Stadtsenat
Die "Geheimniskrämer" der Stadt

Das Stadtsenatszimmer, aktuell besteht der Stadtsenat aus sieben Personen: Bgm. Willi, Vgm. Lassenberger und Anzengruber, StR Schwarzl, Mayr, Oppitz-Plörer und Rudi Federspiel. | Foto: Stadt Innsbruck
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  • Das Stadtsenatszimmer, aktuell besteht der Stadtsenat aus sieben Personen: Bgm. Willi, Vgm. Lassenberger und Anzengruber, StR Schwarzl, Mayr, Oppitz-Plörer und Rudi Federspiel.
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INNSBRUCK. Der Stadtsenat ist nicht das höchste, aber das entscheidende Gremium in der Stadtpolitik. Auffallend: Die Transparenz und der Stadtsenat führen keine Liebesbeziehung. Aktuell gibt es außerdem einen heftigen Streit über die Teilnahmen an den Sitzungen.

Arbeitsgremium

Der Stadtsenat, bestehend aus Bgm. Georg Willi, seinen Stellvertretern Markus Lassenberger und Johannes Anzengruber sowie den Mitgliedern Uschi Schwarzl, Elisabeth Mayr, Christine Oppitz-Plörer und Rudi Federspiel, ist unbestritten ein Arbeitsgremium. Dies liegt auch an der Vorgangsweise im Gemeinderat. Anträge werden vom dem 40-köpfigen Gremium nicht nur angenommen oder abgelehnt, sondern in vielen Fällen dem Stadtsenat zur selbstständigen Erledigung zugewiesen. Diese Entscheidungen trifft der Stadtsenat nach Einholung von Expertenmeinungen aus dem Rathaus. Ebenso werden zahlreiche Akten vor der Vorlage und Abstimmung im Gemeinderat, durch den Stadtsenat behandelt und vorbereitet. Außerdem sieht das Stadtrecht eine Vielzahl an Entscheidungen des Stadtsenats, wie bsp. im Zusammenhang mit Personalentscheindungen vor. Detail am Rande: In den vergangenen vier Jahren wurden bis zum 23. Feber 2.243 Entscheidungen im Stadtsenat getroffen.

Arbeitsaufteilung

Entsprechend dem Stadtrecht kann der Bürgermeister Verantwortungsbereiche an die Mitglieder im Stadtsenat abgeben, diese werden somit zu amtsführenden Stadträten. War in der Zeit einer bestehenden Koalition der Ausschluß der FPÖ aus den Amtsgeschäften politische nachvollziehbar, hätte Bgm. Willi mit dem Ende der Koalition aus Grünen, FI, ÖVP und SPÖ durchaus auch Aufgabenbereiche an Markus Lassenberger und Rudi Federspiel abtreten können, stattdessen blieben die beiden FPÖ-Vertreter ohne Amtsführung.

Transparenz

Während interessierte Bürgerinnen und Bürger mit wenigen Klicks auf parlament.gv.at oder tirol.gv.at sich rasch und umfassend über die politische Tätigkeit in den Gremien informieren und Anträge, Anfrage oder Berichte in Ruhe studieren können, ist in Sachen Transparenz und Stadtpolitik in Innsbruck ein "Steinzeitniveau". Zwar werden Tagesordnung, Kurzprotokolle und die Langfassungen veröffentlicht, eine einfache Suche nach Anfragen oder Anträge ist im modernen Zeitalter nicht möglich. Bei Thema Stadtsenat herrscht generelles Stillschweigen: "Die Sitzungen des Stadtsenates sind nicht öffentlich. Die Beschlüsse sind in einer Niederschrift festzuhalten. Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu unterfertigen. Das Recht der Einsichtnahme in die Niederschriften ist auf die Mitglieder des Gemeinderates beschränkt. Die Mitglieder des Stadtsenates und die einer Stadtsenatssitzung beigezogenenen Personen sind zum Stillschweigen über die Einzelheiten der Beratung und der Abstimmung verpflichtet", so lauten die Formulierungen im Innsbrucker Stadtrecht. Vereinzelt wird nach den Sitzungen über einen Teil der Entscheidungen die Öffentlichkeit in Rahmen eines Pressegesprächs informiert.

