Am Beispiel E-Werk Kindberg
Die Herausforderungen eines Energieversorgers
Als Energieversorgungsunternehmen ist das E-Werk Kindberg mit Wasserkraft, Sonnenstrom und Windkraft "dick drinnen" in der erneuerbaren Energie. Warum das erklären die Geschäftsführer Stefan Zangl und Jürgen Hofer.
MÜRZTAL. Seit 1. September hat das E-Werk Kindberg eine neue technische Führung. Stefan Zangl ist kaufmännischer Direktor, Jürgen Hofer der technische Geschäftsführer. Im WOCHE-Tischgespräch erklären sie sich selbst in ihren Funktionen und die des Unternehmens. Bemerkenswert: Beide Direktoren haben als Lehrlinge im E-Werk begonnen, haben berufsgleitend die HTL Matura absolviert und haben sich dann im kaufmännischen beziehungsweise technischen Bereich spezialisiert.
Es hat Tradition, dass die Geschäftsleitung des E-Werks Kindberg, sich auf zwei Köpfe verteilt. Warum diese Trennung und wie teilt Ihr Euch die Geschäftsführung auf?
STEFAN ZANGL. Die Aufgaben teilen sich, wie bei anderen Unternehmen auch, in einen kaufmännischen und einen technischen Bereich. Jeder Geschäftsführer ist für seinen Bereich hauptverantwortlich.
JÜRGEN HOFER: Es ist auch eine Frage der Ressourcen, für eine Person allein wäre das Aufgabengebiet sehr umfangreich. Diese Doppelführung hat sich in der Vergangenheit durchaus bewährt.
ZANGL: Dazu kommt, dass der wirtschaftliche und der technische Bereich völlig konträr gelagert sind. Die Anforderungen steigen, demnach ist eine Trennung der Bereiche sehr effizient.
Wie lange seid Ihr bereits im E-Werk tätig?
ZANGL: Ich bin im 39. Dienstjahr und habe als Elektrotechniker-Lehrling im E-Werk begonnen. Beide haben wir die HTL-Matura auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt und zusätzlich habe ich berufsbegleitend ein FH-Studium in Wirtschaftsingenieurwesen sowie ein Masterstudium in Industrial Management absolviert.
HOFER: Ich habe im Jahr 1990 ebenso als Lehrling im Elektroinstallationsbetrieb des E-Werks begonnen. Demnach können wir beide auf langjährige Erfahrung und viel Firmenwissen zurückgreifen.
In anderen Städten gibt es die Stadtwerke oder Stadtbetriebe, in Kindberg ist es das E-Werk. Welche Aufgabengebiete deckt das Unternehmen ab?
ZANGL: Alle unsere Aufgabengebiete haben ihren Ausgang in der Stromversorgung. Es beginnt bei der Energieerzeugung, geht weiter zum Energiehandel, hin zum Verteil-Netzbetrieb und mündet in den Elektroinstallationsbetrieb, wo beispielsweise Montagearbeiten für Photovoltaikanlagen durchgeführt werden. Das E-Werk ist kein klassischer Stadtwerke-Betrieb, sondern umfasst rein nur den Energiesektor, gegründet bereits 1904.
HOFER: Unser Aufgabengebiet geht auch weit übers Kindberger Stadtgebiet hinaus und reicht von St. Marein bis Krieglach – in Summe sind es 240 Quadratkilometer mit 880 Kilometer Leitungsnetz.
ZANGL: Damit zählen wir in der Steiermark zu den elft-größten Verteilernetzbetreiber und werden von der E-Control geprüft.
Wie viele Mitarbeiter sind beschäftigt?
ZANGL: Aktuell haben wir 54 Mitarbeiter, davon fünf Lehrlinge. Wir sind ständig auf der Suche nach Lehrlingen und nach jungen, motivierten Mitarbeitern, Bewerbungen sind jederzeit möglich.
HOFER: Der Facharbeitermangel bringt es mit sich, dass wir unsere Facharbeitskräfte selbst ausbilden. Damit hat jeder Lehrling nach seiner Lehrzeit die besten Chancen, sich im Unternehmen zu entwickeln und in jenem Bereich zu arbeiten, welcher ihm am interessantesten erscheint.
Das E-Werk deckt ja den Versorgungsauftrag der Gemeinde weitestgehend ab, ist auch eine 100 Prozent-Tochter der Stadt. Anderswo werden Stadtbetriebe ausgelagert, in Kindberg noch kein Thema?
ZANGL: Grundsätzlich ist dies eine Entscheidung des Eigentümers bzw. des Gemeinderates. Es hat auch schon Bestrebungen gegeben, das E-Werk in eine GmbH umzuwandeln, diese wurden aber in letzter Konsequenz nicht umgesetzt. Tatsache ist, dass es in der E-Wirtschaft nur mehr wenige 100-prozentige Eigenbetriebe von Kommunen gibt.
