Am Beispiel E-Werk Kindberg
Die Herausforderungen eines Energieversorgers

Tischgespräch mit den beiden Geschäftsführern des E-Werks Kindberg: Redakteur Markus Hackl mit Jürgen Hofer und Stefan Zangl. | Foto: Ekatarina Paller
23Bilder
  • Tischgespräch mit den beiden Geschäftsführern des E-Werks Kindberg: Redakteur Markus Hackl mit Jürgen Hofer und Stefan Zangl.
  • Foto: Ekatarina Paller
  • hochgeladen von Ekatarina Paller (Pashkovskaya)

Als Energieversorgungsunternehmen ist das E-Werk Kindberg mit Wasserkraft, Sonnenstrom und Windkraft "dick drinnen" in der erneuerbaren Energie. Warum das erklären die Geschäftsführer Stefan Zangl und Jürgen Hofer.

MÜRZTAL. Seit  1. September hat das E-Werk Kindberg eine neue technische Führung. Stefan Zangl ist kaufmännischer Direktor, Jürgen Hofer der technische Geschäftsführer. Im WOCHE-Tischgespräch erklären sie sich selbst in ihren Funktionen und die des Unternehmens. Bemerkenswert: Beide Direktoren haben als Lehrlinge im E-Werk begonnen, haben berufsgleitend die HTL Matura absolviert und haben sich dann im kaufmännischen beziehungsweise technischen Bereich spezialisiert.

Jürgen Hofer: "Allein der Windpark Stanglalm erzeugt mehr Strom, als in Kindberg verbraucht wird. So gesehen sind wir mehr als zu 100 Prozent Selbstversorger. | Foto: Ekatarina Paller
  • Jürgen Hofer: "Allein der Windpark Stanglalm erzeugt mehr Strom, als in Kindberg verbraucht wird. So gesehen sind wir mehr als zu 100 Prozent Selbstversorger.
  • Foto: Ekatarina Paller
  • hochgeladen von Ekatarina Paller (Pashkovskaya)

Es hat Tradition, dass die Geschäftsleitung des E-Werks Kindberg, sich auf zwei Köpfe verteilt. Warum diese Trennung und wie teilt Ihr Euch die Geschäftsführung auf?
STEFAN ZANGL. Die Aufgaben teilen sich, wie bei anderen Unternehmen auch, in einen kaufmännischen und einen technischen Bereich. Jeder Geschäftsführer ist für seinen Bereich hauptverantwortlich. 
JÜRGEN HOFER: Es ist auch eine Frage der Ressourcen, für eine Person allein wäre das Aufgabengebiet sehr umfangreich. Diese Doppelführung hat sich in der Vergangenheit durchaus bewährt.
ZANGL: Dazu kommt, dass der wirtschaftliche und der technische Bereich völlig konträr gelagert sind. Die Anforderungen steigen, demnach ist eine Trennung der Bereiche sehr effizient.

Wie lange seid Ihr bereits im E-Werk tätig?

ZANGL: Ich bin im 39. Dienstjahr und habe als Elektrotechniker-Lehrling im E-Werk  begonnen. Beide haben wir die HTL-Matura auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt und zusätzlich habe ich berufsbegleitend ein FH-Studium in Wirtschaftsingenieurwesen sowie ein Masterstudium in Industrial Management absolviert.
HOFER: Ich habe im Jahr 1990 ebenso als Lehrling im Elektroinstallationsbetrieb des E-Werks begonnen. Demnach können wir beide auf langjährige Erfahrung und viel Firmenwissen zurückgreifen.

Stefan Zangl: "Wir als E-Werk Kindberg stehen vor dem Problem, Energie teuer einkaufen zu müssen und ebenso teuer an unsere Kunden weiterzugeben." | Foto: Ekatarina Paller
  • Stefan Zangl: "Wir als E-Werk Kindberg stehen vor dem Problem, Energie teuer einkaufen zu müssen und ebenso teuer an unsere Kunden weiterzugeben."
  • Foto: Ekatarina Paller
  • hochgeladen von Ekatarina Paller (Pashkovskaya)

In anderen Städten gibt es die Stadtwerke oder Stadtbetriebe, in Kindberg ist es das E-Werk. Welche Aufgabengebiete deckt das Unternehmen ab?
ZANGL: Alle unsere Aufgabengebiete haben ihren Ausgang in der Stromversorgung. Es beginnt bei der Energieerzeugung, geht weiter zum Energiehandel, hin zum Verteil-Netzbetrieb und mündet in den Elektroinstallationsbetrieb, wo beispielsweise Montagearbeiten für Photovoltaikanlagen durchgeführt werden. Das E-Werk ist kein klassischer Stadtwerke-Betrieb, sondern umfasst rein nur den Energiesektor, gegründet bereits 1904.
HOFER: Unser Aufgabengebiet geht auch weit übers Kindberger Stadtgebiet hinaus und reicht von St. Marein bis Krieglach – in Summe sind es 240 Quadratkilometer mit 880 Kilometer Leitungsnetz.
ZANGL: Damit zählen wir in der Steiermark zu den elft-größten Verteilernetzbetreiber und werden von der E-Control geprüft.

