Irrtümer und Haftungsfragen
Rechte und Pflichten beim Mountainbiken und Wandern

Rechte und Pflichten beim Wandern und Mountainbiken | Foto: OÖT/Erber
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  • Rechte und Pflichten beim Wandern und Mountainbiken
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Gerade im Frühling zieht es viele Mountainbiker und Wanderer wieder hinaus in den Wald. Die gemeinsame Nutzung von Wegen in der Natur birgt allerdings ein beträchtliches Konfliktpotenzial zwischen Wanderern, Mountainbikern, Jägern, Förstern, Grundeigentümern, Wegewarten sowie Holz- und Tourismusbetrieben.

OÖ. Über die Rechte und Pflichten halten sich hartnäckig zahlreiche Mythen. Antworten auf die wichtigsten Fragen gibt Armin Kaltenegger, der Leiter des Bereichs Recht und Normen im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV).

Darf man mit dem Mountainbike auf Wanderwegen fahren?
Grundsätzlich nicht, außer der Weg ist als „Shared Trail“ – also zur gemeinsamen Nutzung mit Wanderern –, als „Trail“ oder Mountainbikestrecke durch entsprechende Beschilderung ausgewiesen.

Welche Verhaltensregeln gelten auf „Shared Trails”? 
Auf „Shared Trails“ gilt ein gegenseitiges Rücksichtnahmegebot. Konkrete Regeln, wer welche Seite des Wegs benützt oder wohin ausweicht, gibt es nicht. Für Mountainbiker gilt der Ehrenkodex, dass sie Wanderern grundsätzlich den Vorrang einräumen, langsamer werden und eventuell stehenbleiben, um gefahrlos aneinander vorbeizukommen. Zudem sollten sie ausreichend Seitenabstand einhalten. 

Was ist, wenn ein Wanderer auf einer ausdrücklich ausgewiesenen Mountainbikestrecke unterwegs ist? 
Das ist grundsätzlich für Wanderer verboten. Im Falle eines Unfalles wird es ein erhebliches Mitverschulden geben. Wanderer bringen sich dadurch selbst in eine schlechte praktische und juristische Situation.

Im Wald nicht mit dem Rad fahren

Im Wald gilt ein freies Betretungsrecht für Fußgänger und ein generelles Fahrverbot. Nur dort, wo es ausdrücklich erlaubt ist, darf man mit dem Rad fahren, also in der Regel auf ausgewiesenen Mountainbikestrecken. Wer ein Rad schiebt, gilt als Fußgänger, diese dürfen sich im Wald frei bewegen.

Wo darf man ganz grundsätzlich mit dem Mountainbike fahren? Darf man überall fahren, solange es keine anderslautenden Schilder gibt, oder muss man sich vorher erkundigen?
Im Wald ist das Befahren jedes Weges verboten, außer es gibt eine entsprechende positive Beschilderung.  Das gilt auch auf einer Forststraße. Davon abgesehen, darf man im Ödland, oberhalb der Waldgrenze, nur auf gekennzeichneten Wegen fahren. Auf Feldern und dergleichen gilt ein Betretungsverbot – es sei denn, man befindet sich auf einer öffentlichen Straße. Ob ein Feldweg eine öffentliche Straße ist oder nicht, ergibt sich aus Tafeln und dem Erscheinungsbild. 

Gibt es in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen?
Soweit es den Wald betrifft, kommt ein Bundesgesetz zur Anwendung, das ist also in ganz Österreich gleich. Unterschiede gibt es im Ödland, oberhalb der Waldgrenze. Hier gelten je nach Landesrecht unterschiedliche Rechtsvorschriften.

Gilt auf Forststraßen die Straßenverkehrsordnung (StVO)? 
Ja, aber in abgeschwächter Form. Grundsätzliche Regeln wie Fahren auf Sicht, Abstand halten, Rechtsfahrordnung und dergleichen gelten jedenfalls. Ordnungsvorschriften wie das Aufstellen von Verkehrszeichen oder bestimmte Halte- und Parkverbote sind aber nicht anwendbar.

Welche Folgen drohen beim Ignorieren des Schildes „Weiterfahren auf eigene Gefahr“? Ist man tatsächlich für alle Gefahren selbst verantwortlich?
Als Mountainbiker ist man auf eigene Gefahr unterwegs. Wer im Wald unterwegs ist, muss mit typischen Gefahren wie Wurzeln, losen Steinen usw. rechnen. Ein derartiges Schild kann Haftungsregeln, die im Gesetz stehen, nicht übertrumpfen. Es kann höchstens ein Hinweis darauf sein, dass hier keine Haftung aufgrund gesetzlicher Vorschriften besteht, aber dann schafft das Schild keine neue Rechtslage. 

Achtung - Forstliches Sperrgebiet!

Arbeiten im Wald führen zu einer forstlichen Sperre – die richtige Beschilderung vorausgesetzt. Beim Befahren oder Begehen drohen relativ strenge Strafen. Waldarbeiter dürfen davon ausgehen, dass niemand daherkommt.

Haftet bei einem Unfall immer der Grundeigentümer?
Nein, dieser haftet so gut wie nie. In erster Linie haftet der Mountainbiker selbst. Er ist primär für sich selbst verantwortlich und hat einen Schaden zu tragen. Nur in Ausnahmefällen, wenn durch grobe Fahrlässigkeit eine atypische Gefahr geschaffen wurde (beispielsweise, wenn eine Brücke so morsch ist, dass sie zusammenbricht), kann der Wegehalter haften. Der Wegehalter ist derjenige, der sich um den Weg kümmert, zum Beispiel ein alpiner Verein, ein Hüttenwirt, der Tourismusverband usw. Bei Mountainbikestrecken ist das sehr oft nicht der Eigentümer. Gerichte tendieren aber dazu, Mountainbiker an ihre Selbstverantwortung beim Befahren des Waldes zu erinnern.

