Psychiatrie
Mobbingprozess bringt Verdacht auf Skandal im BKH Kufstein

Nachdem ein ehemaliger Pflegebediensteter Mobbing-Vorwürfe äußerte, kamen Fotos und Videos von Patienten aus einer Chatgruppe ans Tageslicht.  | Foto: Christian Mey/BB Archiv
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  • Nachdem ein ehemaliger Pflegebediensteter Mobbing-Vorwürfe äußerte, kamen Fotos und Videos von Patienten aus einer Chatgruppe ans Tageslicht.
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Ein Fall von Mobbing könnte zum großen Pflegeskandal für das Kufsteiner Krankenhaus werden. Laut einem Pfleger sollen in einer Chat-Gruppe Videos und Fotos von Patienten der Psychiatrie verschickt worden sein. 

KUFSTEIN. Ursprünglich ging es um einen Fall von Mobbing. Die Vorwürfe, die nun ans Tageslicht kamen, deuten aber auf einen großen Pflegeskandal in der Psychiatrie des Bezirkskrankenhauses (BKH) Kufstein hin.
Ein diplomierter Pflegebediensteter wandte sich an Anwalt Michael Rück. Der Mann, der seit Februar 2019 im BKH Kufstein beschäftigt war, befand sich zu dem Zeitpunkt wegen einer "Belastungssituation" im Krankenstand. Der Mann hatte sich an den Anwalt gewandt, weil er laut eigenen Angaben einer Mobbingsituation am Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen war. Im Zuge der Nachforschungen stellte sich heraus, dass es nicht nur um Mobbing ging, das gegen den Pflegebediensteten gerichtet war. 

Fotos und Videos von Patienten

In einer Chat-Gruppe sollen demnach von Mitarbeitern des Teams Fotos und Videos verschickt worden sein, auf denen Patienten der Psychiatrie zu sehen waren. Unter anderem seien die Videos und Fotos mit lachenden Emojis kommentiert worden – man habe sich also darüber lustig gemacht. Der Anwalt nennt im Gespräch mit den REGIONALMEDIEN einige Beispiele. So wurde ein Foto von einem schwer demenzkranken Patienten gemacht, der nur mit einer Unterhose bekleidet war, wobei sich ein Pfleger für das Foto mit einem "Daumen hoch" in ein Pflegebett lachend daneben gelegt hatte. 
In einem Video habe ein Pfleger mit einer alten, ebenfalls demenzkranken Dame getanzt. Die Frau äußerte auf dem Video, dass sie nicht wolle, dass ein Foto gemacht werde. Im Hintergrund ist auf dem Video zu hören, dass man "eh kein Foto, sondern ein Video" mache. Darüber hinaus soll ein Pfleger in einem Video sexuelle Handlungen an sich vorgenommen und dieses dann an eine Patientin geschickt haben. 
Mindestens fünf bis sechs Mitarbeiter sollen laut dem Anwalt Michael Rück im Rahmen der Chat-Gruppe definitiv beteiligt gewesen sein.

"Wie viele weitere es waren, wird sich dann im Verfahren herausstellen",

so Rück. Sein Mandant habe, neben der Belastung durch Mobbing, nicht gewusst, wie er damit umgehen solle. 

Über eine Chat-Gruppe sollen Pfleger Fotos und Videos von Patienten der Psychiatrie verschickt haben und sich darüber lustig gemacht haben – so der Vorwurf.  | Foto: Pixabay (Symbolfoto)
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Austritt aus Dienstverhältnis

Man habe bei der Krankenhausleitung zuerst die Mobbingsituation gegen den Mann angezeigt, erklärt der Anwalt.

"Wir haben um geeignete Abhilfemaßnahmen ersucht, da wurden die Vorwürfe aber zurückgewiesen. Es wurde mehr oder weniger zu verstehen gegeben, dass es kein Mobbing und keine Vorfälle, die die Abhilfemaßnahmen rechtfertigen würden, gegeben habe",

sagt Rück. Im April 2022 erklärten dann der Anwalt und der Pflegebedienstete den Austritt aus dem Dienstverhältnis. Im Laufe des darauffolgenden arbeitsgerichtlichen Verfahrens wurden dann die Fotos und Videos aus der Chat-Gruppe vorgelegt. 

Offen wann Vorwürfe bekannt waren

Noch nicht ganz klar ist, wann die Krankenhausleitung von den Vorwürfen rund um die Chat-Gruppe und die Fotos bzw. Videos Kenntnis hatte. Laut dem Mann, habe er dazu auch eine E-Mail an die ärztliche Leitung geschickt. Laut der Krankenhausleitung, sei diese aber nicht angekommen, erklärt der Anwalt. Im Verfahren soll auch geklärt werden, ob und wann die Stationsleitung mündlich informiert wurde. 
Es hat bislang schon zwei Verhandlungen gegeben, wobei dies vorbereitende Tagsatzungen (ohne Beweisaufnahme) waren. Dabei wurden Vergleichsgespräche geführt, die letztendlich gescheitert sind. Im Herbst (Oktober und November) soll der Prozess dann fortgesetzt werden.

Ob es nach den erhobenen Vorwürfen zu Kündigungen kommt, werde sich laut dem BKH nach der gerichtlichen Klärung zeigen.  | Foto: Pixabay (Symbolfoto)
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BKH: Klärung könnte zu Kündigungen führen

Seitens des Bezirkskrankenhauses Kufstein liegt ebenfalls ein erstes Statement vor. Demnach habe man sich in einer Verhandlung um einen möglichen Vergleich nicht für die Zahlung eines Betrages von 45.000 Euro „Schweigegeld“ ausgesprochen, heißt es in der Stellungnahme.

"...vielmehr soll dieses Verfahren geführt werden, damit der gesamte Sachverhalt gerichtlich geklärt und damit aufgearbeitet wird",

so das BKH. 
Man habe bereits die Datenschutzbehörde in Wien verständigt und die Patienten sowie Angehörige über die Datenschutzverletzungen informiert. Auch eine Chat-Nachricht vom Handy des Klägers wurde der BH Kufstein – Abteilung Gesundheit – "zur Prüfung der fachlichen Eignung des Klägers diesen Beruf auszuüben," übermittelt. Von der BH Kufstein, Abteilung Gesundheit, wurde diese Mitteilung an die Staatsanwaltschaft Innsbruck zur strafrechtlichen Prüfung weitergeleitet", heißt es weiter.
Die gerichtliche Klärung könne aber dazu führen, "dass nach Bekanntwerden des gesamten Sachverhaltes Kündigungen oder Entlassungen ausgesprochen werden; zum jetzigen Zeitpunkt ist das noch nicht möglich."

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