Wie viele Mitarbeiter sind beschäftigt?
ZANGL: Aktuell haben wir 54 Mitarbeiter, davon fünf Lehrlinge. Wir sind ständig auf der Suche nach Lehrlingen und nach jungen, motivierten Mitarbeitern, Bewerbungen sind jederzeit möglich.
HOFER: Der Facharbeitermangel bringt es mit sich, dass wir unsere Facharbeitskräfte selbst ausbilden. Damit hat jeder Lehrling nach seiner Lehrzeit die besten Chancen, sich im Unternehmen zu entwickeln und in jenem Bereich zu arbeiten, welcher ihm am interessantesten erscheint. 

Stark als Team: Aktuell sind 54 Mitarbeiter im E-Werk beschäftigt, davon fünf Lehrlinge. "Wir sind ständig auf der Suche nach Lehrlingen und nach jungen, motivierten Mitarbeitern", so die beiden Geschäftsführer. | Foto: Ekatarina Paller
  • Stark als Team: Aktuell sind 54 Mitarbeiter im E-Werk beschäftigt, davon fünf Lehrlinge. "Wir sind ständig auf der Suche nach Lehrlingen und nach jungen, motivierten Mitarbeitern", so die beiden Geschäftsführer.
  • Foto: Ekatarina Paller
  • hochgeladen von Ekatarina Paller (Pashkovskaya)

Das E-Werk deckt ja den Versorgungsauftrag der Gemeinde weitestgehend ab, ist auch eine 100 Prozent-Tochter der Stadt. Anderswo werden Stadtbetriebe ausgelagert, in Kindberg noch kein Thema?
ZANGL: Grundsätzlich ist dies eine Entscheidung des Eigentümers bzw. des Gemeinderates. Es hat auch schon Bestrebungen gegeben, das E-Werk in eine GmbH umzuwandeln, diese wurden aber in letzter Konsequenz nicht umgesetzt. Tatsache ist, dass es in der E-Wirtschaft nur mehr wenige 100-prozentige Eigenbetriebe von Kommunen gibt.

Wie der Name schon sagt, ist das E-Werk im Energiebereich tätig. Mit Wasserkraft, Sonnenstrom und Windpark-Beteiligung ist man “dick” drinnen in sämtlichen Formen der erneuerbaren Energie. Welche Strategie verfolgt man seitens des E-Werks?
ZANGL: Bei der Energieerzeugung geht es ganz klar darum, energieunabhängiger zu werden. Das funktioniert mit Beteiligungen wie beim Windpark Stanglalm, mit Revitalisierung am Beispiel unseres Mürzkraftwerkes und mit neuen Anlagen, wie unserer Photovoltaikanlage am Herzogberg. Wir sind bestrebt, mehr Strom aus eigener Erzeugung zu produzieren, um von den Börsenpreisen etwas unabhängiger zu werden.

Gibt es diesbezüglich Ausbaupläne?

HOFER: Ja, die gibt es, aber sie sind noch nicht spruchreif. Bei Bauprojekten von Energie-Erzeugungsanlagen muss mit langwierigen Verfahrensabläufen gerechnet werden, welche Jahre dauern können.
ZANGL: Hier ist die Politik gefordert, die Verfahrensprozesse deutlich zu beschleunigen. Umweltverträglichkeitsprüfungen sind für jedes mittelständische Unternehmen eine enorme Herausforderung. Widerstände bei solchen Bauprojekten sind nie auszuschließen.

Digital und analog: 800 Kilometer Leitungsnetz müssen gesteuert werden. Jürgen Hofer in der Schaltzentrale. | Foto: Ekatarina Paller
  • Digital und analog: 800 Kilometer Leitungsnetz müssen gesteuert werden. Jürgen Hofer in der Schaltzentrale.
  • Foto: Ekatarina Paller
  • hochgeladen von Ekatarina Paller (Pashkovskaya)

Wie weit entfernt ist man in Kindberg von einer tatsächlichen Energieautarkie, oder wird man durch diverseste Verschränkungen diese nie erreichen?
ZANGL: Energieautark zu sein ist gar nicht unser Bestreben. Eingebunden in ein europaweites Stromnetz wäre eine Autarkie ein Ding der Unmöglichkeit. Wir beziehen ja nicht nur Strom aus diesem Netz, sondern liefern auch beachtliche Mengen elektrischer Energie ins vorgelagerte Stromnetz zurück.
HOFER: Die richtige Frage wäre viel eher: Wieviel Strom wird hier in Kindberg produziert und wieviel wird verbraucht." Allein der Windpark Stanglalm erzeugt mehr Strom, als in Kindberg verbraucht wird – ausgenommen die großen Industriebetriebe. So gesehen sind wir mehr als zu 100 Prozent "Selbstversorger" – sofern der Wind geht und die Sonne scheint.