Ausschluß der Öffentlichkeit

Während bei personenbezogenen Daten und Entscheidungen der Ausschluß der Öffentlichkeit vollkommen nachvollziehbar ist, bleibt bei vielen anderen Fragen die fehlende Transparenz unverständlich. Eine Einführung der Bürgerinnen- und Bürgerinformation und der wichtigen Transparenz über Entscheidungsabläufe und Entscheidungsgründe sollte sich im überschaubare technischen IT-Rahmen bewegen. Den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten steht ein entsprechendes Portal mit allen Unterlagen zur Verfügung. Eine Freigabe für Gäste, sprich den interessierten Innsbruckerinnen und Innsbrucker, könnte möglich sein. Dies würde bei den Stadtsenatsunterlagen vor allem auch auf die abgearbeiteten Anträge aus dem Gemeinderat zutreffen. 

Manchmal herrscht im Stadtsenatszimmer im zweiten Stock im Rathaus auch Hochbetrieb, wie hier im Mai 2018. | Foto: zeitungsfoto.at
  • Manchmal herrscht im Stadtsenatszimmer im zweiten Stock im Rathaus auch Hochbetrieb, wie hier im Mai 2018.
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Politstreit

Der Stadtsenat ist im Ranking der Innsbrucker Politstreitthemen aktuell weit vorne zu finden. Diskutiert wird aber nicht über Transparenz, Bürgerzugangsmöglichkeiten, Information oder Arbeitsaufteilung, sondern über die Beiziehung fremder Personen. Bisher waren im Stadtsenat die Stadtsenatsmitglieder, Magistratsdirektion und das Amt für Öffentlichkeitsarbeit vertreten. Jetzt soll eine weitere Person künftig bei den Stadtsenatssitzungen anwesend sein. Im Stadtrecht wird formuliert: "Der Magistratsdirektor ist den Sitzungen mit beratender Stimme beizuziehen, wenn der Stadtsenat im Einzelfall nichts anderes beschließt. Die Beiziehung anderer sachkundiger Personen steht dem Vorsitzenden zu. Wird dem Bürgermeister von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Stadtsenates spätestens 24 Stunden vor der Sitzung schriftlich die Beiziehung von leitenden städtischen Bediensteten oder von vertretungsbefugten Organen von Unternehmungen, an denen die Stadt mit mindestens 25 v.H. des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist, vorgeschlagen, so hat der Bürgermeister diese Personen zur betreffenden Sitzung einzuladen. Abordnungen dürfen zu den Sitzungen nicht zugelassen werden." Konkret geht es um einen Mitarbeiter aus dem Büro des Bürgermeisters. Die FPÖ hat mehrfach auf eine fehlende Rechtsgrundlage für die Anwesenheit hingewiesen, im letzten Stadtsenat haben sich die FPÖ, FI und ÖVP entschlossen, aus dem Stadtsenat auszuziehen. "Die höchste Beamtin im Magistrat, die Magistratsdirektorin hat dazu eine klare Haltung und klargestellt, der Mitarbeiter ist nicht als sachkundig einzustufen", hält die FPÖ dazu fest. Mit weiteren Spannungen im Stadtsenat darf also gerechnet werden. Laut Stadtrecht bleiben aber wohl auch diese "geheim".

