Regina Fechter
"Da bin ich fast zum Schwammerl geworden"

Regina Fechter kommt aus Vöcklabruck und ist in Linz hängengeblieben. | Foto: BRS/Diabl
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Wir haben mit Stadträtin Regina Fechter über die SPÖ, Harmoniebedarf, Kriminalität, Grillen und vieles mehr gesprochen. 

LINZ. Die ehemalige Direktorin der Polytechnischen Schule Urfahr, Regina Fechter, ist seit 2017 als SPÖ-Stadträtin für Personal, Liegenschaften und Integration zuständig. 

Was hat Sie als Vöcklabruckerin nach Linz verschlagen?
Nach der Matura hatte ich die Wahl zwischen Salzburg und Linz. Die Wahl ist auf Linz gefallen, weil der Platz im Studentenheim günstiger war und meine Freundinnen auch da hingegangen sind. Ich habe die Pädagogische Akademie im Bewusstsein gemacht, nach Vöcklabruck zurückzugehen und dort Lehrerin zu werden. Dann habe ich einen kennengelernt und bin hängengeblieben.

Sie stammen aus einem konservativen Elternhaus. Was hat Sie zur SPÖ gebracht?
Mein Vater war Schweißer, meine Mutter Verkäuferin. Aber mein Vater war eher konservativ. Ich war schon im Gymnasium bei der Gewerkschaftsjugend, das hat mit dem Freundeskreis zu tun gehabt. Richtig anfangen hat es, als ich in Linz im WIST-Heim gewohnt habe. Da war ich mit allen befreundet: Hermann Kepplinger, Erwin Buchinger, Gerti Jahn. Ich bin zum VSSTÖ, zur SJ und wurde Kinderfreunde-Vorsitzende. Ich bin da reingerutscht und nie wieder raus.

Sie sind seit 2017 Stadträtin. Was sagen Sie nach fast zwei Jahren?
Sehr viel von dem was ich tue, kommt mir vor, als ob ich noch in der Schule wäre. Ich war in der Schule für das Zusammenleben zuständig, wie in meinem Integrationsressort. Ich war dafür da, Lösungen zu suchen, wenn Konflikte entstehen und mit den Betroffenen zu reden. Das liegt mir gut, weil ich sehr beweglich bin, was Kompromisse anlangt. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich – was für einen Politiker nicht so gut ist – auch sehr harmoniebedürftig bin. Ich möchte immer, dass es allen gut geht.


Das politische Klima in Linz

Viele sagen, dass sich das politische Klima auch in Linz verschärft hat. Wie geht es denn einer harmoniebedürftigen Politikerin damit?
Natürlich hängt das Klima mit den handelnden Personen zusammen. Wenn welche nicht können, dann können sie nicht miteinander. Ich habe aber ein sehr gutes Arbeitsklima mit Markus Hein, weil wir mit Handschlagqualität zusammenarbeiten. Mit den Grünen gibt es viele Berührungspunkte und ich kann auch mit Eva Schobesberger sehr gut. Die ÖVP verhält sich sehr ambivalent, weil sie sehr häufig eine Linie fahren, wo ich mir denke: Sind das die Interessen der Stadt oder des Landes? Wobei ich mit Doris Lang-Mayrhofer sehr gut zusammenarbeite.

Für Regina Fechter wäre eine klare Rollenverteilung zwischen Regierung und Opposition besser. | Foto: Stadt Linz
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Funktioniert das Proporzsystem aus Ihrer Sicht?
Ich glaube, dass die Verantwortlichkeit größer wäre, wenn wir es nicht hätten. Wenn es eine klare Opposition und eine klare Regierung gäbe.


Die Krise der SPÖ

Die Sozialdemokratie ist in einer Dauerkrise. Wie geht es Ihnen damit?
Schlecht, weil ich unter Kreisky angefangen habe und die Stärke unserer Partei da eine andere war. Das ist so sukzessive heruntergebröckelt. Was wir wahrscheinlich unterschätzt haben, ist die Frage der Migration und der Vereinnahmung der Migration von den Blauen. Wir haben das mit unseren eigenen Mitgliedern viel zu wenig diskutiert. Das ist genau das Klientel, das aufgrund dieser Frage zu den Blauen gewechselt ist. Auch waren wir immer stark mit der Gewerkschaft, die jetzt auch nicht mehr so präsent ist. In sehr vielen Kleinunternehmen gibt es keine gewerkschaftliche Arbeit weil jeder glaubt, er kann sich seine Sachen eh selber regeln. Der Solidaritätsgedanke, der unsere Bewegung ausmacht, ist mit dieser veränderten Gesellschaft ein wenig weggekommen und wir haben auch zu wenig getan, um den wieder aufzubauen. Je mehr wir erreicht haben, desto mehr waren wir überflüssig. 

