Stadtblatt-Interview mit Videos
Uni-Rektor über Herausforderungen, Desavouierung, studentisches Leben und ÖH-Wahlen

Herausforderungen für die Uni Innsbruck, das Stadtblatt-Interview mit Rektor Tilmann Märk. | Foto: Gerhard Berger
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INNSBRUCK. Innsbrucks Universität bewältigt herausfordernde Zeiten. 2019 war das 350-jährige Jubiläum, dann folgte Corona. Im Stadtblatt-Interview gibt Tilmann Märk, seit 10 Jahren Rektor der Uni Innsbruck, Einblicke auf die aktuelle Situation.

Stadtblatt: Herr Rektor, die Universität Innsbruck in Coronazeiten, wie lässt sich die aktuelle Situation kurz zusammenfassen?
Tilmann Märk:
Seit 15 Monaten stehen wir immer wieder vor neuen Herausforderungen, wir lernen täglich dazu und die Bilanz ist angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen recht gut. Mit Distance Learning und Homeoffice leisten unsere Studierenden und die Mitarbeitenden einen wichtigen Beitrag zur weiteren Eindämmung der Pandemie.

Distance Learning und Onlinestudium wird von vielen Experten als Teil der universitären Zukunft gesehen. Ist diese Entwicklung coronabedingt überfallsartig gekommen und gibt es auch daher Argwohn und Mißtrauen gegenüber dieser Entwicklung?

Die Universität Innsbruck hat schon vor der Pandemie die Digitalisierung in der Lehre vorangetrieben. Streaming-Infrastruktur und die digitale Lehrplattform wurden schon vor Corona rege genutzt. Die Pandemie hat allerdings hier vieles beschleunigt, und das war und ist auch nicht für alle immer ganz einfach – sowohl für Studierende als auch Lehrende. Aber Distance Learning kann auch künftig – jedenfalls mit den derzeitigen Möglichkeiten – nur ein Teil des universitären Alltags werden. Lernen, Lehren und Forschen sind vor allem auch soziale Prozesse, da geht es um Austausch, um Diskurs und um den Wettstreit von Ideen, da geht es aber auch darum, dass Menschen gemeinsam etwas denken und umsetzen. Hier kann die Digitalisierung helfen, zum Beispiel wird es in Zukunft sicher weniger Reisen geben, aber Videokonferenzen können das direkte Gespräch, die gemeinsame Erfahrung nie ersetzen. Das zeigt sich auch in dem großen Wunsch der meisten Studierenden und Lehrenden, besser heute als morgen wieder an die Uni zurückzukehren.

Seit 10 Jahren als Rektor der Uni Innsbruck tätig: Tilmann Märk. | Foto: Gerhard Berger
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Der MedAT 2021 findet am 21. Juli 2021 gleichzeitig an den Medizinischen Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und der Medizinischen Fakultät der JKU Linz statt. Einmal mehr gibt es 1.000e Kandidatinnen und Kandidaten, woran liegt das?
Das Medizinstudium in Innsbruck wird von der Medizinischen Universität angeboten. Wir haben deshalb keinen Einblick in die Motivationslage der Bewerber*innen. Aber wie die Medizinische Universität erleben auch wir einen großen Zustrom an Studieninteressierten aus Österreich und auch aus dem Ausland, im vergangenen Wintersemester gab es einen Zuwachs von 13 %.

Univ.-Prof. Karlhofer übt scharfe Kritik an der Uni. Wo können Sie der Kritik zustimmen, wo widersprechen Sie?
Die Kritik ist völlig überzogen und trifft nicht die Realität. Vielmehr desavouiert sie den enormen Einsatz eines großen Teils unserer Mitarbeitenden. Das zeigen auch Umfragen der ÖH: Rund zwei Drittel der Studierenden fühlen sich mit dem Onlineangebot gut betreut. Das äußert sich nicht zuletzt in den Zahlen bei Abschlüssen und Prüfungsaktivität, beide sind in den vergangenen 15 Monaten deutlich gestiegen.

Studiendekan Manfred Kleidorfer hat auf Twitter auf die aktuelle Diskussion reagiert und gemeint „er verstehe die Vorwürfe nicht“. Ein Satz dem Sie zustimmen können?
Die Reaktion von Studiendekan Kleidorfer und vieler anderer ist durchaus verständlich. Natürlich ist die Situation für uns alle eine große Herausforderung und alles andere als angenehm, weil ein Studium vom Diskurs und der direkten Zusammenarbeit lebt. Aber natürlich gibt es in solchen Situationen immer wieder neue Fragestellungen und auch immer wieder Verbesserungsmöglichkeiten. Wir lernen täglich dazu!

In der aktuellen Diskussion gibt es immer wieder politische Zurufe, wie gehen Sie damit um?