Willi sieht sich im Recht

"Der Auszug der Stadtsenats-Mitglieder von FI, ÖVP und FPÖ aus der letzten Sitzung des Gremiums war und bleibt ein unnötiges Schauspiel", erklären die Innsbrucker Grünen dazu in einer Aussendung. Anstatt wichtige Anträge zur Abstimmung zu bringen, verließ die rechtskonservative Achse den Saal und begründete dies mit der Anwesenheit eines Mitarbeiters aus dem Büro des Bürgermeisters. „Künstliche Aufregung ohne jede Substanz und zum Schaden der konstruktiven Arbeit für die Innsbruckerinnen und Innsbrucker“, so Bürgermeister Georg Willi dazu. Die vom Bürgermeister eingeholte Rechtsauskunft der Gemeindeaufsicht des Landes bestätigt seine Sitzungsführung. Die Zusammensetzung der Sitzungen des Stadtsenats obliegt Bürgermeister Georg Willi als Vorsitzenden – wie im Stadtrecht definiert: „Die Regelungen zum Geschäftsgang des Stadtsenates richten sich nach § 29 Innsbrucker Stadtrecht 1975, LGBl. Nr. 53/1975. Der Stadtsenat tritt nach Abs. 1 leg. cit auf Einberufung des Bürgermeisters nach Bedarf zusammen. Nach § 29 Abs. 4 Innsbrucker Stadtrecht 1975 ist der Magistratsdirektor den Sitzungen mit beratender Stimme beizuziehen, wenn der Stadtsenat im Einzelfall nichts anderes beschließt. Die Beiziehung anderer sachkundiger Personen steht dem Vorsitzenden zu.“ teilt die Gemeindeaufsicht mit. Auf Basis dieser Regelung wird Bürgermeister Willi auch in Zukunft Mitarbeiter:innen der Verwaltung hinzuziehen. „Der angesprochene Mitarbeiter ist in meinem Büro für die Vor- und Nachbereitung des Stadtsenats zuständig, unterstützt mich in der Sitzung durch Auskünfte zu Vorlagen und nimmt Arbeitsaufträge, die sich in der Sitzung ergeben, entgegen“, betont Bürgermeister Willi. Die Geschäftsstelle Kommunikation und Medien ist beigezogen, um die notwendigen Informationen für die Pressearbeit des Stadtmagistrats ohne Umwege zu erhalten.

FP Kritik

"Die grüne Presseaussendung bringt die fehlende Sachkunde genau auf den Punkt. Der Mitarbeiter ist nicht als sachkundige Person einzustufen da eine Vor-Nachbereitung einer Sitzung noch lange keine Sachkunde zu einzelnen Themen darstellt", ist FPÖ-Vbgm. Markus Lassenberger gegenüber der BezirksBlätter-Innsbruck-Redaktion überzeugt.  "Unter Sachkunde versteht man normalerweise wenn eine Person über die Fachkunde hinaus noch zusätzliches Wissen zu bestimmten Tagesordnungspunkten erlangt hat und deshalb speziell für Auskünfte zum Thema eingeladen wurde. Diese Fach-Sachkunde kann nicht mit einer Mitarbeit im Büro des Bürgermeisters begründet werden sonst müssten ja generell alle Referenten/innen der amtsführenden Stadtsenatsmitglieder ebenfalls anwesend sein dürfen, sind sie ja normal als Mitarbeiter des Büro Bürgermeister ausgewiesen", erklärt Lassenberger weiter. "Weiters hat die höchste Beamtin des Magistrats, Frau Magistratsdirektorin Mag. Herlitschka, dies auch so festgestellt. Auch im Protokoll der Sitzung des Stadtsenats vom 23.02.2022, wo die Anwesenheit des Mitarbeiters gemäß Geschäftsordnung beanstandet wurde, gibt der Bürgermeister auf Beanstandung des FPÖ-Vizebürgermeister Lassenberger folgendes an: Bgm. Willi erwidert, dass ……….. nicht als Auskunftsperson, sondern als Mitarbeiter bzw. Begleiter aus seinem Büro anwesend ist. Trotz der nochmaligen rechtlichen Beanstandung wurde die Sitzung einfach vom Bürgermeister weitergeführt. Von Einsicht eines pflichtbewussten Bürgermeisters ist bei Georg Willi nichts zu erkennen, fügt  Lassenberger abschließend hinzu.

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Manchmal herrscht im Stadtsenatszimmer im zweiten Stock im Rathaus auch Hochbetrieb, wie hier im Mai 2018. | Foto: zeitungsfoto.at
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