Man hat das Gefühl, die Sozialdemokratie weiß nicht so recht, was sie tun soll.
Momentan sind die gesellschaftspolitisch großen Fragen sehr stark gründominiert, das hat man im letzten Gemeinderat gesehen. Vielleicht haben wir da auch einiges verschlafen. Die andere Sache ist der Neoliberalismus. Und bei der Digitalisierung geht es darum, wie wir diese Technik nutzen, damit es den Menschen besser geht.

Das Verhältnis zur FPÖ

Nach Ibiza hat Bürgermeister Luger das Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ aufgekündigt. Was hat sich seither verändert?
Was die Arbeit betrifft, hat sich für mich persönlich nichts geändert: In den Liegenschaften habe ich vorher gut mit Hein zusammengearbeitet und mache das auch jetzt noch. In der Integrationsfrage hat sich auch nichts geändert. Da waren wir vorher anderer Meinung und sind das auch jetzt. Schwieriger ist es wahrscheinlich für den Fraktionsvorsitzenden Stefan Giegler, weil es nicht mehr so einfach ist und es natürlich nach der Kündigung auch ein wenig Reibereien gegeben hat.

Es war also keine Scheinaufkündigung?
Nein, weil das Arbeitsübereinkommen nicht fertig abgearbeitet wird.

Regina Fechter kommt aus Vöcklabruck und ist in Linz hängengeblieben. | Foto: BRS/Diabl
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Integration in Linz

Die FPÖ sieht die Integration vieler Zuwanderer in Linz als gescheitert. Wie ist die Lage aus Ihrer Sicht?
Da wird sehr häufig Integrations- mit Sicherheitspolitik verknüpft. Dass es da einen Bereich gibt, der durch Kriminalität auffällt, ist eine Tatsache, die ich aber wahrscheinlich mit vielen Integrationsmaßnahmen nur zum Teil auffangen kann. Das ist natürlich ein Problem, aber wir wissen alle was Kriminalität für Ursachen hat. Das sind Leute, die keine Perspektiven haben, die sich vielleicht auch große Hoffnungen gemacht haben und jetzt maßlos enttäuscht sind. Im Kriminalitätsbereich ist in erster Linie die Polizei zuständig. Integrationspolitik ist aber schwerpunktmäßig ganz etwas anderes. Meine Aufgabe sehe ich darin, mit den Ressourcen, die ich habe, die besten Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jeder gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben kann. Wenn ich mir anschaue, was wir an Sprachförderung machen. Wir schauen, dass möglichst viele Kinder eine abgeschlossene Schulausbildung haben. Wir haben Projekte, die da noch mehr auffangen. Alles geht aber nicht. Integration ist auch, dass die Leute über ihren Tellerrand hinaus in Kontakt kommen. Wir haben Projekte, wo sich Leute kennenlernen, wo man miteinander etwas tut.

Kriminalität ist die Spitze, aber es gibt ja auch ein grundlegendes Unbehagen gegenüber Fremden.
Das ist meistens ein Unbehagen, das man nicht konkret hat. Das hat man vielleicht, wenn man auf der Straße geht und fünf afghanische Jugendliche kommen einem entgegen und es ist schon dämmrig. Es gibt Leute, die das als Bedrohung empfinden, aber ich glaube fünf österreichische Jugendliche können dieses Gefühl genauso auslösen. In der Innenstadt kommt man natürlich gehäuft mit solchen Menschen in Kontakt. Das sind Leute, die zum Kurs herfahren, die nur am Vormittag Kurs haben, am Nachmittag im Park sind. Mir ist der respektvolle Umgang ganz wichtig. Das kann der ausländische Mann sein, der eine Frau als minder betrachtet und es kann eine österreichische Frau sein, die sagt, die mit dem Kopftuch braucht sich da nicht hersetzen.

Was ist denn für Sie ein Idealbild für gelungene Integration?
Wenn ein Migrant einen Arbeitsplatz hat, unsere Sprache kann, seine Kinder in die Schule gehen und perfekt zweisprachig sind. Wenn er irgendwo ehrenamtlich tätig ist, nicht nur in einem Migrantenverein.


Umgang mit Extremismus

Sie sind skeptisch, wenn es darum geht, Rechtsextremen die Aufnahme in den öffentlichen Dienst zu verwehren. Warum eigentlich?
Wer beurteilt aufgrund welcher Ereignisse, was rechtsextrem ist? Das gilt auch für Veranstaltungen in unseren Räumlichkeiten: Wer hat das Recht zu sagen, das ist rechtsextrem oder linksextrem oder politischer Islam? Wer entscheidet das? Ich als Politikerin? Wir fragen beim Verfassungsschutz nach. Wenn aber da nichts aufliegt, dann tue ich mir sehr schwer.

