Bauarbeiten
Zwölf Bäume und viele Tränen

Trotz Protestaktion wurden die zwölf Kastanienbäume gefällt | Foto: Isser
  • Trotz Protestaktion wurden die zwölf Kastanienbäume gefällt
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Dem Saggen wird nachgesagt, er sei der schönste Stadtteil Innsbrucks. Das mag einerseits an den Villen liegen, doch für manch einen noch viel beeindruckender: die vielen Baumalleen in den Straßen. Sieht man auf den onlineabrufbaren Baumkataster der Stadt Innsbruck (https://www.ibkinfo.at/digitaler-baumkataster) sieht man es deutlich: Saggen ist grün. Von den über 13.000 Bäumen in Innsbruck wurden bei den Viaduktbögen in Saggen im Zuge des Baus der neuen S-Bahn-Haltestelle vergangene Woche trotz Protestaktion zwölf Bäume gefällt.

Zwölf Bäume und viel Emotion

Zurzeit bleibt (vermutlich) kaum eine Baumfällung unbemerkt oder unkommentiert, weder von der Bevölkerung noch von Politikern. Ob das gestärkte Umweltbewusstsein in Zeiten des Klimawandels oder doch eher politische Aufmerksamkeitslenkung dahinter steckt, ist fraglich. Dagmar Söser ist eine, die sich für die Umwelt stark macht, so initiierte sie 2012 die Earth Hour in Tirol bzw. das Earth Hour Festival in Innsbruck. Sie wohnt in Saggen, direkt bei den Bögen und den Kastanienbäumen, von denen nun zwölf gefällt wurden. Weil ihr Bäume, und insbesondere diese Bäume, am Herzen liegen und einige Bürger bei ihr angerufen haben, startete sie eine Unterschriftenaktion für den Erhalt dieser Bäume. Nach zweieinhalb Tagen fanden sich bereits 1.350 Unterschriften auf der Liste, doch übergeben konnte sie nie werden: Die ÖBB verlegten den Termin für die Fällung vor, die Bäume wurden kurzfristig schon letzte Woche gefällt. Frau Söser ist bestürzt: „Man hätte die Kastanienbäume integrieren können, man hätte einen alternativen Weg finden können!“ Für sie ist es außerdem kein Einzelphänomen: „Seit Jahren müssen wir dabei zuschauen, wie in Innsbruck der Reihe nach alte Bäume gefällt werden." Sie setzt sich dafür ein, dass weniger Bäume gefällt und mehr gepflanzt werden: „Vor allem Obstbäume oder Kastanienbäume. Auch kann man Baumkrankheiten behandeln, anstatt sie gleich zu fällen. Die große Herausforderung ist es, die Natur in den Fortschritt zu integrieren, doch in Innsbruck begegnet mir ein Schwarz-Weiß-Denken: entweder Natur oder Fortschritt. Auch habe ich das Gefühl, dass nur kleine Bäume nachgepflanzt werden.“ Ebenso wie bei der Entscheidung des vorgerückten Fäll-Termins ist auch das Nachpflanzen Sache der ÖBB, heißt es aus dem Bürgermeisterbüro. Die ÖBB und das Stadtgartenamt werden sich in dieser Sache abstimmen, und wichtig sei, dass es große und robuste Bäume werden, die gut an den Klimawandel angepasst sind. Die Sorge der kleinen Bäume sollte also damit vom Tisch sein, doch Kastanien werden es wohl nicht mehr: „Kastanien – so wie bisher - sind leider sehr anfällig für die Miniermotte. Dann werden die Blätter früh braun und fallen ab“. Wenn kleine Bäume gesetzt werden, dann nur auf Wunsch von Anrainern, heißt es, bestes Beispiel sei die Ing.-Etzel-Straße: Hier hätten Anrainer gebeten, direkt vor ihren Häusern nicht zu große Bäume zu pflanzen. Der Befürchtung, die Stadt wolle keine großen Bäume, wird hier vehement widersprochen.

Kastanientränen

„Es war sehr emotional“, erzählt Dagmar Söser, „mir kamen die Tränen und auch bei meiner Tochter sind Tränen geflossen. Weinend hat sie noch die letzten Kastanien gesammelt, die seitdem bei uns am Tisch in einer Schüssel liegen und nicht angerührt werden dürfen.“ Denn nicht nur als Schattenspender sind die großen Bäume für die Mutter von Bedeutung, vor allem verbindet sie Kindheitserinnerungen an das Kastaniensammeln im Herbst mit den Bäumen. Für sie ist klar: Sie wird weiterkämpfen, für die Bäume in Saggen und in ganz Innsbruck, und für eine Zukunft, in der die Stadt immer grüner wird. Erfreulich dürfte sein, dass der Stadtsenat eine Vereinbarung mit den ÖBB getroffen hat, wonach eine Neupflanzung stattfinden muss, und zwar unter besseren Bedingungen für die Bäume, als bisher herrschten.

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