Sprengunfall
Leoben: Der Steinbruch Galgenberg sorgt weiter für Ängste

Eine (geglückte) Sprengung am Steinbruch Galgenberg, der im Besitz der Firma Tieber mit Hauptsitz in Peggau ist. | Foto: Kurt Brenkusch
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  • Eine (geglückte) Sprengung am Steinbruch Galgenberg, der im Besitz der Firma Tieber mit Hauptsitz in Peggau ist.
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Nach einer missglückten Sprengung soll für den Steinbruch am Leobener Galgenberg ein neues Spreng- und Sicherheitskonzept erarbeitet werden.

LEOBEN. Den Sprengunfall vom 2. Juli dieses Jahres hat die Bevölkerung des Leobener Stadtteiles Leitendorf noch in schlimmer Erinnerung. Gesteinsbrocken – bis zu 30 Zentimeter im Durchmesser und vier Kilogramm schwer – flogen vom Steinbruch der Tieber GmbH am Galgenberg auf die umliegenden Grundstücke und beschädigten Autos, Häuser und Gärten. Es entstand großer Sachschaden, eine Frau wurde von einem abprallenden Stein leicht verletzt. Aber es hätte noch schlimmer kommen können, man sei mit "einem blauen Auge" davongekommen, urteilen betroffene Anrainer.

Dieses Video von Kurt Brenkusch, einem unmittelbaren Anrainer des Steinbruches, zeigt eine geglückte Sprengung.

Vorerst keine Sprengungen

Ihre – berechtigten – Ängste vor einem weiteren Zwischenfall kann Bezirkshauptmann Markus Kraxner zwar nicht zerstreuen, aber was weitere Sprengungen betreffe, teilt er mit: "Mittels Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben, der zeitlich nicht befristet ist, sind Sprengungen am Steinbruch Galgenberg bis auf weiteres untersagt. Bis die Ursache der verunglückten Sprengung nicht restlos geklärt ist, wird die Behörde keine Genehmigungen dafür ausstellen."
Kraxner berichtet von einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Firma Tieber, der mit der Sprengung beauftragten VA Erzberg und den Behörden. Bislang habe es zwei Begehungen vor Ort gegeben, die Bezirkshauptmannschaft als zuständige Behörde lasse die Angelegenheit im Rahmen eines Gutachtens prüfen. Kraxner: "Bei einer etwaigen Wiederaufnahme des Betriebes am Galgenberg werden die gesetzlichen Auflagen ebenfalls ein Thema sein. Wir werden uns ganz genau anschauen, ob die Staub- und Lärmbelastungen im Rahmen der vorgegebenen Normen sind."

Lebensqualität der Anrainer leidet

Anrainer berichten, dass es, seit die Firma Tieber diesen Steinbruch betreibt, zu verstärkten Belastungen gekommen sei. Gelber Staub ziehe häufig über den Stadtteil Leitendorf, Ablagerungen seien selbst mit freiem Auge zu erkennen. Zudem sorgen die großen Brecher und Mahlwerke für permanenten Lärm. "Unsere Lebensqualität hat stark gelitten. Wir wissen, dass der Steinbruch bereits vor dem Bau unserer Häuser bestanden hat. Aber es muss Auflagen geben, um die Lärm- und Staubbelastung in einem für uns erträglichem Rahmen zu halten", berichtet eine Familie, deren Haus sich in unmittelbarer Nähe des Galgenberges befindet. Die Anlagen, in denen das Gestein zu Schotter verarbeitet wird, stehen im Freien. Eine Einhausung dieser Anlagen würde die Emissionen verringern, fordert ein Anrainer.

Steinbruchgipfel in der Stadtgemeinde Leoben

Bei einer von Bürgermeister Kurt Wallner initiierten Gesprächsrunde im Leobener Rathaus wurde von Repräsentanten der Firma Tieber die Sachlage erörtert. Der Stadtchef könne die Sorgen der Bevölkerung gut nachvollziehen, ihm seien aber – was den Fortbestand des Steinbruches betrifft – aufgrund gesetzlicher Bestimmungen "die Hände gebunden". Hannes Tieber, der sich mit seinem Bruder Franz die Geschäftsführung teilt, versicherte, dass es im größten Interesse des Unternehmens sei, mit den Anrainern und der Stadt Leoben "in eine gemeinsame Richtung zu gehen".
Mit der Montanuniversität Leoben, konkret mit Peter Moser, dem Leiter des Lehrstuhls für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft, habe es erste Gespräche gegeben, um ein neues Spreng- und Sicherheitskonzept zu erarbeiten. Es soll bis Herbst dieses Jahres präsentiert werden.

Menschliches Versagen?

"Die Ursache für die Fehlsprengung vom Juli ist noch nicht restlos geklärt, ein Endergebnis soll aber in zwei Wochen vorliegen. Derzeit sieht es danach aus, dass von menschlichem Versagen ausgegangen werden kann", berichtete Hannes Tieber auf Anfrage der WOCHE. Die Firma Tieber habe die Sprengungen an die VA Erzberg ausgelagert. "Wir können für diesen bedauerlichen Vorfall nichts dafür, es liegt aber in unserem Interesse, die Ursachen schnellstmöglich aufzuklären", betonte Tieber.
Er spielt den Ball, was die Errichtung von Wohn- und Siedlungshäusern in diesem Gebiet betreffe, an die Politik weiter: "Das ist ein ausgewiesenes Industriegebiet, der Steinbruch bestand schon lange vor den Wohnanlagen, das hätte man bei der Bebauung beachten müssen."
Hannes Tieber, der selbst Bürgermeister in der Gemeinde Peggau ist, sei angesichts des dortigen großflächigen Steinbruchgeländes, in dieser Funktion häufig mit Anliegen und Beschwerden der Bevölkerung konfrontiert und verstehe daher die Sorgen der Leitendorfer Bevölkerung.

Enormer Investitionsaufwand

Was die – laut Berichten der Anrainer – in den vergangenen Jahren verstärkt aufgetretene Staub- und Lärmbelastung betreffe, versuchte Tieber zu relativieren: "Obwohl es im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft nicht vorgesehen ist, führen wir die Abräumarbeiten in den Etagen des Steinbruches nur bei nasser Witterung durch." Tieber bestätigt, dass die Mahlwerke zur Weiterverarbeitung des Gesteins im Freien stehen. "Es wird Teil des neuen Konzeptes sein, diese Anlagen einzuhausen. Das bedeutet allerdings einen Investitionsaufwand von eineinhalb bis zwei Millionen Euro. Eine sofortige Einhausung ist nicht denkbar, das können wir erst in ein bis zwei Jahren in Angriff nehmen!"

Umfassende Information gefordert

"Wir werden zwar über die bevorstehenden Sprengungen mittels Flugzettel informiert und wissen, dass wir während der Sprengung unser Haus nicht verlassen dürfen. Aber wie die Fehlsprengung gezeigt hat, ist man selbst in den Innenräumen nicht sicher. Ein Stein hat das Fenster des Wohnhauses einer Anrainerin nur ganz knapp verfehlt. Dahinter hat die Frau in der Küche gearbeitet, sie hat einen Schutzengel gehabt", weiß ihre Nachbarin.
Weil man sich weder auf Schutzengel noch andere Mächte verlassen kann, erwarten sich die Bewohner des Stadtteiles Leitendorf eine rasche und umfassende Information über die weitere Vorgangsweise am Steinbruch Galgenberg.

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