Corona-Experte Lamprecht
Normaler Schulstart im Herbst – Impfung Mitte 2021 wahrscheinlich

Primar Bernd Lamprecht ist Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde / Pneumologie am Kepler Universitäts Klinikum, stellvertretender Dekan an der Medizinischen Fakultät der JKU und
wissenschaftlicher Leiter der Pneumologischen Rehabilitation, Rehaklinik Enns.
 | Foto: Kepler Universitäts Klinikum
  • Primar Bernd Lamprecht ist Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde / Pneumologie am Kepler Universitäts Klinikum, stellvertretender Dekan an der Medizinischen Fakultät der JKU und
    wissenschaftlicher Leiter der Pneumologischen Rehabilitation, Rehaklinik Enns.
  • Foto: Kepler Universitäts Klinikum
  • hochgeladen von Thomas Winkler, Mag.

Primar Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Uni Klinikum, über die Erfahrungen mit Corona, die Fortschritte bei der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen, den Schulstart im Herbst und ab welcher Zahl von Corona-Fällen in Oberösterreich es kritisch wird.

BezirksRundschau: Die Quarantänedauer wurde zuletzt von 14 auf zehn Tage verkürzt – was steckt hinter dieser Entscheidung?
Lamprecht:
Aus den bisherigen Erfahrungen gehen wir davon aus, dass jemand zwei Tage bevor er die ersten Covid19-Symptome zeigt ansteckend ist und bis zu fünf Tage nach dem Auftreten dieser ersten Symptome. Macht zusammengerechnet sieben Tage – mit zehn Tagen ist man also auf der sicheren Seite. Die Quarantäne endet aber nur nach zehn Tagen, wenn der Erkrankte beschwerdefrei und symptomlos ist.

Zuletzt gab es auch wieder in Zusammenhang mit Corona Todesfälle von älteren Menschen – hätte man sie auch nicht durch das Verbreichen von Plasma mit Corona-Antikörpern retten können?
Nein, diese Todesfälle wären auch durch das Antikörper-Plasma nicht zu vermeiden gewesen, da die Verstorbenen an zusätzlichen Infektionen und teilweise an Vorerkrankungen litten. Das mehrere Monate lagerbare Plasma mit den Antikörpern wird ja aus dem Blut von Genesenen gewonnen. Wir haben in Linz genug davon, um mehrere schwere Fälle zu behandeln. Es kam bisher nicht zum Einsatz, es ist aber eine wertvolle Option für den Herbst und den Winter, wenn mehr und schwerere Corona-Fälle auftreten. Das Plasma wird nur verwendet, wenn es unbedingt notwendig ist.

Penninger-Medikament noch in der Studienphase

Welche Erfahrungen gibt es mit den Medikamenten, die zur Behandlung von Corona-Patienten eingesetzt werden? Die Rede ist ja immer wieder vom ursprünglichen Ebola-Mittel Remdesivir und vom Medikament des Innviertler Forschers Josef Penninger, das ja bei Ihnen am Kepler Uniklinikum erprobt wird.
Remdesivir ist in der Lage, den Krankenhausaufenthalt von Corona-Patienten um drei bis vier Tage zu verkürzen. Das ist kein durchschlagender Erfolg, aber eine von mehreren Säulen in der Behandlung. Das Problem: Die USA haben alle Vorräte aufgekauft, vor dem Herbst dürfte es keine Ware für Europa geben. Wir haben hier noch genug Dosen, um einige Dutzend Patienten zu behandeln und hoffen, im Herbst Nachschub zu bekommen.
Das Penninger-Medikament wird derzeit an 17 Patienten in Europa erprobt, sieben davon hier in Linz. Eine Zwischenauswertung soll es frühestens nach 100 behandelten Patienten geben. Die bei uns damit behandelten Patienten sind alle genesen und hatten keine relevanten Nebenwirkungen, aber: Erstens ist die Fallzahl von sieben zu klein, um Schlüsse daraus zu ziehen. Und zweitens handelt es sich ja um ein Studie. Wir und die Patienten wissen nicht, ob sie das Medikament oder nur ein Placebo verabreicht bekommen.

Wenn das Tempo so aufrechterhalten bleibt, dann halte ich es für gut möglich, dass Mitte nächsten Jahres ein Impfstoff für die Risikogruppen und für das Gesundheitspersonal zur Verfügung steht.

