Gerfried Göschl seit zehn Jahren verschollen
"Die Zeit heilt sicher nicht alle Wunden"

Seine Familie hatte Gerfried Göschl bei seinen Expeditionen in Bildform immer mit dabei. | Foto: Göschl
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Seit zehn Jahren ist der Liezener Gerfried Göschl verschollen. Seine Witwe Heike im Exklusivgespräch

Er galt als einer der berühmtesten Bergsteiger Österreichs und seine Liebe zu schwierigen Expeditionen wurde ihm vor genau zehn Jahren zum Verhängnis. Der Liezener Extremsportler Gerfried Göschl kam von seiner lang geplanten Tour vom Gasherbrum I nicht mehr zurück. Im Exklusivgespräch mit der Woche blickt seine Witwe Heike Göschl Grünwald zurück.

Gefährliche Winterbesteigung

Bei der Winterbesteigung des Hidden Peak (8.080 Meter) im Februar 2012 waren der Schweizer Cedric Hählen und der Pakistani Nisar Hussain mit dabei.
Die drei Bergsteiger wollten als Erste über eine noch nie begangene Südroute auf- und über die normale Nordroute wieder ins Basislager absteigen. Dazu deponierte Göschl bereits im Sommer 2011 ein Lager mit Zelt und diversen Gegenständen vorab. Welches sie jedoch nie erreichten. Am 8. März 2012 brach der Kontakt zu den drei Bergsteigern ab. Sie waren zuletzt circa 200 Meter unterhalb des Gipfels des Hidden Peak gesehen worden.

V.li.n.re.: Helena, Heike und Hannah am Dachstein | Foto: Göschl
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"Angst hatte ich immer um ihn"

"Das Warten und die Hoffnung waren schrecklich", erzählt nun, zehn Jahre später, seine Witwe Heike Göschl Grünwald und weiter: "Ich kann es immer noch nicht in Worte fassen. Angst hatte ich immer um ihn, aber ich vertraute auf seine Entscheidungen. Er hat viele seiner Ziele nicht erreicht und drehte dann um. Gerfried kehrte zum Beispiel beim K 2 drei Mal um, weil es zu gefährlich war. Darum glaubte ich – oder vielleicht war es nur meine Gedankenflucht – dass alles gut ausgehen wird. Nach all den Jahren muss ich sagen, der Spruch: ‚Die Zeit heilt alle Wunden‘ stimmt für mich sicher nicht. Nachdem der Funkkontakt abbrach, wurden Hubschrauber-Suchflüge durchgeführt, aber keine Spur von dem Team wurde je gefunden". Der Hoffnungsgedanke, dass er eines Tages gefunden werden oder sogar zurückkehren könnte, war damals bei Heike hoch, aber: "Man wartet auf eine Nachricht, aber es kommt keine, das war sehr schlimm".

Eine Gedenktafel erinnert an die drei Bergsteiger | Foto: Göschl
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Reise zur Gedenktafel

Ihre zwei Töchter, mittlerweile 15 und elf Jahre alt, waren damals wie heute ein wichtiger Halt für sie. Die Ältere ist mittlerweile Ski-Rennläuferin im steirischen Landeskader. Ob Heike es erlauben würde, dass ihre Kinder ebenfalls Extrembergsteigerinnen werden?: "Ganz sicher nicht. Das kommt nicht in Frage, ich tu mir schon schwer, wenn Hannah Super-G mit über 100 km/h fährt".
Heike will heuer mit ihren Töchtern in die Hidden-Peak-Region reisen. Dort erinnert eine Gedenktafel im Basislager an die drei Bergsteiger.

Hilfsprojekte

Der 1972 geborene Gerfried Göschl organisierte zahlreiche Projekte und Expeditionen. Unter anderem bestieg er 2005 den Mount Everest als erster Österreicher ohne künstlichen Sauerstoff und ohne Trägerhilfe. Den Gipfel des Nanga Parbat erreichte er 2009 über eine neue Route ohne Trägerhilfe. Vor allem suchte er die Herausforderungen in Winter-Erstbesteigungen und Neurouten auf den höchsten Bergen der Welt.

Gerfried Göschl organisierte auch Hilfsprojekte wie hier in einer Schule in Besham | Foto: Göschl
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Erdbebenhilfe

Gemeinsam mit seinem Vater setzte er sich aber auch immer wieder für die Bevölkerung in den Expeditionsgebieten ein. Nach den schweren Erdbeben 2005 und 2010 in Pakistan beschlossen er und sein Vater Rainer, eine Hilfsaktion ins Leben zu rufen. 3.000 Spender stellten damals insgesamt 120.000 Euro bereit. 27 Lkws mit insgesamt 150 Tonnen Hilfsgütern konnten nach Pakistan gebracht werden, darunter Zelte, Decken, Kleider, Nahrung und Medikamente. Weiters gründeten die Göschls eine Schule, in die auch Mädchen gehen durften. Weitere Informationen auf: www.gerfriedgoeschl.at

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