Auslandstrofaiacherin Renate Spreitz
"Wie das Fallen in eine Daunendecke“
Nach acht Jahren ist die Trofaiacherin Renate Spreitz, die seit 29 Jahren in Kanada lebt, wieder einmal in ihrer Heimat, und genießt es, Freunde und Familie wiederzusehen.
LEOBEN, TROFAIACH. „Es ist egal, wieviele Jahre vergangen sind, für mich ist es immer dasselbe Gefühl, wenn ich in Österreich ankomme: Ich bin daheim. Es ist, als ob ich nie weg gewesen wäre“, erzählt Renate Spreitz, die mit Sohn Oliver, 25, derzeit sechs intensive Wochen in ihrer Heimat verbringt. Die erste Fahrt vom Grazer Flughafen nach Leoben beziehungsweise Trofaiach nach acht Jahren sei für sie wie ein „Fallen in eine Daunendecke“ gewesen. „Ich spüre hier viel mehr Substanz und Energie, eine positive Schwere und Tiefe. Nordamerika ist grundsätzlich viel oberflächlicher, auch die Menschen“, meint die 64-Jährige, die von 1974 bis 1984 als Verkäuferin in der Parfümerieabteilung des damaligen Kaufhauses "City" arbeitete.
Englischkenntnisse verbessern
1990 wollte sie für kurze Zeit in ein englischsprachiges Land gehen, um dort ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. „Ich habe damals durch das Reisen bemerkt, dass unser Schulenglisch längst nicht ausreichend ist, um sich ordentlich unterhalten zu können. Durch Zufall bin ich dann zu einer Stelle als Haushälterin bei einer deutschen Familie weit nördlich von Toronto gekommen. Zwischen Wölfen, Bären, Waschbären und Pferderanches habe ich leider gar nichts gelernt und mir schließlich eine Stelle bei echten Kanadiern in Toronto gesucht“, erinnert sich Renate Spreitz. Dort lernte sie ihren späteren Mann David kennen und blieb in Kanada. 1994 kam ihr gemeinsamer Sohn Oliver zur Welt, mit dem Renate Spreitz bis heute ausschließlich Deutsch spricht. „Oliver hat ab der Highschool begonnen, fast nur noch Englisch zu sprechen. Es ist für ihn ganz normal, von mir in Deutsch angesprochen zu werden und selbst englische Antworten zu geben“, sagt die Auslandstrofaiacherin, die in Kanada eine Hausreinigungsfirma betrieb.
Sohn ist auf Achse
Derzeit muss Oliver aber wieder Deutsch sprechen, trifft er doch während seines Österreichaufenthaltes viele ehemalige Schulfreunde – er ging früher während mehrwöchiger Besuche in Trofaiach zur Schule – und ist mit ihnen in ganz Österreich auf Achse. „Ich sehe Oliver kaum. Derzeit ist er gerade in Graz, er war in Wien und kommende Woche geht’s nach Bregenz“, lacht Renate Spreitz, die noch zwei Wochen hier ist. In den vergangenen vier Wochen hat sie Freunde in Kärnten, Wien, Niederösterreich und der Süd- und Oststeiermark besucht. Auch ehemalige „City“-Kolleginnen sah sie wieder.
Zeit mit der Mutter
Die restliche Zeit gehört nun der Familie. „Ich möchte viel mit meiner 86-jährigen Mutter, die in Trofaiach wohnt, zusammen sein.“ Was ihr in ihrer „alten Heimat“ mittlerweile sehr ungewöhnlich erscheint, sind die eingeschränkten Öffnungszeiten im Handel. „Bei uns haben Geschäfte bis 24 Uhr geöffnet und auch sonntags. Ich finde die Öffnungszeiten hier engstirnig, was typisch österreichisch ist. Keine Veränderungen zulassen zu wollen und darauf auch noch stolz zu sein.“ Was sie merkwürdig findet, sind die Begegnungszone in Trofaiach sowie die 30er-Beschränkungen auf den Straßen. Apropos Straßen: „Oliver erlebt hier gerade, mit Autos ohne Automatik zu fahren. Das ist sehr aufregend und herausfordernd für ihn, genauso wie die österreichischen Straßen, die viel enger sind als bei uns in Kanada.“
Jedes Mal ein Flug nach Hause
Der Besuch der Leobener Innenstadt und somit das Vorbeigehen am ehemaligen „City“ würden nostalgische Gefühle in ihr auslösen. „Es tut der Seele gut, hier zu sein“, resümiert Renate Spreitz, die in Kanada in Maple Ridge, eine Autostunde von Vancouver entfernt, im eigenen Haus wohnt. Wieder in die Steiermark zu ziehen, käme nicht in Frage. „Ich habe zwei Heimaten und das ist gut so. Wenn ich nach Österreich reise, fliege ich nach Hause, und geht es wieder zurück nach Kanada, kann ich ebenfalls sagen, dass ich wieder heim fliege.“
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