Schock bei Photovoltaik
Tausende unbewilligte PV-Anlagen am Netz
In den letzten Jahren hat sich eine unerwartete Entwicklung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien abgezeichnet: Guerilla-Photovoltaik-Anlagen, auch bekannt als "wilde" PV-Anlagen, finden sich vermehrt im Stromnetz. Diese Anlagen werden ohne gültige Netzzutrittsverträge installiert und können erhebliche Auswirkungen auf das Stromnetz sowie auf die Betreiber haben.
NÖ. Netz NÖ Experte Kurt Reinagel erklärt, dass allein in ihrem Netzgebiet schätzungsweise 2.000-4.000 solcher Guerilla-Anlagen aktiv sind. Diese Anlagen variieren von kleinen Balkonmodulen bis hin zu größeren Installationen. Doch die genaue Anzahl und Verteilung ist schwer zu bestimmen, was die Problematik noch verschärft. „Photovoltaik-Anlagen ohne gültigem Netzzutrittsvertrag sind weiter verbreitet als bisher angenommen. In unserem Netzgebiet speisen schätzungsweise 2.000-4.000 der sogenannten „wilden“ PV-Anlagen ein.“
Nachteile für Anlagen- und Netzbetreiber
„Viele Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaik-Anlagen können es kaum erwarten, Sonnenstrom zu produzieren und ihren Beitrag für eine erneuerbare Energiezukunft zu leisten. Sie handeln mit bestem Wissen und Gewissen, wenn sie ihre errichteten Anlagen sofort ans Netz bringen“,
erzählt Reinagel: „Aber wie ein Sprichwort sagt ´gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht´.“
Der Betrieb solcher unbewilligten Anlagen bringt verschiedene Nachteile mit sich, sowohl für die Anlagenbetreiberinnen und Betreiber als auch für die Netzbetreiber. Für letztere führen diese Anlagen zu unvorhergesehenen Spannungsanhebungen und stellen eine potenzielle Belastung für die Netzstabilität dar. Da sie nicht in die Netzberechnungen einfließen, können sie das Netz früher an seine Kapazitätsgrenzen bringen, was im schlimmsten Fall zu Stromausfällen führen kann. Darüber hinaus verursachen sie zusätzliche Kosten für die Sicherstellung der Netzstabilität und die Beschaffung von Regelenergie.
"Genau deswegen fordern wir auch den raschen und massiven Netzausbau. Wer A sagt, muss auch B sagen – wer mehr Ökostrom will, braucht auch mehr Stromnetze. Und damit die Netze entlastet werden, braucht es zusätzlich auch innovative Lösungen zur Strom-Speicherung, von großen Hybridspeichern bis zu kleinen Grätzelspeichern", so LH Stellvertreter Stephan Pernkopf.
Was Betreibende von unbewilligten PV-Anlagen tun können:
Für die Betreiberinnen und Betreiber der Guerilla-Anlagen gibt es ebenfalls Nachteile. Sie haften für eventuelle Schäden, die durch ihre nicht bewilligten Anlagen entstehen
„Und zu guter Letzt wird der erzeugte Strom hergeschenkt“,
erläutert Reinagel. Viele handeln möglicherweise aus Unwissenheit, da sie die rechtlichen Anforderungen nicht kennen oder unterschätzen.
Balkonkraftwerke
Eine spezielle Art von Guerilla-Photovoltaik-Anlagen sind die sogenannten Balkonkraftwerke oder Balkonmodule. Diese Kleinsterzeugungsanlagen mit einer maximalen Leistung von 800 W sind meldepflichtig, aber nicht bewilligungspflichtig.
„Seit 2021 wurden uns rund 8.500 Balkonkraftwerke gemeldet. Dazu kommen die Anlagen, die nicht gemeldet wurden.“,
so Reinagel. Das Anmelden der Balkonmodule beim Netzbetreiber ist einfach und erfolgt online. Es ist kein Stromabnahmevertrag erforderlich, da Balkonkraftwerke für den Eigenverbrauch gedacht sind. Dennoch müssen Betreiberinnen und Betreiber sicherstellen, dass ihre Anlagen den europäischen Normen entsprechen und entsprechend zertifiziert sind. „Achten Sie auf ein CE-Zeichen und einen Konformitätsnachweis einer zertifizierten Prüfstelle“, erklärt Reinagel.
Die EVN-Tochter Netz NÖ verzeichnete im vergangenen Jahr mehr als 43.000 Fertigmeldungen von Photovoltaik-Anlagen, sodass nun bereits mehr als 100.000 Sonnenkraftwerke in ihr Netz einspeisen. Etwa ein Viertel aller Sonnenkraftwerke Österreichs befinden sich in Niederösterreich. Guerilla-Photovoltaik-Anlagen stellen aber eine Herausforderung für die Netzstabilität und die rechtlichen Rahmenbedingungen dar. Sowohl Anlagen- als auch Netzbetreiber müssen sich der Risiken bewusst sein und dafür sorgen, dass alle Anlagen ordnungsgemäß bewilligt und betrieben werden. Eine bessere Aufklärung der Betreiberinnen und Betreiber und eine effektivere Überwachung könnten dazu beitragen, dass diese unerlaubten Anlagen reduziert werden und die Sicherheit des Stromnetzes gewährleistet ist.
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