Causa René Benko
Vermögen von 26.000 Euro, Darlehen über 22 Millionen Euro

Die Familie Benko Privatstiftung hat René Benko ein Darlehen über rund 22 Millionen Euro gewährt. Besicherungen bestehen für dieses Darlehen keine.  | Foto: EXPA / APA / picturedesk.com
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  • Die Familie Benko Privatstiftung hat René Benko ein Darlehen über rund 22 Millionen Euro gewährt. Besicherungen bestehen für dieses Darlehen keine.
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Die Vorstände der Familie Benko Privatstiftung erklärten im Insolvenzeröffnungsantrag, dass es Verbindlichkeiten in Höhe von rund 854 Millionen Euro geben würde. Etwas über zwanzig Gläubiger haben in den vergangenen Wochen Ansprüche in Höhe von knapp 2,3 Milliarden Euro bei Gericht angemeldet, wobei der Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Herbert Matzunski aktuell lediglich 49,5 Millionen Euro für berechtigt hält.

INNSBRUCK. Dem Insolvenzverwalter liegt ein detailliertes Vermögensverzeichnis der Familie Benko Privatstiftung vor. Die Stiftung verfügt demnach über kein Liegenschaftsvermögen; aus einem Wertpapierdepot konnte der Insolvenzverwalter rund 26.000 Euro für die Insolvenzmasse realisieren. Weitere kurzfristig verwertbare körperliche Vermögensgegenstände sind nicht vorhanden.

Darlehen

Die Stiftung hat René Benko ein Darlehen über rund 22 Millionen Euro gewährt. Besicherungen bestehen für dieses Darlehen keine. Rechtsanwalt Matzunski hat diesen Kreditbetrag bereits im Insolvenzverfahren des Herrn René Benko geltend gemacht. Dieser Anspruch ist dort anerkannt worden. Daneben hat die Familie Benko Privatstiftung einen Anspruch aus einem Darlehen gegen die SIGNA Holding GmbH in Höhe von etwa 75 Millionen Euro in deren Insolvenzverfahren angesprochen. Diese Forderung ist aktuell jedoch bestritten, wobei erhebliche Gegenforderungen von der SIGNA Holding GmbH gegenüber der Familie Benko Privatstiftung geltend gemacht werden. Der Insolvenzverwalter erklärte weiter, dass zusätzlich Kredite an mehrere Gesellschaften der SIGNA-Gruppe in Höhe von etwa 200 Millionen Euro von der Familie Benko Privatstiftung gewährt wurden. Diese Ansprüche dürften – nach einer ersten Einschätzung – zum überwiegenden Teil nicht werthaltig sein.

Intercompany-Ansprüche

Für Klaus Schaller vom Kreditschutzverband von 1870 kommt es aufgrund der Erfahrungen in den bisherigen Insolvenzen von SIGNA-Gesellschaften bzw. René Benko nicht überraschend, dass der Insolvenzverwalter auch in diesem Verfahren nur einen Bruchteil der bei Gericht angemeldeten Forderungen anerkennt. So wurden von Rechtsanwalt Matzunski etwa sämtliche von Gesellschaften der SIGNA-Gruppe angemeldeten Forderungen (sogenannte intercompany-Ansprüche) bestritten. Daneben betreffen die ausgesprochenen Bestreitungen hauptsächlich ausländische Investitionsgesellschaften, welche ihre Mittel Gesellschaften der SIGNA-Gruppe zur Verfügung gestellt haben. Inwieweit hier die Familie Benko Privatstiftung Haftungen aufgrund von Vorteilen aus Darlehensgewährungen treffen bzw. allenfalls direkte Mitverpflichtungen eingegangen wurden, ist zum Teil bereits Gegenstand von mehreren in der Schweiz von ausländischen Investoren angestrengten Schiedsverfahren.

Vermögenswerte

Die bei Insolvenzeröffnung bei der Familie Benko Privatstiftung vorgefundenen – schnell realisierbaren – Vermögenswerte sind überschaubar. Der Insolvenzverwalter berichtete, dass in diesem Verfahren Masseunzulänglichkeit eingetreten ist. Darunter versteht man, dass aktuell nicht einmal die seit Insolvenzeröffnung anfallenden Massekosten bezahlt werden können. In den nächsten Monaten wird der Insolvenzverwalter versuchen, die im Vorfeld der Insolvenzeröffnung über die Familie Benko Privatstiftung laufenden Geldflüsse zu prüfen und nachzuvollziehen. Dabei werden Prüfungen zu den erfolgten Kreditgewährungen und hinsichtlich der Geldflüsse im SIGNA-Konzern angestellt werden. Ob daraus werthaltige Ansprüche für die Insolvenzmasse ableitbar sind, ist abzuwarten und zum jetzigen Zeitpunkt nicht prognostizierbar.

Das Dossier zur Causa René Benko auf MeinBezirk finden Sie hier

Gründung und Stiftungszweck

Die Stiftung wurde im Jahr 2001 von den Stiftern René Benko und dessen Mutter Ingeborg Benko errichtet. In den Jahren 2007, 2010 und letztmalig 2013 gab es Änderungen in der Stiftungs- oder Stiftungszusatzurkunde. Demnach soll das Stiftungsvermögen dem Erhalt der Signa-Unternehmensgruppe dienen. Daneben soll die Versorgung der Begünstigten, das ist bis zu dessen Ableben Herr René Benko und danach seine Nachkommen bzw. Verwandte, sichergestellt werden.

