"Frei Day"
Bildungsexpertin fordert in Kufstein neues Schulsystem

Geforderter Umbruch im Schulsystem: Schulleiter und -leiterinnen sowie Lehrer und Lehrerinnen konnten beim Vortrag einen Einblick ins Format "Frei Day" erhalten.  | Foto: Barbara Fluckinger
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Margret Rasfeld fordert eine radikale Kürzung des Lehrplans und einen tiefgreifenden Wandel in den Schulen. Als ersten Schritt dahin stellte sie in Kufstein das Format "Frei Day" vor.

KUFSTEIN, BEZIRK KUFSTEIN. Schulkinder, die in einem eigenen Projekt 100.000 Bäume in Berlin pflanzen und selbst Verantwortung übernehmen – das ist keine Utopie, sondern ein Beispiel dafür, was im Rahmen des "Frei Days" möglich ist.
Dabei handelt es sich beim "Frei Day" um ein Format, bei dem Schulkinder lernen, die Welt zu verändern. Je nach dem Interesse der Kinder, arbeiten sie selbst an einem Projekt rund um Zukunftsfragen, auch jahrgangsübergreifend und bereits im Volksschulalter. Initiiert hat das Format die Schulinnovatorin Margret Rasfeld. Sie war selbst jahrelang Schulleiterin in Deutschland und setzt sich heute für einen Paradigmenwechsel in den Schulen ein.

Wandel angesichts Krisen notwendig

Beim Vortrag in der Wirtschaftskammer (WK) Kufstein erklärte sie am Mittwoch, den 4. Oktober vor Schulleitern, Schulleiterinnen, Lehrern und Lehrerinnen der Region, warum ein Wandel in den Schulen eine hohe Dringlichkeit hat. Denn auch Schüler und Schülerinnen sehen sich mit den drei großen Krisen dieser Zeit konfrontiert: der Klimakrise, der Sozialen Krise und einer Sinnkrise. Sechzig Prozent der Kinder weltweit haben Zukunftsängste und auch die Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen ist im Steigen. 

Die Schulinnovatorin Margret Rasfeld fordert – auch angesichts der derzeitigen Krisen – einen Paradigmenwechsel im Schulsystem. | Foto: Barbara Fluckinger
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Entfremdung der Kinder

Alles in unserem Wirtschaftssystem ist derzeit auf ein Wirtschaftswachstum ausgerichtet, der monetäre Wohlstand dabei stets im Fokus. Rasfeld argumentiert aber: "Die Gesellschaft zu verändern (...) das ist Wohlstand". Als gemeinsame Ursache der Krisen sieht sie eine Entfremdung.

"Wir müssen aufpassen, dass Jugendliche und Kinder sich nicht durch die Schule entfremden",

so Rasfeld. Schüler und Schülerinnen seien dieser Tage fremdbestimmt, dauerbewertet und vom Leben abgeschnitten, argumentiert die Schulinnovatorin. Hinzu komme noch der Faktor Social Media, ein "grausamer digitaler Giftschrank", wie sie diesen im Vortrag nennt. 

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Es braucht Schul-Wandel

"Davon müssen wir weg", argumentiert Rasfeld. Demnach brauche es dieser Tage keine auf Profitmaximierung ausgerichtete Top-Manager, sondern vielmehr Friedensstifter und Erzähler – letztendlich also einen tiefgreifenden Wandel im Schulsystem. Die Expertin verweist zur Erreichung eines solchen Wandels auf "BNE 2030". Dabei handelt es sich um ein UNESCO-Programm, das Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) verwirklichen will. Kinder sollen Gestaltungskompetenz erlangen, aber auch Empathie gegenüber der Natur und anderen leben. 

"Es liegt an uns. Seid mutig", betonte Schulqualitätsmanagerin Andrea Weiskopf, die die Veranstaltung mitinitiiert hat. | Foto: Barbara Fluckinger
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Lernformat: Vier Stunden "Frei Day"

Dazu braucht es einen Haltungswandel. "Wir brauchen die Haltung in uns und Lernformate", betont Rasfeld. Eines dieser Formate, um BNE durchzusetzen, ist der "Frei Day". Mindestens vier Stunden sollen bei diesem Projekttag in der Schule pro Woche fix eingeplant werden. Die Kinder sind dabei gefordert, selbst zu handeln. Lernen findet hier projektbasiert statt, wobei die Kinder lernen, wie sie selbst die Welt verändern können. Der "Frei Day" wird dabei nicht mit klassischen Noten bewertet, viel mehr zählen hier die Meta-Kompetenzen. Die Kinder sollen so im Angesicht der Krisen Hoffnung bekommen. "Am meisten Hoffnung erreicht man durch die Erfahrung der eigenen Wirksamkeit", sagt Rasfeld.

Hochschule bietet Fortbildungen

Dabei gibt es auch in Tirol Erfahrungen und Möglichkeiten, "Frei Day" zu nutzen. Birgit Hippacher, zuständig für Bildung für nachhaltige Entwicklung bei der Pädagogischen Hochschule Tirol (PHT), berichtete nach Rasfelds Vortrag von ihren Erfahrungen mit "Frei Day". Auch in Tirol versuche man, das Format "in die Breite zu bringen". Die PHT bietet hierzu landesweit Fortbildungen sowie Programme an. "Es liegt an uns. Seid mutig", betonte Schulqualitätsmanagerin Andrea Weiskopf nach dem Vortrag der Expertin.
Jeder Schulleiter bzw. Schulleiterin kann dabei grundsätzlich einen "Frei Day" einführen. Lehrer oder Lehrerinnen können auch in einzelnen Fächern "Projektunterricht" erarbeiten, was die einfachste Form der "Frei Days" darstellt. "Die Rückmeldungen nach dem Vortrag waren sehr gut", erklärt Weiskopf, die von einer Aufbruchsstimmung unter den teilnehmenden Schulleitern und Lehrern spricht. Die Fortbildungen werden schulspezifisch angeboten, ab 25. Oktober starten zudem Bildungsnetzwerke, wo Interessierte an der Hand genommen werden, um sich zu vernetzen oder gemeinsam mit der Einführung von "Frei Days" anzufangen. 

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