Sie wurden für eine Veranstaltung mit den Vereinen Avrasya, der den rechtsextremen Grauen Wölfen nahestehen soll und ATIB, der der Erdogan-Regierung verbunden sein soll, scharf kritisiert, auch von Ihrer eigenen Parteijugend. Auf die Kritik sind Sie nie eingegangen.
Gerade diese Vereine haben ganz viele Mitglieder in Linz, die ich erreichen möchte. Die Türken sind eine der Bevölkerungsgruppen, mit denen wir immer noch große Probleme haben, obwohl sie schon so lange da sind. Wenn ich zu denen kommen will, wenn ich die Botschaften, dass Bildung und Sprache wichtig sind, vermitteln will, muss ich mit diesen Vereinen zusammenarbeiten, es nutzt alles nichts. Egal was meine Jugendorganisation sagt. Als Stadträtin rede ich grundsätzlich mit jedem. Solange ich das Gefühl habe, mit denen kann ich was weiterbringen, kann „Mama lernt Deutsch“ bewerben und ähnliche Dinge tun, die mir wichtig sind, mache ich das.


Die Grillplatz-Frage

Sie haben den Grillfreunden in St. Margarethen die Gelbe Karte gezeigt.
Ja, und ich scheue auch nicht vor der roten zurück. Aber die gelbe Karte heißt für mich, dass ich noch einiges versuche. Wir waren in Wien, dort haben sie ganze 19 Grillstationen, die 10.000 Euro kosten. Auf Linz umgelegt wären das drei, das ist lächerlich. Wir werden aber einige Dinge verstärken. Es wird einen Folder geben, wo die anderen Grillplätze beworben werden. Was die Wiener auch gesagt haben ist, dass wir auf unsere Fläche gerechnet zu wenig Grillzonen haben. Wir schauen uns deshalb auch an, ob wir nicht noch welche dazubekommen. Und wir arbeiten an einer Verordnung, wo es unter finanzielle Strafe gestellt wird, wenn man außerhalb der Zone und der Zeit grillt. Ich versuche auch noch heuer einen Grillplatzmeister zu finden.

Die bereits verkleinerte Grillzone in St. Margarethen sorgt für Probleme. | Foto: Stadt Linz
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Hat sich die Lage seit der gelben Karte verbessert?
Soweit mir berichtet wird, sind immer noch viele Griller dort. Aber auch der Ordnungsdienst schaut vermehrt, dass die in der Zone bleiben. Wenn das nicht funktioniert, kann ich mir vorstellen, ein Verbot auszusprechen.

Die Wiener Lösung mit fixen Grillplätzen, die man buchen und bezahlen muss, ist nicht interessant für Sie? Es gibt in Ottensheim eine ähnliche Lösung, die gut funktioniert.
Das Problem ist die Zahl der Griller. Die Wiener haben ja nicht nur die 19 Grillplätze sondern auch Grillzonen und dort sind eben diese Grillplatzmeister. Wenn man das Grillen in St. Margarethen verbietet, kann ich mir vorstellen dort zwei solche Plätze zu machen. Aber die lösen das Problem nicht. In erster Linie möchte ich, dass dort das Grillen möglich ist, aber unter einer möglichst geringen Emission für die Bevölkerung. Von 100 Grillern muss man es auf zehn reduzieren und das möchte ich versuchen, ohne es gleich zu verbieten.

Unumstritten ist der neue Grillplatz in der Lunzerstraße. Grillt dort jemand?
Ja, aber nicht sehr viele. Vielleicht weil es zu wenig bekannt ist. Darum machen wir ja jetzt diesen Folder. Der Grillplatz am Pichlinger See ist in Ordnung und weit vom See weg. Da sind auch keine Häuser. Auch beim Weikerlsee ist die Grillzone relativ weit weg vom See und die nächsten Häuser 400 Meter entfernt.

Die Stadt Linz wirkt in dieser Frage getrieben. Warum reagiert man nur und agiert nicht?
2016 hat Steyregg das Grillen am Pleschinger See verboten. Im Laufe des Jahres 2017 gezeigt, dass die Griller fast alle nach Margarethen gehen. Im Winter haben wir angefangen, Ersatzplätze zu suchen. Das war sehr schwierig, da bin ich fast zum Schwammerl geworden. Ich glaube wir agieren jetzt schon, in dem wir versuchen das dort einzudämmen und andere Plätze anzubieten. Mehr kann ich nicht tun.

Ähnlich ist die Situation mit auffälligen Personen im öffentlichen Raum. Die Ersatzfläche für Suchtkranke im Bergschlösslpark wird nicht angenommen. Suchen Sie bereits nach einem neuen Platz?
Wir haben ungefähr zwölf Plätze vorgeschlagen. Auch Experten haben gesagt, dass der Platz nicht so schlecht ist. Die anderen Plätze gibt es aber auch noch.


Die Nationalratswahl 2019

Was werden Sie im anstehenden Nationalratswahlkampf zu einem guten Ergebnis der SPÖ beitragen?
Ich habe schon meine Tochter beigetragen, die kandidiert – allerdings unter ferner liefen. Ich habe jetzt schon einen übervollen Terminkalender und werde viel unterwegs sein. Wir versuchen so viele Stimmen wie möglich durch persönliche Ansprache zu bekommen. Im September schmeiße ich mich ins Getümmel.

Man wird Sie auf der Straße sehen?
Ja, ganz sicher, ich habe meine Termine schon alle eingetragen.

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