Ein Todestanz im Käfig

Begeisterten als Rudolf und Mary Vetsera: Jeshua Costa und Alessia Peschiulli. | Foto: TLT
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  • hochgeladen von Katharina Ranalter (kr)

Der goldene (Vogel-)Käfig gilt gemeinhin als Symbol für ein verhindertes Leben im vermeintlichen Überfluss. In Enrique Gasa Valgas jüngster Produktion „Mayerling“ erhält dieses Bild freilich noch eine doppelte Aufladung. Denn Kronprinz Rudolf, dessen sprichwörtlich ‚potschertes‘ Leben da ausgehend von der Tragödie von Mayerling erzählt wird, war ein passionierter Ornithologe, der sogar mit dem berühmtesten Zoologen seiner Zeit, Alfred Brehm, eng zusammenarbeitete. Auch sonst zeichnet Gasa Valga ein sehr differenziertes Bild von diesem vielschichtig begabten jungen Mann, der einen einerseits durch seine für die damalige Zeit geradezu revolutionär weitsichtigen liberalen Ideen verblüfft, andererseits durch sein soziopathisches Verhalten gerade in der Beziehung zu seiner Frau doch auch einigermaßen verstört. Seine Liebes- und Beziehungsunfähigkeit war angesichts der Dauerabsenz seiner Mutter Elisabeth und der Erziehung, die Kaiser Franz Josef für ihn als Thronfolger vorsah, zwar nicht weiter verwunderlich. Allerdings weist ihn die Tatsache, dass er sich eine todessehnsüchtige Siebzehnjährige als Suizidpartnerin erwählte, zugleich als eiskalt manipulierenden Machtmenschen aus. Enrique Gasa Valga scheut sich freilich nicht, das vermeintliche Mysterium von Mayerling zu enthüllen. Denn nachdem der offensichtlich unter schweren Drogen stehende Rudolf Mary Vetsera erschossen hat, lässt Gasa Valga ihn noch sinnigerweise zu Falcos Interpretation von Bob Dylans Kultnummer ‚It´s All Over Now, Baby Blue‘ ein derart entfesseltes Solo tanzen, dass einen bei aller Faszination für diese Darbietung doch auch ein Schaudern erfasst. Insofern ist dieses Tanzstück vermutlich sein bislang stärkstes überhaupt. Wie schon zuletzt verzichtet Gasa Valga fast gänzlich auf multimediale Effekte, sondern fokussiert sich ganz auf die Ausdruckskraft und Exzellenz seines Ensembles. Helfried Lauckner (Bühne) und Eva Praxmarer (Kostüme) sind ihm dabei einmal mehr kongeniale Kreativpartner.

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