Für die Rückkehr zum früheren gesellschaftlichen Leben braucht es ja eine Impfung – zuletzt hieß es, dass mehrere Produzenten bis Mitte nächsten Jahres einen Impfstoff zur Verfügung stellen können. Wann ist aus Ihrer Sicht in Österreich mit einer Corona-Impfung zu rechnen?
Es ist beeindruckend, was der Impfstoff-Forschung in nur fünf bis sechs Monaten gelungen ist, das dauert sonst fünf bis sieben Jahre. Wenn das Tempo so aufrechterhalten bleibt, dann halte ich es für gut möglich, dass Mitte nächsten Jahres ein Impfstoff für die Risikogruppen und für das Gesundheitspersonal zur Verfügung steht. Die Forscher haben bereits gezeigt, dass die Impfstoffe in der Lage sind, mehr Antikörper zu bilden, als wenn jemand schwer erkrankt. Sie sollten also einen Schutz bieten. Jetzt geht es noch darum, die Sicherheit der Impfstoffe zu prüfen.

Mund-Nasen-Schutz im Unterricht statt Schulschließung

Zum Schulstart im Herbst wird noch keine Impfung zur Verfügung stehen – trotzdem soll er nach dem Willen der Politik ohne Einschränkungen erfolgen. Wie optimistisch sind Sie in dieser Hinsicht?
Ich glaube, dass es einen normalen Schulstart geben wird. Kinder haben einen milderen Krankheitsverlauf und spielen als Überträger von Corona nicht die gleiche Rolle wie Erwachsene. Wir müssen uns aber vorbereiten, damit wir nicht von einer Klassen- oder Schulschließung in die nächste hüpfen. Das wäre etwa folgendermaßen möglich: Wenn ein Kind in einer Schulklasse positiv getestet wird, muss es natürlich für zehn Tage in Quarantäne. Den anderen Kindern könnte man aber weiterhin den Schulbesuch erlauben, wenn sie symptomfrei sind, dann aber möglicherweise mit einer Mund-Nasen-Schutzmaske auch während des Unterrichts. Bis Ende August soll es einen konkreten Plan für einen normalen Schulstart geben. In jedem Fall müssen wir uns einfach an eine höhere Zahl an Corona-Fällen gewöhnen.

Ab 5000 Erkrankten in OÖ wird es kritisch

Mit Stand 4. August gab es in Oberösterreich 251 Corona-Infizierte (aktuelle Zahl der Fälle) – welche Zahl ist für das Gesundheitssystem denn verkraftbar, ab wann wird es kritisch?
Die derzeitige Entwicklung sollten wir halten, weil die Zahl der Fälle trotz der vergleichsweise geringen Einschränkungen niedrig ist. Kritisch wird es jenseits von 5000 Erkrankten in Oberösterreich, aushalten müsste das Gesundheitssystem 8000 bis 9000 Erkrankte, weil etwa zehn Prozent der Fälle einen schwereren Verlauf nehmen und medizinisch behandelt werden müssen. Die Risikogruppen müssen sich allerdings mehr schützen, wenn die Einschränkungen für die Allgemeinheit nicht zu groß sind und so der Umgebungsschutz nicht gegeben ist.

Interview mit Primar Lamprecht vom 25. Juni:
"Fürchte noch keine große 2. Welle", aber "Respekt vor Grenzöffnungen"

Anzeige
Foto: Oliver Hoffmann - stock.adobe.com
3

Das Arbeitsmarktservice (AMS) vermittelt
Damit Arbeitskraft und Unternehmen zusammenpassen

Jene zusammenzubringen, die bestens zusammenpassen, nennt man ein gelungenes „Matching“. Ob dies nun Lebenspartner/Partnerinnen sind oder – davon ist hier die Rede – Arbeitskraft und Unternehmen. Die Vermittlerrolle nimmt dabei das Arbeitsmarktservice (AMS) ein. Wie gelingt dieses Matching möglichst optimal?Es gelingt dann, wenn die Beteiligten möglichst präzise wissen und sagen können, was und wen sie brauchen. Für mich als Jobsuchenden heißt das, mir die Stellenausschreibung genau anzusehen,...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Oberösterreich auf MeinBezirk.at/Oberösterreich

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau auf Facebook: MeinBezirk.at/Oberösterreich - BezirksRundSchau

BezirksRundSchau auf Instagram: @bezirksrundschau.meinbezirk.at

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus deinem Bezirk und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.