kuratiert. Als Hauptmieter tritt ein Kollektiv an Personen auf, die sich mit Know How, Arbeitskraft und finanziellen Mitteln dem Thema verschrieben haben. (Gesellschaftsform noch offen) Die Bespielung der Hallen erfolgt nach einem Konzept der Kulturstärkung in Kombination mit Handwerk, Handel und Gastronomie", so wird die Vision des Quartier Sankt Bartlmä. Auf 40 Seiten werden Möglichkeiten und Ideen der Nutzung präsentiert, über die Innsbrucks Politiker diskutieren. Das Stadtblatt stellt seinen Leserinnen und Lesern die Projektidee ausführlich vor.

Die Nutzung

Das Areal besteht aus 7 ehemaligen Fabrikshallen, sowie einer Gießerei. Zusätzlich ist ein Großteil der Freifläche überdacht. Im Hauptgebäude befinden sich Büroräume auf 3 Ebenen. Die Halle 1 steht im gastronomischen Mittelpunkt: 336 Quadratmeter, Ziel ist die Vermietung an einen oder mehrere lokale Gastronomen. Die Halle 2 soll dem Thema Möbel und Vintage gewidmet werden, die Halle 3 soll für Kids und junge Erwachsene zur Gratisnutzung und zur Belebung des Areals (Skaten, Klettern, Indoor Spielplatz o. ä.) dienen. Die Halle 4 ist dem Tanz gewidmet, Musik spielt in der Halle 5 die große Rolle. Die Gießerei soll als Club genutzt werden. Kunst und Kultur sollen in der Halle 7 ihren Platz finden. Die Büroräumlichkeiten verteilt auf mehrere Gebäude werden individuell an Firmen der Kreativwirtschaft vermietet. Leerflächen können vorübergehend Studenten als Arbeits- und Lernzonen zur Verfügung gestellt werden. Die Halle N hat eine Größe von ca. 385 Quadratmeter. Nutzungstichwörter: Lagerung und Verkauf von Vintage Mode. Die Halle G soll für ein innovatives Retail Konzept zum Thema Bike verwendet werden. Rund 1.000 Quadratmeter stehen als überdachte Freifläche zur Verfügung.

Geschichtliches

In der Zeitschrift aut.info 3/2021 hat sich Ivona Jelčić dem Thema "Kleinkriege auf Kosten der Stadt von morgen" gewidmet: Durch die Firstverglasung fällt von weit oben fahles Licht auf die rußgeschwärzten Mauern und Stahlträger der rund 150 Jahre alten Gießerei, vereinzelt stehen noch Arbeitsgeräte herum, sonst ist die rund 350 Quadratmeter große Halle leer. An der Ostseite des Gebäudes kragt eine Plattform in Richtung Sill aus, westseitig setzt sich das insgesamt 6.000 Quadratmeter große Firmenareal fort, es gibt darauf insgesamt zehn Werkhallen, dazwischen glasüberdachte Verbindungswege. Das ist der Stoff, aus dem die Träume von einem Innsbrucker Kultur- und Kreativquartier gemacht sind, das ist auch ein Zankapfel der in gefühlt zwölf von zehn Fragen zerstrittenen Stadtregierung. Und es ist ein gutes Beispiel dafür, dass die politischen Kleinkriege in Innsbruck auf Kosten der Stadt von morgen geführt werden.

Bis vor kurzem hat in Innsbruck kaum jemand Notiz vom Gewerbegebiet Sankt Bartlmä in Wilten genommen, selbst die Namensgeberin kennen viele nicht: Die Kapelle St. Bartlmä ist ein romanischer Rundbau mit steilem Kegeldach, im 13. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt, 1944 durch Bomben zerstört, 1981 aufwändig rekonstruiert. Durch Sankt Bartlmä führte bereits im 12. Jahrhundert außerdem der historische Sillkanal. Die „kleine Sill“ diente Handwerks- und Gewerbebetrieben als Energiequelle, am Sillkanal lag auch die Wiltener Stiftsmühle, später ein Sägewerk und eine Schlosserei, die zur Maschinenfabrik ausgebaut wurde. Die Innsbrucker Nachrichten berichten 1879 über die Erweiterung der Maschinenfabrik Lang, spätere Maschinenfabrik Oberhammer, um eine Eisengießerei. Noch einmal gute 140 Jahre später steht der – schon lange nicht mehr in Familienbesitz befindliche – Betrieb still und ein von einem Innsbrucker Unternehmer vorgelegtes und von einem Kollektiv aus Vertreterinnen und Vertreter der Kultur-, Clubund Gastro-Szene mitgetragenes Nachnutzungskonzept steht im Raum."

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