Guggenberger: "Den Verzicht hin und wieder probieren"

Generalvikar Engelbert Guggenberger | Foto: Pressestelle
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Die Fastenzeit geht mit dem Osterfest zu Ende - welche Bedeutung hat Verzicht in einer Welt des Überflusses?

Sich zurück nehmen, freiwilligen Verzicht üben, sich auf Wesentliches besinnen ist für uns Menschen immer wieder ein Gebot der Stunde, egal unter welchen Bedingungen wir leben. Solche Übungen bilden eine Art von Psychohygiene, um auf Dauer gesund zu bleiben. Sie zu pflegen ist in einer Welt des Überflusses erst recht wichtig.

Verzicht - etwa auf bestimmte Lebensmittel - ist für viele Ausdruck eines gesunden Lebensstils, ganz unabhängig von der Fastenzeit. Was ist für Sie der Unterschied zum "echten" Fasten?

Wer im Fasten auch einen spirituellen Prozess sieht, nimmt den Hunger, den er verspürt auch als einen Ausdruck dafür, dass er das Leben nicht aus sich selber hat, sondern dass er sich
etwas Größerem verdankt, das ihn übersteigt und das ein religiöser Mensch Gott nennt. In der Erfahrung dieser Verwiesenheit während des Fastens vertieft sich auch die Beziehung zu diesem transzendenten Gegenüber

Ist die Reduktion nur in der Fastenzeit bedeutsam? Welche Bedeutung kann sie im Alltag haben?

Ich denke, sie ist immer aktuell. Marc Aurel, dem als römischer Kaiser jeglicher Luxus zur Verfügung stand, hat einmal gesagt: "Bedenke, man braucht nur wenig, um ein glückliches Leben zu führen." Um zu wissen, ob das stimmt, sollte man es hin und wieder ausprobieren. Hinterher ist man dann meist viel glücklicher als vorher.

Man hat das Gefühl, dass viele Ostern als Brauchtum feiern. Wie kann man sich auf die spirituelle Bedeutung des Festes besinnen?

Ich möchte zwischen beidem keinen Gegensatz sehen. Das Brauchtum ist von unseren Vorfahren ja mit der Absicht erfunden worden, dem Glauben einen Ausdruck im Tun zu geben. Nehmen wir zum Beispiel den Brauch des Osternest-Suchens. Da spielen die Kinder nichts anderes nach, als was sich laut biblischem Bericht damals im Garten zugetragen hat, als die Jünger nach dem Auferstandenen suchten. Das heilige Spiel transportiert bereits die Frohe Botschaft. Damit sind die Akteure irgendwie schon mitten drin. Freilich wird das alles noch sehr vertieft, wenn man es in der Osternacht auch liturgisch feiert.

Wir gedenken zu Ostern des Todes und der Auferstehung Jesu. Kann seine Hingabe auch Sinnbild für Opfer und Neustart für Menschen sein, die derzeit durch Krisen gehen?

Ich weiß, dass der Blick auf Jesus von Nazareth in Schwierigkeiten und Krisen Orientierung und Motivation gegeben hat. Die Lebensgeschichte vieler Menschen bezeugt das. Freilich hängt alles davon ab, ob jemand einen Zugang dazu findet. Glauben können ist ja bekanntlich keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Geschenk. Umso wichtiger scheint mir daher das Tun unserer Pfarrgemeinden zu sein, die zum Glauben ermuntern und ihn vorleben.

Wie sehr muss aus Ihrer Sicht etwas zu Ende gehen, damit etwas Neues entstehen kann?

Das hier beschriebene Gesetz des Weizenkorns ist der Natur abgeschaut: Wenn das Weizenkorn in die Erde fällt und stirbt, bringt es reiche Frucht, lesen wir schon in der Bibel. Nun ist die Frage, ob wir im konkreten Fall auch bereit sind, so großzügig zu sein wie die Natur und etwas hin zu geben, damit Neues entstehen kann.

Welche Hoffnung kann die Osterbotschaft Menschen für einen Neustart - etwa der Bevölkerung im Görtschitztal - geben?

Die Osterbotschaft verkündet keine heile Welt. Sie zeigt aber wie man nach Enttäuschung, Trauer und Schicksalsschlägen seinen Weg gehen kann. Der Auferstandene sagt den Jüngern, er gehe ihnen voraus und sie werden ihn sehen. Im Wissen um die Gegenwart des Auferstandenen können Menschen Enttäuschungen überwinden und mit neuem Mut in die Zukunft gehen. Ich wünsche mir sehr, dass vor allem auch die Menschen in unseren Pfarren im Görtschitztal durch die Feier des Osterfestes aufgerichtet und gestärkt werden und hoffe, dass mit vereinten Kräften alles für einen Neustart in dieser Region getan wird.

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