Bauarbeiten im Endspurt
Gemeinschaftskraftwerk Inn geht noch heuer ans Netz
Das grenzüberschreitende Wasserkraftwerk nimmt Ende November nach zahlreichen Verzögerungen den kommerziellen Betrieb auf. Die Arbeiten an der Großbaustelle gehen ins Finale. Die Kosten von 620 Millionen Euro halten. Das GKI ist ein wichtiger Beitrag für die Tiroler Versorgungssicherheit.
OVELLA, NAUDERS, PRUTZ (otko). Mit Hochdruck wird derzeit an der Fertigstellung der Wasserkraftwerksbaustelle im österreichisch-schweizerischen Grenzgebiet gearbeitet. Nach mehreren Verzögerungen und einer Kostensteigerung befinden sich die Bauarbeiten beim Gemeinschaftskraftwerk Inn (GKI) sich im Endspurt.
Die feierliche Inbetriebnahme mit Politprominenz – auch der Bundespräsident soll kommen - findet am 04. November statt. Ende November soll dann der kommerzielle Betrieb des grenzüberschreitenden Wasserkraftwerks aufgenommen werden. Bis dort hin, gibt es aber noch einiges zu tun. Zahlreiche Professionisten arbeiten parallel an der Fertigstellung. Dies erfordert ein gutes Projektmanagement.
Schrittweise Inbetriebnahme bis Ende November
Bei einem Lokalaugenschein am 07. September führte GKI-Geschäftsführer Johann Herdina nochmals durch die Wehrbaustelle. Dabei hatte er gute Nachrichten zu verkünden:
"Am 22. August erfolgte nach der behördlichen Genehmigung der Erstaufstau und damit die Nassinbetriebsetzung der Anlage. Der Stauraum von der 15 Meter hohen Wehranlage in Ovella bis zur Grenzbrücke in Martina ist 2,5 Kilometer lang und das Nutzvolumen umfasst rund 500.000 Kubikmeter. Im Oktober produziert die Anlage dann testweise den ersten Strom."
Über den 23,2 Kilometer langen Triebwasserstollen können dann bis zu 75 Kubikmeter Wasser pro Sekunde ins Krafthaus nach Ried/Prutz abgeleitet werden.
Der weitere Aufstau sowie die Inbetriebnahme der elektromaschinellen Anlagenteile folgt dann schrittweise in Etappen bis Ende November. Derzeit wird die Steuerung optimiert. "Das Kraftwerk wird automatisch von der Ferne aus gesteuert. In Ausnahmesituationen kann aber händisch eingegriffen werden", informiert Projektleiter Franz Gappmaier. Die Wehranlage ist sogar für ein 1.000-jähriges Hochwasser ausgelegt.
Acht Prozent des Tiroler Strombedarfs werden gedeckt
"Das GKI geht planmäßig vor dem Winter in Betrieb und kann einen wesentlichen Beitrag für eine stabile Energieversorgung in Tirol leisten. Mit einer installierten Leistung von 90 Megawatt werden jährlich von rund 440 Gigawattstunden Strom erzeugt und das Kraftwerk leistet einen wichtigen Beitrag für die Tiroler Grundversorgung",
zeigt sich Herdina in der momentanen Situation erfreut. Immerhin acht Prozent des Tiroler Strombedarfs werden durch das neue Kraftwerk gedeckt. Die Jahreserzeugung entspricht dem Stromverbrauch von 90.000 Haushalten.
Das Dotierkraftwerk in Ovella, das sich in Österreich befindet, liefert rund acht Gigawattstunden Strom und geht voraussichtlich im Jänner 2023 in Betrieb. Der Strom wird aber in das Schweizer Netz gespeist.
Kosten von 620 Millionen Euro halten
Nach jahrzehntelangen Planungen und Diskussionen erfolgte der offizielle Spatenstich für das grenzüberschreitende Kraftwerksprojekt von TIWAG und Engadiner Kraftwerke AG erfolgte im November 2014. Der Tiroler Landesenergieversorger hält 86 Prozent der Anteile an der GKI GmbH, der Schweizer Partner die restlichen 14 Prozent.
Allerdings gab es zahlreiche Verzögerungen – das Laufkraftwerk sollte eigentlich planmäßig 2018 in Betrieb gehen. Unter anderem sorgten massive geologische Probleme beim Vortrieb des Triebwasserstollens, umfangreiche Sicherungsarbeiten nach einem Steinschlag auf der Wehrbaustelle in Ovella sowie die Pandemie und Lieferverzögerungen für einen Kostenanstieg von 461 auf 620 Millionen Euro – MeinBezirk.at berichtete. "Die Kosten von 620 Millionen Euro halten und es wird eine ziemliche Punktlandung werden", betonte Herdina.
Innovatives Restwassermodell
Auch in Sachen Restwasserabgabe wird auf ökologische Aspekte verwiesen. "Ein dynamisches Restwassermodell garantiert in den Sommermonaten ein natürliches Abflussverhalten des Inn. Dies ist steuerungstechnisch nicht so einfach und hat viel Hirnschmalz erfordert", erklärt der GKI-Geschäftsführer. Für die Abgabemenge in den Sommermonaten dient der natürliche Zufluss des Inn bei St. Moritz als Referenz: Das heiß, je mehr Wasser die dortige Messstelle passiert, desto mehr Wasser wird am Wehr abgegeben.
"Dadruch wird der Schwall und Sunk, der aus der Schweiz kommt, fast zur Gänze abgemindert und die ökologische Situation des Inns verbessert. Die freie Fließstrecke soll wieder ein Eldorado für Fische werden",
so Herdina. Dies sei Teil des Genehmigungsverfahrens gewesen und wurde von den Schweizer Umweltbehörden mit erheblichen finanziellen Mitteln unterstützt. "Zwei Drittel beim Wehrbauwerks in Ovella besteht aus einer Fischaufstiegshilfe. Damit soll den Forellen Bachsaiblingen eine grenzüberschreitende Wanderung ermöglicht werden."
Renaturierungen der beanspruchten Flächen
Am Ende der Baumaßnahmen werden sind auch viele Ausgleichsmaßnahmen und Rekultivierungen vorgesehen. Alle beanspruchten Flächen werden nach Abschluss der Arbeiten renaturiert. Auf der ehemaligen Baustelleneinrichtungsfläche in Maria Stein wird ein weitläufiges Biotop mit neuen Lebensräumen für Fische und Kleintiere geschaffen. Die Umgebung wird zudem renaturiert, wodurch eine abwechslungsreiche Auenlandschaft entsteht. In der Niedrigwasserperiode 2022/2023 soll hier mit der Umsetzung begonnen werden.
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