Nach Angabe der Stiftungsvorstände habe die Insolvenzschuldnerin ab dem Jahr 2013 keine Ausschüttungen mehr an den Begünstigten René Benko getätigt. Wie sich im Insolvenzverfahren des Herrn René Benko nun aber herausstellte, wurden in den vergangenen Jahren Darlehen in Millionenhöhe von der Familie Benko Privatstiftung an Benko persönlich gewährt.

Insolvenzursache

Zu den Insolvenzursachen berichtete der Insolvenzverwalter, dass die Insolvenzschuldnerin als Mitgesellschafterin der nun insolventen SIGNA Holding GmbH - in Entsprechung des Stiftungszwecks, nämlich dem Erhalt der Signa-Unternehmensgruppe - mehrere Kapitalerhöhungen mitgemacht hat. Dies, um den an der SIGNA-Holding GmbH gehaltenen Gesellschaftsanteil von 10,1 Prozent nicht zu verwässern. Gelang die Finanzierung dieser Kapitalerhöhungen anfangs noch auf Basis von Ausschüttungen aus der Signa-Sphäre, wurden in den vergangenen Jahren zunehmend Kredite bei Banken oder privaten Geldgebern von der Familie Benko Privatstiftung aufgenommen. Aus Sicht der gesamten SIGNA-Gruppe kommt der Familie Benko Privatstiftung eine ganz zentrale Funktion zu. Im Fall eines Weiterverkaufs von Liegenschaften nach Ablauf der Behaltefrist von 10 Jahren durch - der Signa Holding GmbH nachgeschalteten - Gesellschaften werden bei der Beteiligung einer „Altgesellschafterin“, wie sie die Familie Benko Privatstiftung an der Signa Holding GmbH darstellt, keine Grunderwerbsteuern vom Fiskus vorgeschrieben. Die Insolvenzschuldnerin fungiert in diesem Konstrukt sohin als eine Art „Steuerblockerin“. Dabei ist von einer möglichen Steuerbelastung von insgesamt rund 1,25 Milliarden Euro in Österreich bzw. Deutschland auszugehen. Es ist sohin verständlich, dass der Erhalt der Beteiligung der Familie Benko Privatstiftung als „Altgesellschafterin“ an der SIGNA Holding GmbH im Ausmaß von 10,1 Prozent für die wirtschaftliche Lage der gesamten SIGNA-Gruppe wesentlich war und immer noch wesentlich ist.

Die Familie Benko Privatstiftung wurde im Jahr 2001 von den Stiftern René Benko und dessen Mutter Ingeborg Benko errichtet.  | Foto:  Johann Groder / EXPA / picturedesk.com
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Wirtschaftliche Entwicklung

Im Jahr 2019 hat die Schuldnerin wesentliches Immobilienvermögen verkauft. Ab dem Wirtschaftsjahr 2020 konnte die Insolvenzschuldnerin folglich keine Mieterlöse mehr lukrieren. Dadurch brach das Jahresergebnis 2020 gegenüber dem Vorjahr massiv ein, wobei immer noch ein Überschuss erzielt werden konnte. 2021 verbesserte sich die wirtschaftliche Situation wieder, da rund 95 Millionen Euro aus der Beteiligung an Gesellschaften der Signa-Gruppe der Insolvenzschuldnerin zuflossen. Das Wirtschaftsjahr 2022 war für die Familie Benko Privatstiftung desaströs, da es zu keinen Einnahmen aus den Beteiligungen kam und das Ergebnis aus Kapitalvermögen mit rund 867 Millionen Euro negativ ausfiel. 

Beteiligungen

Die Schuldnerin hält neben jener Beteiligung an der SIGNA-Holding GmbH noch weitere Gesellschaftsanteile – zum Teil treuhändig - an diversen Rechtsträgern des SIGNA-Konzerns. Der Insolvenzverwalter erklärte, dass ein Großteil dieser Beteiligungen vermutlich ohne Wert für die Insolvenzmasse sein werden. Die diesbezüglichen Prüfungen werden aber noch Monate in Anspruch nehmen. „Nachdem sich der KSV1870 als Gläubigervertreter einen ersten Überblick über die wirtschaftliche Gebarung der Insolvenzschuldnerin vor der Insolvenzeröffnung machen konnte, verstärkt sich der Eindruck, dass die Insolvenzschuldnerin über Jahre als eine Art Finanzierungsvehikel innerhalb der SIGNA-Gruppe genutzt wurde. Der Insolvenzverwalter hat bereits angekündigt, dass er sich auch im Hinblick auf den Stiftungszweck ansehen werde, ob etwa Darlehensgewährungen an Herrn Benko oder Gesellschaften der SIGNA-Gruppe ohne entsprechende Besicherungen in der Stiftungs- oder Stiftungszusatzurkunde Deckung finden“, so Klaus Schaller.

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