Heinz Holzheu auf dem Jakobsweg
Von der Rax bis zur Atlantikküste

Unterwegs am "Camino": "Der schönste Teil war die Via Gebennensis in Frankreich." | Foto: Holzheu
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Wie wäre es mit einer Wanderung? Hochlantsch, den Raxgipfel, vielleicht sogar der Hochschwab? Wie aber wäre es mit dem Atlantik als Wanderziel? Der wäre "nur" 3.400 Kilometer entfernt. Ein Altenberger hat sich auf den Weg gemacht – sechs Jahre lang.

NEUBERG/MÜRZ. 3.400 Kilometer sind rund fünf Millionen Schritte. Mit dem ersten Schritt im Jahr 2015 hat der Altenberger Heinz Holzheu, der ziemlich oben am Preiner Gscheid unter der Hohen Rax wohnt, das Abenteuer Jakobsweg begonnen. In sechs Jahresetappen zu je drei Wochen hat er die 3.400 Kilometer vom Preiner Gscheid bis nach Santiago de Compostela absolviert und weiter bis an den Atlantik ans "Ende der Welt", bis Finisterre und letztendlich beim endgültigen Zielpunkt, dem Hafenort Muxia.

Die ersten Schritte sind getan: Heinz Holzheu auf der Hohen Rax. Jetzt sind es nur mehr 3.395 Kilometer. | Foto: Holzheu
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Seine Pilgerfahrt führte ihn zunächst bis nach Wolfsthal bei Hainburg, wo der österreichische Jakobsweg beginnt. Quer durch Österreich und über den Arlberg, wo er den höchsten Punkt der gesamten Tour erreichte, führte ihn der Weg durch die Schweiz. Frankreich über die Pyrenäen durch den nördlichen Teil Spaniens bis zum wahrscheinlich bekanntesten Wallfahrtsort der Welt. "Jedes Jahr bin ich so rund drei Wochen marschiert und habe jedesmal so um die 600 Kilometer geschafft. Pro Tag bin ich durchschnittlich 30 Kilometer gewandert – und immer alleine", erzählt Heinz Holzheu. Von seiner Frau hat er die obligate Pilgermuschel mit einem Segenswunsch als Geschenk mitbekommen. "Sie selbst wollte nicht mit auf die Pilgerreise", erzählt Heinz Holzheu.

Heinz Holzheu mit seiner Pilgermuschel, die er von seiner Frau als "Schutzengerl" mitbekommen hat. | Foto: Hackl
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In seinen Wanderwochen – pausiert hat er nur in den Corona-Jahren 2020 und 2021 – ist er täglich marschiert. "Egal ob es geregnet hat, oder ob Schnee so wie am Arlberg war. Auch Blasen haben mich nicht vom Gehen abgehalten", erzählt er. Abgeschlossen hat er sein Projekt im Vorjahr.

Rucksack, Quartiere & die Schnarcherei

Sein Rucksack hat rund zehn Kilogramm gewogen. "Ich habe sehr viel getüftelt, aber unter 9,8 kg habe ich es nicht geschafft. Mit dabei hatte er immer ein Paar Reserveschuhe und einen wärmeren Schlafsack, "den habe ich mir unterwegs in einer besonders kalten Woche gekauft". Insgesamt hat er vier Paar Wanderschhuhe verschlissen.

Der Rucksack: Unter zehn Kilo gings nicht. | Foto: Holzheu
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Unterkunft fand er in Pilgerquartieren und einfachen Herbergen. "Ist man als Pilger registriert und verfügt über ein Begleitschreiben der Pfarre, dann hat man in Kirchen und Klöstern Anspruch auf ein Nachtquartier und sogar auf Verköstigung", erzählt Heinz Holzheu; dieses Service hat er des öfteren in Anspruch genommen, besonders in Frankreich und Spanien.
Wobei die gastronomische Infratruktur immer besser wurde, je näher er Santiago kam. "Schwierig war es nur in Österreich und in der Schweiz, da war es sogar schwierig, zu einem Geschäft und einer Jause zu kommen."

Geschlafen hat er auch in den klassischen Pilgerquartieren. "Rekord war ein Schlafsaal mit 160 Betten." Da helfen nur mehr Ohrstöpseln und eine große Portion Gelassenheit. "Vous ronflez?" und "Tú roncas?" gehörte zu seinen Standardphrasen; was soviel heißt wie "Schnarchen Sie?", einmal auf Französisch, einmal auf Spanisch. Für die Verständigung hat er sich generell französische und spanische Phrasen angeeignet. Haben Sie ein freies Bett? Gibt es auch Essen im Quartier? Mit diesen zwei Sätzen kommt man schon weit. Englisch hilft zwar, aber bei weitem nicht immer. Vor allem in Frankreich weiß man sich dem Englischen zu verschließen.

