Jürgen Mandl: "Habe eine Mission fürs Land"

WK-Präsident Jürgen Mandl: "Die Wirtschaft in ihrer derzeitigen Lage braucht keine Kommentatoren von außen" | Foto: WKO
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Nach dem Wahlsieg - wie fühlt es sich für Sie an nun gewählter Präsident zu sein?

Eine solche Zustimmung ist eine schöne Bestätigung unserer Arbeit in den vergangenen acht Monaten und natürlich auch der Jahre davor. Das zählt für mich umso mehr, weil wir uns als Wirtschaftsbund gegen einen bundesweit schwierigen Trend durchsetzen konnten und mit einem Zugewinn von 2,6 Prozent das beste Wahlergebnis österreichweit erzielt haben. Aber am wichtigsten ist, dass alle wahlwerbenden Gruppen einen fairen Wahlkampf geführt haben – und der Gewinner ist die Kärntner Wirtschaft, die weiterhin mit einer lauten Stimme im Land mitreden kann.

Worauf führen Sie Ihren Wahlerfolg zurück?

Für mich waren von Anfang an zwei Themen wichtig: Wir müssen als Unternehmer wieder mehr Selbstbewusstsein entwickeln und vor allem der Politik klar machen, dass wir es sind, die den Karren ziehen. Ohne Unternehmer gibt es keine Wertschöpfung, keine Arbeit, keine Einkommen, keinen Wohlstand. Und übrigens auch keine Steuern und Abgaben. Das muss man sich auch bei der laufenden Steuerreformdiskussion immer vor Augen halten: Wir sind nicht die Melkkühe der Nation. Und mein zweiter Schwerpunkt, dem unsere Mitglieder offenbar auch viel abgewinnen können, ist der Kampf gegen die Übergriffe der Bürokratie: Schluss mit Schikanen. Viele Gesetze und Regelungen sind so kompliziert, dass sie niemand mehr einhalten kann – aber die Folgen durch hohe Strafen sind dramatisch. Dabei gibt es erste Erfolge: Kleinanlagen werden für viele Branchen bald nicht mehr gewerberechtlich bewilligungspflichtig sein, und die Sozialversicherung hat auf unsere Kritik bezüglich der Schikanen gegen Familienangehörige reagiert, die ohne Entgelt im Betrieb mithelfen.

Ändert der Wahlerfolg etwas an Ihrem Durchsetzungsvermögen für unternehmerische Anliegen?

Man wird sich auf einen noch motivierteren und mit noch mehr Unternehmervertrauen gestärkten Präsidenten einstellen müssen.

Welche Vorhaben sind Ihnen in den nächsten fünf Jahren am Wichtigsten für die Kärntner Unternehmer?

Wir wissen aus zahlreichen Unternehmerfragen, dass die überbordende Bürokratie in Kärnten eines der größten Hemmnisse für unternehmerisches Wachstum ist, sogar noch vor der Finanzierungsfrage. Also brauchen wir eine Entrümpelung in der öffentlichen Verwaltung und neue, kreative Ansätze zur Unternehmensfinanzierung. Angesichts der aktuellen Entwicklungen rund um die Hypo-Abbaugesellschaft wird es aber ganz sicher auch notwendig sein, gemeinsam dafür zu sorgen, dass der Wirtschaftsstandort insgesamt nicht noch weiter in Misskredit gerät. Ich orte hier Tendenzen, ein ganzes Bundesland abzuschreiben – dagegen müssen wir gemeinsam und offensiv auftreten, und da muss auch die Politik mitspielen. Kärnten muss sparen lernen, aber nicht am falschen Ort.

Christian Benger will - nach der Stärkung der ÖVP - wirtschaftliche Themen in der Regierung forcieren - was erwarten/wünschen Sie sich von ihm?

Landesrat Benger und ich arbeiten hervorragend zusammen und haben beide nicht nur eine gemeinsame Vision für Kärnten, sondern auch eine Mission: Wir müssen die anderen Regierungsmitglieder davon überzeugen, dass die Zukunft Kärntens mit seiner Wirtschaft steht oder fällt. Wer sonst soll das Geld verdienen, das in der Kasse fehlt?

Was erwarten Sie sich von der gesamten Landesregierung?

Dass sie wahr macht, was sie in das Regierungsprogramm hineingeschrieben hat: Kärnten zum unternehmerfreundlichsten Bundesland Österreich machen. Davon sind wir weit entfernt, und hier erwarte ich ein entschiedenes Vorgehen und trotz der Heta-Problematik ein Bekenntnis zur Wirtschaft und zu Arbeitsplätzen.

Wie sehr ist die niedrige Wahlbeteiligung ein Wermutstropfen für Sie?

Das schmerzt natürlich. Zum Teil gibt es dafür statistische Erklärungen, wie das Anwachsen mancher Berufsgruppen wie etwa der Personenbetreuer, die sich nicht als klassische Unternehmer fühlen. Deshalb die geringe Wahlbeteiligung von 4,9 Prozent in diesem Bereich, die den Durchschnitt verfälscht. Aber ich will nichts beschönigen: Das ist ein Wermutstropfen, und wir müssen das besser machen.

Welche Erkenntnisse leiten Sie daraus ab? Was möchten Sie in der Kammer verändern?

Wenn ich mir die Vorwürfe gegen die Kammer anschaue, stelle ich fest, dass wir offenbar einen Teil unserer Mitglieder nicht erreichen: Nicht mit unseren unzähligen Serviceleistungen, nicht mit hochkarätigen Veranstaltungen, nicht einmal mit Erfolgen, die ihnen bares Geld sparen. Das muss anders werden, denn sonst nehmen Informationsmangel und Vorurteile überhand. Nehmen Sie das beliebte Thema Pflichtmitgliedschaft: Die Kleinen, die darüber jammern, sind die ersten, die bei ihrer Abschaffung unter die Räder kommen. Und einige Kritikpunkte kann ich nachvollziehen, was die Mehrfachmitgliedschaften anlangt, die eine oder andere Verkrustung in der Gewerbeordnung oder die hohen Sozialversicherungsbeiträge, die vor allem kleine und kleinste Unternehmen mit oft bescheidenen Umsätzen zu zahlen haben. Das sind ernstzunehmende Fragen, auf die wir Antworten finden müssen.

Was sagen Sie den Kritikern an der Wirtschaftskammer nach der geringen Wahlbeteiligung?

Ich lade sie ein, mitzumachen und sich in ihrer Standesvertretung für die Kärntner Unternehmer zu engagieren. Die Wirtschaft in ihrer derzeitigen Lage braucht keine Kommentatoren von außen, die alles schlechtreden, sondern tatkräftige Akteure, die sich für bessere Rahmenbedingungen einsetzen. Und das hat nichts mit Parteibuch oder Weltanschauung zu tun: Ich bin der Präsident für alle Unternehmerinnen und Unternehmer in Kärnten – kommen Sie und machen Sie mit, wir brauchen Sie.

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