Landschaft erzählt Geschichten
Versteinerte Sagenschätze

Die versteinerte Pfarrerköchin
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Nachdem der nicht weichenwollende Winter hartnäckig bleibt und die Vegetation zurückhält, bleibt im Alltag mehr Zeit zum Beobachten der Natur.
Ansonsten kaum wahrgenommen drängen sich auffällige Felsformationen in der Landschaft in den Vordergrund. Fährt man von Großreifling - Neuhaus Richtung Erb und St. Gallen, so fällt einem auf der rechten Straßenseite ein seltsames Steingebilde, die „Pfarrersköchin“ auf.
Nur wenige erinnern sich an die damit verbundene Sage, die ihren Ursprung angeblich im Schwabeltal „Auf der Wahrheit“ hat. Das ehemalige Wirtshaus diente einst Anhängen Luthers als heimliche, verbotene Zusammenkunft, wo die „echte Wahrheit“ gepredigt wurde. Unter den abfällig als „Luderaner“ bezeichneten Gläubigen befand sich auch eine Pfarrersköchin, die in sündiger Liebe mit dem Pfarrer von Landl verbunden war. Daneben versorgte sie die heimlichen Treffen mit Naturalien, doch schon bald fehlten die Mittel. Der Teufel bot der Frau seine Unterstützung an, im Gegenzug musste sie ihm ihr erstgeborenes Kind überlassen. Der Teufelspakt wurde geschlossen, die Zeit verging und nach der Geburt des Kindes verlangte der Teufel nun seinerseits die Einhaltung der Vereinbarung.
Die couragierte Pfarrersköchin versuchte den Teufel mit einer Mistgabel an der Kindesabnahme zu hindern – worauf dieser wütend die Frau packte und hoch über den Lehenberg schmiss.
Bestraft für Abwendung vom katholischen Glauben, die Sünde und teuflische Hilfe muss sie seitdem zu Stein erstarrt büßen, umgeben vom Hölltürl, einem markanten Felsen mit kleinen Hohllöchern, dem Finsterbach und Tamischbach.
Noch vor 50 Jahren kletterten und sprangen Reiflinger Buben wagemutig am Kopf der Pfarrerköchin herum, wo es durchaus auch zu Verletzungen kam – die zum Glück glimpflich verliefen.
Im Schwabeltal dürfte sich der Teufel gerne öfters aufgehalten haben – führt doch hinter der „Wahrheit“ der Teufels- oder Höllweg vorbei an der ehemaligen Hölzlhütte bis in die Jassingau.
Heimatsagen, wie die der Pfarrersköchin, erklären seltsame, übernatürliche Naturerscheinungen und sind verknüpft mit Orts- und Namensbezeichnungen. Mündlich überliefert bleibt die Kernaussage aus ihrer Entstehungszeit gleich, der Inhalt wird phantasievoll ausgeschmückt und hängt von der Erinnerung des Erzählers ab.
Es gibt keinen Anspruch auf eine historische Wahrheit – ähnlich der Glaubwürdigkeit von Sagen, Gerüchten und Fake News in Sozialen Medien.

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