Ein typisches Pilgerquartier. Zum Essen gabs meist ein Pilgermenü und eine Flasche Wein inklusive. | Foto: Holzheu
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Kein wandernder Psychotherapeut

Wegbekanntschaften unterwegs hat es immer gegeben. "In Österreich und Schweiz wenig. Mein Rekord waren elf Tage, an dem ich keinen einzigen Wanderer begegnet bin." Besser wurde es in Frankreich, viel Betrieb war in Spanien. Wobei ich immer im April und Mai gewandert bin, das war noch in der Vorsaison." Unterwegs unterhielt man sich jeweils über die aktuelle Tagesetappe. "Woher man gerade kommt, wo es abends ein Quartier gibt und wo es unterwegs was zum Essen gibt. Bei Menschen, die sich unterwegs etwas von der Seele reden wollten, da war ich gleich dahin", erzählt er lachend. Ob man am Preiner Gscheid gar menschenscheu wird?

Viele Menschen pilgern, weil sie eine Krankheit überstanden haben, eine Lebenskrise durchtauchen oder aus religiösen Gründen. Was war bei Heinz Holzheu der Antrieb? "Zu meinem 60. Geburtstag und Pensionierung habe ich von meiner Tochter das Buch "Der österreichische Jakosweg" geschenkt bekommen. Drei Jahre hat die Überwindungsphase gedauert. "Den endgültigen Impuls habe ich von einer Radiosendung mit Olympiasieger Felix Gottwald erhalten, der gemeint hat, man soll langgehegte Projekte nicht aufschieben, sondern gleich mit dem ersten Schritt beginnen." Und so war es tatsächlich: "Nach dem ersten Schritt war für mich klar, dass ich es durchziehen werde. Zuerst den österreichischen Teil und schon im ersten Jahr war ich mir sicher, dass ich es bis Spanien durchziehen werde." Und die Spiritualität? "Die ist gewachsen mit dem Gehen. Unterwegs war es eine oft knallharte Auseinandersetzung mit sich selbst. Irgendwann ist der Punkt gekommen, wo man mit sich selbst absolut im Reinen war. Ein Gefühl, das man so nicht kennt."

Heinz Holzheu vor der Kathedrale von Santiago de Compostela | Foto: Holzheu
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Tränen am Atlantik

Und wie emotional war die Ankunft in der Basilika von Santiago de Compostela? "Ich erinnere mich an sehr viel Trubel. Emotional wurde es für mich in Finisterre, für mich das eigentliche Ende. Da habe ich ein wildfremdes Ehepaar umarmt und geweint – und sie haben auch gleich mitgeweint." Und das berühmte tiefe Loch, nach dem Erreichen eines so großen Ziels? "Das ist nicht gekommen. In mir war ein Hochgefühl und ein sehr befriedigendes Gefühl, es jetzt tatsächlich geschafft zu haben."

Hein Holzheu hat drei vollgestempelte Pilgerpässe, und gleich drei Bestätigungsurkunden mit nach Hause gebracht. Und für seine Frau eine Pilgermuschel als Andenken aus Santiago de Compostela.

Heinz Holzheu am Kilometerstein Null am Kap Finisterre. am Atlantik. | Foto: Holzheu
  • Heinz Holzheu am Kilometerstein Null am Kap Finisterre. am Atlantik.
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Den nächsten Weg im Sinn

Ganz will er die Finger beziehungsweise die Füße nicht vom Weitwandern lassen – eine Leidenschaft die ihn vorher nicht so sehr gepackt hatte. "Da war die Rax als mein Hausberg das ewige Ziel." Gemeinsam mit seiner Frau will er den Weitwanderweg von Villach nach Triest durch die Julischen Alpen in Angriff nehmen. Wieder inspiriert von einem geschenkten Buch seiner Tochter: "Das Weite suchen".

Drei vollgestempelte Pilgerpässe als ewige Erinnerung an den Pilgerweg. | Foto: Hackl
  • Drei vollgestempelte Pilgerpässe als ewige Erinnerung an den Pilgerweg.
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Für all jene, die schon immer den Jakobsweg gehen wollen, ist Heinz Holzheu gerne bereit, seine Erfahrungen weiterzugeben. "Allein die Fußpflege und das Packen des Rucksacks ist eine eigene Wissenschaft." Auskunft gibt es via E-Mail heinz.holzheu@gmail.com

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