Innsbrucks Altstadt soll „sauber“ werden
Gedanken zum Übernachtungsverbot für Obdachlose ---
Der Mann, der auf dem zerlegten Karton im Schutz der Lauben schläft stört das idyllische Altstadt-Bild für Touristen und das Wohlbefinden der Innsbrucker selber. Der da liegt, bewegt vielen den Kopf – zum Wegschauen, zum Schütteln – hoffentlich manchen zum Zerbrechen.
Das sind unterschiedliche Bewegungen. Beim Kopfzerbrechen über die verschiedenen Erscheinungsformen der Armut und die Anfrage an Passanten wird in den touristischen Zentren länger schon über Verbote – jetzt wieder über ein Nächtigungsverbot – debattiert.
In unserer Gesellschaft gibt es gar nicht wenige, die ihre Grundbedürfnisse nicht so leicht befriedigen können. Ein Blick auf die entstandenen Sozialmärkte für die vielen benachteiligten Menschen genügt. Armut ist ein Stück Realität, auch bei uns. Wer möchte schon daran erinnert werden, dass es Menschen gibt, die das Notwendigste zum Leben nicht haben.
Gern verweist man auf das Sozialamt, das für viele dieser Menschen sich als nicht zuständig erklärt.
Manches Schicksal ist, wie durch ein Unwetter – über Nacht –, an den Bettelstab geraten. Wer aufmerksam hinhört, wird Stolpern und Absturz, Leid, Sucht und große Vereinsamung und Leid bei vielen dieser „Wegschau-Gestalten“ entdecken.
Inhumane Stadtreinigung - damit´s schöner ausschaut
Im touristischen Zentrum will man für "Recht und Ordnung" sorgen. Dort, wo der Rubel rollt, soll Ruhe und Ordnung herrschen …
Wohin sich diese Personengruppen in ihrer "Verdrängung" begeben werden, was wirklich mit ihnen passiert, scheint den Betreibern der Verbotsanordnungen egal. Probleme verlagern ist die Devise. Aber eine Wegräum- und Wegschau-Haltung, die leidende und arme Menschen als bloßen Störfaktor abhandelt, ruiniert die Grundlagen unseres menschlichen Zusammenlebens. Wir können menschlich handeln. Wir müssen die Frage nach Gerechtigkeit neu buchstabieren. Die Schere zwischen Armut und Reichtum muss kleiner werden, nicht größer.
Und es ist ein Zeichen der Unmenschlichkeit, wenn die Stadtpolitik nun diese Schere, zum „reinigenden“ Schnitt zwischen Arm und Reich einsetzt.
Armut als Ernstfall der Nächstenliebe
Der auf Pappkarton schlafende Mensch in der Altstadt stört, weil er Armut sichtbar werden lässt, die in unserer Gesellschaft sonst oft verdeckt bleibt. Er hält uns einen Spiegel vor, der unangenehm ist. Aber er will als Person angenommen werden.
Er ist nicht nur ein „Fall von Bedürftigkeit“, sondern ein Mensch.
Schlafplätze in Notschlafstellen gibt es offenbar zu wenig. Den helfenden Nachtdienst, der Obdachlosen zur Seite stünde, sie in einen geheizten Raum mitnehmen würde, gibt es offenbar nicht. Und jene Hilde Zach, die im Vorübergehen ganz einfach Übernachtung in den örtlichen Hilfsstellen persönlich „möglich“ machte, ist uns schon lange voraus gegangen.
Bleibt der Stadt Innsbruck also nur die „reinigende Verbotskeule“?
Könnte sein, dass die Altstadt damit äußérlich ordentlicher aussieht und sauber riecht. Die Armut von Entwürdigten stinkt trotzdem zum Himmel und das seelische Leid von einfach Verjagten bleibt ein schreiender Fluch über dem Wohlstand von uns „Anständigen“!
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