Wir nehmen alle Anregungen ernst und prüfen sie. Unser Handeln richtet sich zunächst aber an den Bedürfnissen von Studierenden und WissenschaftlerInnen aus. Trotz der Einschränkungen versuchen wir, optimale Bedingungen für Lehre, Studium und Forschung zu schaffen. Darüber hinaus leistet die Universität mit ihren ExpertInnen auch wichtige Beiträge zur Bewältigung der Pandemie. So ist zum Beispiel Psychologin Barbara Juen Mitglied im ministeriellen Beirat für die psychosoziale Gesundheit. Unsere BiologInnen haben mit Kolleginnen anderer Hochschulen ein österreichweites Abwassermonitoring aufgebaut, das wichtige Daten für Prognose zur weiteren Entwicklung der Pandemie liefert.

Ihr Blick auf das studentische Leben: „Keine Uni, kein Nebenjob, aber 450 Euro für‘s WG Zimmer...“ lautet eine Schlagzeile, wie sehen Sie die Situation für die Studierenden?
Für die jungen Menschen ist die aktuelle Situation natürlich sehr schwierig. Wie unsere Zahlen zeigen, tut dies einem erfolgreichen Studium keinen Abbruch. Es sind vor allem die sozialen Einschränkungen, die den Menschen zu schaffen machen. Manche Studierende haben im Herbst ein Studium in Innsbruck begonnen und kennen ihre StudienkollegInnen bisher nur vom Bildschirm. Wir versuchen durch zusätzliche Chatmöglichkeiten das etwas zu verbessern.

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Tilmann Märk, lässt 2020 Revue passieren und gibt einen Ausblick auf 2021. Das Uniorchester spielt zum Abschluss des virtuellen Neujahrsempfangs ein besonderes Stück von Martin Anton Schmid.


Ein kurzer Blick auf die ÖH-Wahlen, wie wichtig würden sie eine ansprechende Wahlbeteiligung sehen?

Ich halte das für sehr wichtig, die Universitäten haben eine Vorbildfunktion. Ich selbst habe als Student bei jeder Wahl teilgenommen. Es gibt die Möglichkeit der Briefwahl, und die Studierenden sollten davon auch Gebrauch machen. Unter den gegebenen Bedingungen, wo viele Studierende gar nicht vor Ort sind, ist aber leider von einer geringeren Wahlbeteiligung auszugehen.

Ist Innsbruck eine Studentenstadt?
Mit 28.000 Studierenden und über 5.000 MitarbeiterInnen ist die Uni Innsbruck die größte Bildungseinrichtung Westösterreichs. Gemeinsam mit den anderen Hochschulen kommen wir in Innsbruck auf knapp 35.000 Studierende, also rund ein gutes Viertel der Stadtbevölkerung. Innsbruck ist also ohne Frage stark von den Hochschulen geprägt.

Mai 2019: Das Jubiläum der Uni im Mittelpunkt, beim Gewinnspiel war Rektor Märk aktiv dabei. | Foto: Uni Ibk./FB
  • Mai 2019: Das Jubiläum der Uni im Mittelpunkt, beim Gewinnspiel war Rektor Märk aktiv dabei.
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In welchen Bereichen soll/kann/muss die Stadt in Sachen Universität und Stadt Innsbruck aktiv werden?
Die Zusammenarbeit mit der Stadt funktioniert sehr gut, bei den jetzigen großen Bauvorhaben werden wir sehr unterstützt. In Bezug auf die Studierenden hat die Stadt erkannt, dass studentisches Wohnen ein sehr wichtiges Thema ist. Die Stadt setzt hier gemeinsam mit dem Land bereits wichtige Schritte, die zu einer Entspannung der Situation führen werden.

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Im April 2020 hat sich Rektor Märk mit einer Videobotschaft zu Wort gemeldet.

Zur Personen

Tilmann D. Märk, in Seefeld geboren ist Physiker und Rektor der Universität Innsbruck. Am 21. April 2011 übernahm er von Karlheinz Töchterle, der Wissenschaftsminister wurde, zunächst interimistisch das Amt des Rektors, ehe er am 13. Dezember zum Rektor gewählt wurde. Im Jänner 2019 wurde er vom Universitätsrat für eine dritte Funktionsperiode als Rektor der Universität Innsbruck von 2020 bis 2024 bestellt. Tilmann Märk (Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult.) hat auch zahlreiche Auszeichnungen wie das ihm das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und das Ehrenzeichen des Landes Tirol erhalten.

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Die Uni entwickelt sich weiter: Mit einer Nutzfläche von 13.000 Quadratmetern entsteht am Innrain 52a ein neuer Gebäudekomplex für Lehre, Forschung und Verwaltung nach modernsten Standards.

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