Dürfen Grundeigentümer, Jäger oder Förster einen Mountainbiker aufhalten? Vielleicht sogar mittels physischer Gewalt oder einer Waffe?
Darauf gibt es keine pauschale Antwort – es kommt darauf an, wer eingreift:

  • Der Grundeigentümer ist kein Exekutivorgan und hat keine behördlichen Rechte. Trotzdem darf er sein Eigentum schützen, allerdings nur in angemessenem Ausmaß (Anhalten der Person, wegweisen). Gewalt wird nicht dazugehören, schon gar nicht Waffengewalt.
  • Jäger dürfen nur bei Eingriffen in fremde Jagdrechte (Wilderei) tätig werden.
  • Förster/Forstschutzorgane haben die meisten Möglichkeiten. Sie sind berechtigt, einen Ausweis zu verlangen und in Ausnahmefällen sogar eine Festnahme vorzunehmen. Sie dürfen eine Waffe tragen, aber die Androhung von Waffengewalt wird hier unangemessen sein.
  • Sonstige Personen wie Wanderer oder Waldarbeiter haben keine Möglichkeiten.

Nicht alle Mountainbiker halten sich an freigegebene Wege. Welche Möglichkeiten der Entschädigung haben Grundeigentümer?
Grundsätzlich  gibt es kein öffentliches Netz, das Schäden auffängt. Es gilt das Verursacherprinzip. Entschädigung kann man nur vom Schädiger und dessen Versicherung verlangen. Es gibt jedoch Versicherungsmodelle für Wegenetze. 

Wenn ich als Wegehalter Benützungsentgelt von Bikern verlange, ist meine Haftung dann strenger?
Ja, denn grundsätzlich haften Erhalter von Wegen nur für grobe Fahrlässigkeit; wird aber ein Entgelt verlangt (z. B. in Bikeparks), dann wird schon für leichte Fahrlässigkeit gehaftet. Primär bleibt aber der Sportausübende selbst für sein Verhalten verantwortlich.

Wenn ich als Grundeigentümer das Mountainbiken erlaube, gilt dadurch auf der Forststraße plötzlich die Straßenverkehrsordnung (StVO)?
Die Angst mancher Grundeigentümer, dass mit der Erlaubnis des Mountainbikens auf ihrer Forststraße dann auch die StVO gilt, ist unbegründet. Die StVO gilt auf Forststraßen sowieso immer, ist aber nur eingeschränkt anzuwenden.

Videoüberwachung ist verboten

Eigentumsschutz rechtfertigt nicht alle Arten und Methoden der Überwachung. Sofern nicht sichergestellt ist, dass durch die Überwachung unbeteiligte Dritte aufgenommen werden, ist eine Überwachung verboten, auch wenn sie angekündigt wird. Als Schutz vor dem unberechtigten Benutzen z. B. einer Forststraße ist Videoüberwachung ein ungeeignetes Mittel, denn sie wird auch alle (legalen) Wanderer aufnehmen und diese damit ohne Rechtfertigung in deren Grundrecht auf Datenschutz verletzen. Damit macht sich der Verantwortliche strafbar und zivilrechtlich angreifbar.

Wanderer bleiben nicht immer auf den Wegen, sondern weichen auch einmal davon. Wie ist das, wenn etwas passiert?
Laut Forstgesetz haben Fußgänger ein freies Betretungsrecht des Waldes. Ein Verbot gilt überall dort, wo ein forstliches Sperrgebiet besteht. Dieses muss gekennzeichnet sein. Grundsätzlich kann sich ein Wandereer frei im Wald bewegen. Wenn etwas passiert, ist er selbst verantwortlich. Wer den Weg verlässt, muss etwa mit Stolpergefahr rechnen, diese kann er aber niemandem vorwerfen. Auf Almen gilt generell, dass ein Wanderer diese auf den Wegen betreten darf. Diese Wege darf er aber nicht verlassen. Kommt man bei Weidetieren vorbei, muss man sich angemessen und vorsichtig verhalten. Man darf dort gehen, muss sich der Gefahren aber bewusst sein. Sorgfalt und Vorsicht steigen dann, wenn man Tiere mitführt – in der Regel Hunde. Möglicherweise muss man einen Umweg gehen oder umkehren. Ein Tierhalter muss für die angemessene und zumutbare Baufsichtigung sorgen. In der Regel wird von Viehhaltern nicht verlangt, alles zu beschildern und einzuzäunen. Im Wesentlichen gilt: Ein Wanderer darf dort gehen, muss aber selbst dafür sorgen, dass er den Abstand einhält.

Welche Auswirkungen hat das „Kuh-Urteil“ auf andere Bauern?(Anm.: Der Oberste Gerichtshof hatte im Zuge einer tödlichen Kuhattacke in Tirol im Jahr 2014 im Mai 2020 die Teilschuld eines Landwirtes und der attackierten Hundehalterin bestätigt)
Das Urteil hat eine sehr geringe Auswirkung. Dieser Vorfall hat nicht unter den typischen Umständen stattgefunden, die beim Mountainbiken für gewöhnlich vorliegen, und ist daher auf klassische Situationen kaum übertragbar. Die gerichtliche Aufarbeitung hat aber gezeigt, dass davon nicht viele Landwirte betroffen sind. 

Weitere Informationen über Rechte und Pflichten von Mountainbikern und Wanderern gibt es beim Kuratorium für Verkehrssicherheit.

Rechte und Pflichten beim Wandern und Mountainbiken | Foto: OÖT/Erber
Armin Kaltenegger, Leiter des Bereichs Recht- und Normen im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). | Foto: KFV
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