St. Johann - Marktschreiber
"In Deutschland meint man, ich sei Schweizer"

Ein unterhaltsamer Abend mit dem Marktschreiber. | Foto: Kogler
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Literaturverein belebte die Funktion des Marktschreibers neu; Omar Khir Alanam im April in Amt und Würden.

ST. JOHANN. Auf Einladung des Literaturvereins St. Johann verbringen ab 2022 wieder Schriftsteller*innen einen begrenzten Zeitraum (ein Monat) als Gäste in St. Johann. Für die Marktschreiberschaft 2021/22 haben sich die Jurymitglieder für den aus Syrien stammenden Autor Omar Khir Alanam entschieden – wir berichteten.

Omar Khir Alanam ist ein syrischer Schriftsteller, der mit seiner österreichischen Frau und seinem Sohn in Graz lebt. Er war bereits im Juni 2021 für eine Lesung in St. Johann.
Er floh 2015 aus Syrien. Er ist Autor, Poetry-Slammer, Schauspieler und leitet Workshops.

Am 20. April lud der Literaturverein zu einem Treffen mit dem Marktschreiber ins Wirtshaus Post, zu dem Obfrau Beatrix Mitterweissacher einige (Literatur-)Freunde begrüßen konnte.

Die Flucht-Odyssee 2015 (über den Libanon und die Türkei, letztlich nach Europa, aufgegriffen im Burgenland, Anm.) verschlug den Syrer zunächst ins Lager am Bürglkopf. Im Vorjahr besuchte er diesen ersten Aufenthaltsort, und er will nun noch einmal dahin

"Das Ankommen damals war sowohl negativ (abgeschieden am Berg), aber auch positiv; damals war es noch familiär dort. Ich will noch einmal dorthin, um einen Kreis vollständig zu schließen für mich",

so der Autor, der aktuell zwei neue Bücher, davon ein Kinderbuch, in Arbeit hat.

"Das eine Buch handelt von Beziehungen, das Kinderbuch über Grenzen, Fremd- und Anderssein bzw. Besonderssein und Integration."

Beim Treffen las Omar eine bewegende Passage daraus.

"Ich kann leben"

Vom Bücherverkauf kann er (noch) nicht leben. "Ich kann aber selbstständig leben, von Lesungen, Workshops und Firmenveranstaltungen."

In St. Johann gehe es ihm sehr gut, er werde auch oft auf der Straße erkannt und auch angesprochen.

"Auch sonst gibt's Positives. Ich bin nun fast Österreicher, ich erhalte die Staatsbürgerschaft. Die Lederhose habe ich ja bereits. Denken und träumen tu' ich auch schon auf deutsch, schimpfen aber immer noch in arabisch",

schmunzelt der Syrer, der sich u. a. in Graz, aber auch in Wien heimisch fühlt. Mit der Staatsbürgerschaft werde vieles leichter, etwa das Reisen oder ein Besuch des Bruders in der Türkei.

Eine Rückkehr in die syrische Heimat? Die Hoffnung darauf habe er, er träume davon, Frau und Kind Damaskus zeigen zu können. Dies zu verwirklichen werde aber sehr schwierig, denn

"es gibt dort weiterhin dieselben schweren Probleme: Hunger, Gefahr, den Diktator, ein gesetzloses Land...".

Auf sein in kürzester Zeit perfektionierte Deutsch angesprochen:

"Wenn ich in Deutschland bin, meinen viele, ich sei Schweizer wegen meines Dialekts."

So schnell kann's gehen... denn vor seiner Flucht habe er noch gar nicht vieles von Österreich oder Deutschland gewusst. Die Flucht war das Ziel, nicht ein bestimmtes Land. Omar Khir Alanam fühlt sich inzwischen angekommen.

Ein unterhaltsamer Abend mit dem Marktschreiber. | Foto: Kogler
Marktschreiber in St. Johann: Omar Khir Alanam. | Foto: edition.a
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