Wie der Name schon sagt, ist das E-Werk im Energiebereich tätig. Mit Wasserkraft, Sonnenstrom und Windpark-Beteiligung ist man “dick” drinnen in sämtlichen Formen der erneuerbaren Energie. Welche Strategie verfolgt man seitens des E-Werks?
ZANGL: Bei der Energieerzeugung geht es ganz klar darum, energieunabhängiger zu werden. Das funktioniert mit Beteiligungen wie beim Windpark Stanglalm, mit Revitalisierung am Beispiel unseres Mürzkraftwerkes und mit neuen Anlagen, wie unserer Photovoltaikanlage am Herzogberg. Wir sind bestrebt, mehr Strom aus eigener Erzeugung zu produzieren, um von den Börsenpreisen etwas unabhängiger zu werden.
Gibt es diesbezüglich Ausbaupläne?
HOFER: Ja, die gibt es, aber sie sind noch nicht spruchreif. Bei Bauprojekten von Energie-Erzeugungsanlagen muss mit langwierigen Verfahrensabläufen gerechnet werden, welche Jahre dauern können.
ZANGL: Hier ist die Politik gefordert, die Verfahrensprozesse deutlich zu beschleunigen. Umweltverträglichkeitsprüfungen sind für jedes mittelständische Unternehmen eine enorme Herausforderung. Widerstände bei solchen Bauprojekten sind nie auszuschließen.
Wie weit entfernt ist man in Kindberg von einer tatsächlichen Energieautarkie, oder wird man durch diverseste Verschränkungen diese nie erreichen?
ZANGL: Energieautark zu sein ist gar nicht unser Bestreben. Eingebunden in ein europaweites Stromnetz wäre eine Autarkie ein Ding der Unmöglichkeit. Wir beziehen ja nicht nur Strom aus diesem Netz, sondern liefern auch beachtliche Mengen elektrischer Energie ins vorgelagerte Stromnetz zurück.
HOFER: Die richtige Frage wäre viel eher: Wieviel Strom wird hier in Kindberg produziert und wieviel wird verbraucht." Allein der Windpark Stanglalm erzeugt mehr Strom, als in Kindberg verbraucht wird – ausgenommen die großen Industriebetriebe. So gesehen sind wir mehr als zu 100 Prozent "Selbstversorger" – sofern der Wind geht und die Sonne scheint.
In Mürzhofen ist eine beachtliche Fläche als Vorrangzone für Photovoltaik ausgewiesen. Hier dürfte sich die Energie Steiermark breit machen. Ärgert man sich, dass man hier einem anderen Energieversorger Platz machen muss?
ZANGL: Vorrangzonen sind vom Land Steiermark ausgewiesene Flächen, was nicht heißt, dass mit den dortigen Grundbesitzern jemals verhandelt worden ist, bzw. es eine Zustimmung gibt. Es wird Aufgabe des jeweiligen Projektwerbers sein, hier in die Umsetzung zu kommen. Das E-Werk hat auf solchen Vorrangzonen keinen sogenannten Gebietsschutz und kann Projekte von Mitbewerbern nicht verhindern.
Im Vorjahr sind die Energiekosten förmlich explodiert. Welche Rolle spielt dabei ein “kleiner” Energieversorger? Profitiert man nicht sogar von so einer Preisentwicklung?
ZANGL: Ja, die Energiepreise sind explodiert. Wir als E-Werk Kindberg stehen vor dem Problem, Energie teuer einkaufen zu müssen und ebenso teuer an unsere Kunden weiterzugeben. Den Strom, den wir einkaufen, der wird an der Börse gehandelt und wir müssen uns am börsenüblichen Kurs orientieren. Wäre der eigenerzeugte Anteil höher, so hätten wir vielleicht mehr Möglichkeiten. In dieser Hinsicht hat es keine Relevanz, ob wir ein kleiner oder großer Energieversorger sind.
HOFER: Ist der Preis sehr hoch, oder sehr niedrig, sind die Margen naturgemäß fürs Unternehmen kleiner. Insofern profitieren wir nicht von einem höheren Strompreis.
Hat man durch die eigenen Kraftwerke nicht auch die Möglichkeit, den Strompreis an die eigenen Kunden selbst zu regeln?
ZANGL: Ja, diese Möglichkeit haben wir – zwar eingeschränkt – und wir machen dies auch. Wir nutzen die eigenerzeugte Strommengen für unser Massenkundenportfolio und geben diese günstiger an unsere Kunden weiter. Wäre der Anteil an Eigenerzeugung höher, könnten wir – unter Einhaltung gesetzlicher und betriebswirtschaftlicher Vorgeben – günstigere Preise anbieten.
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