In Mürzhofen ist eine beachtliche Fläche als Vorrangzone für Photovoltaik ausgewiesen. Hier dürfte sich die Energie Steiermark breit machen. Ärgert man sich, dass man hier einem anderen Energieversorger Platz machen muss?
ZANGL: Vorrangzonen sind vom Land Steiermark ausgewiesene Flächen, was nicht heißt, dass mit den dortigen Grundbesitzern jemals verhandelt worden ist, bzw. es eine Zustimmung gibt. Es wird Aufgabe des jeweiligen Projektwerbers sein, hier in die Umsetzung zu kommen. Das E-Werk hat auf solchen Vorrangzonen keinen sogenannten Gebietsschutz und kann Projekte von Mitbewerbern nicht verhindern.

Die beiden Geschäftsführer im modernisierten Mürzkraftwerk, eingebettet ins E-Werks-Gelände in Kindberg. | Foto: Ekatarina Paller
  • Die beiden Geschäftsführer im modernisierten Mürzkraftwerk, eingebettet ins E-Werks-Gelände in Kindberg.
  • Foto: Ekatarina Paller
  • hochgeladen von Ekatarina Paller (Pashkovskaya)

Im Vorjahr sind die Energiekosten förmlich explodiert. Welche Rolle spielt dabei ein “kleiner” Energieversorger? Profitiert man nicht sogar von so einer Preisentwicklung?
ZANGL: Ja, die Energiepreise sind explodiert. Wir als E-Werk Kindberg stehen vor dem Problem, Energie teuer einkaufen zu müssen und ebenso teuer an unsere Kunden weiterzugeben. Den Strom, den wir einkaufen, der wird an der Börse gehandelt und wir müssen uns am börsenüblichen Kurs orientieren. Wäre der eigenerzeugte Anteil höher, so hätten wir vielleicht mehr Möglichkeiten. In dieser Hinsicht hat es keine Relevanz, ob wir ein kleiner oder großer Energieversorger sind.
HOFER: Ist der Preis sehr hoch, oder sehr niedrig, sind die Margen naturgemäß fürs Unternehmen kleiner. Insofern profitieren wir nicht von einem höheren Strompreis.

Hat man durch die eigenen Kraftwerke nicht auch die Möglichkeit, den Strompreis an die eigenen Kunden selbst zu regeln?
ZANGL: Ja, diese Möglichkeit haben wir – zwar eingeschränkt – und wir machen dies auch. Wir nutzen die eigenerzeugte Strommengen für unser Massenkundenportfolio und geben diese günstiger an unsere Kunden weiter. Wäre der Anteil an Eigenerzeugung höher, könnten wir – unter Einhaltung gesetzlicher und betriebswirtschaftlicher Vorgeben – günstigere Preise anbieten.

Weitere Beiträge aus der regionalen Wirtschaft:

"Jedes Windrad eine bewegliche Freiheitsstatue"
20.000 Besucher in Spital erwartet
Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
"Josh" wird bei den ersten "Mürzhofner Spring Vibes" in Kindberg am 8. Mai auf der Bühne stehen.  | Foto: Michael Strini
4

"Mürzhofner Spring Vibes"
Der Countdown zur Premiere läuft

Der Countdown zu den ersten "Mürzhofner Spring Vibes" am 8. Mai 2024 läuft und damit auch der Countdown zum Auftritt von "Josh" in Kindberg. Mit dabei an diesem Abend ist auch Singer-Songwriter Alexander Eder sowie Moderator und DJ "Daniel Düsenflitz". Karten sind noch in allen Kategorien erhältlich. KINDBERG. "Cordula Grün", "Expresso & Tschianti", "Martina" oder "Ich gehör repariert": Hits hat der österreichische Musiker "Josh" schon einige. Derzeit auf Deutschland-Tournee, gibt der Sänger am...

  • Stmk
  • Mürztal
  • Angelina Koidl
Anzeige
In Kapfenberg wird in Bahnhofsnähe um 25 Millionen Euro eine Stadtquartierlösung umgesetzt. | Foto: Grünbichler Immobilien
3

Bauen & Wohnen 2024
So viel kostet Wohnen im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag

Was zahlt man aktuell eigentlich fürs Wohnen im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag? Ein Blick in die aktuelle Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt. BRUCK-MÜRZZUSCHLAG. Die Region entlang des Mürztales wird durch den Südbahn-Korridor durch die Fertigstellung des Koralm- und Semmeringbasistunnels eine weitere Aufwertung erfahren. Rund um die Bahnhöfe Kapfenberg, Bruck und auch Mürzzuschlag haben Projektentwickler Großes vor. Zum Erwähnen wären die Projekte “Q4 Kapfenberg”, eine Quartierlösung mit...

  • Stmk
  • Bruck an der Mur
  • Markus Hackl

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.