Felix Eypeltauer-Interview
"Brauchen in Oberösterreich die beste Kinderbetreuung"

Der 29-jährige Felix Eypeltauer ist Spitzenkandidat der Neos bei der Oö. Landtagswahl. Am Foto mit Neos-Bundeschefin Beate Meinl-Reisinger. | Foto: Neos/Böhm
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  • Der 29-jährige Felix Eypeltauer ist Spitzenkandidat der Neos bei der Oö. Landtagswahl. Am Foto mit Neos-Bundeschefin Beate Meinl-Reisinger.
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Zahlreiche Umfragen, auch jene der BezirksRundschau, sehen die Neos am Sprung in den Oö. Landtag. Spitzenkandidat Felix Eypeltauer spricht im BezirksRundschau-Interview über den Proporz, Bildungspolitik und was die Kleinpartei im Landtag bewegen kann.

Mehr zur OÖ-Wahl am 26. September auf:  meinbezirk.at/4557845

Warum braucht es die Neos im Landtag? Es hat ja bisher gut funktioniert, oder?
Die Parteien, die regieren, versuchen zu suggerieren, dass eh alles ganz gut funktioniert. Aber das sehen wir und viele Menschen in Oberösterreich anders. Ich bin seit vielen Wochen unterwegs im Bundesland und man stellt schon fest, dass der Eindruck in der Bevölkerung vorherrscht, dass sich die Politik nur mehr um sich selber dreht. Da geht es nur um Posten, um Freunderlwirtschaft, um Macht und Inszenierung.
In Oberösterreich gibt es keine heile Welt: Wir stellen etwa die Kinderbetreuung ganz nach oben, Bildungspolitik ist für uns das wichtigste Themenfeld. Nur 16 Prozent der Kinderbetreuungseinrichtungen in OÖ schaffen etwa die grundlegenden Kriterien für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das ist in einem wohlhabenden Industrie-Bundesland eigentlich ein Alarmzeichen und eine Bankrotterklärung.

Eine Ihrer Forderungen lautet: "Politik ohne Korruption". Wer ist denn korrupt in Oberösterreich?
Das ist ein generelles Problem in der österreichischen Politik. Das zieht sich runter – von der türkisen Familie auf Bundesebene bis in die Länder. Ein Beispiel war die Besetzung des Finanzamts Braunau-Ried-Schärding. Diesen Job hat nicht die langjährige Stellvertreterin bekommen, sondern der ÖVP-Bürgermeister einer Kleingemeinde. Diese Dame ist dann bis zum Bundesverwaltungsgericht gegangen und hat Recht bekommen. Wir haben also einen dokumentierten Postenschacher durch die ÖVP.

Aber ist Korruption nicht ein zu großes Wort? Da steckt ja kein Bereicherungsvorsatz hinter einer Postenbesetzung.
Es geht um strukturelle Korruption und eine Gutsherrenmentalität, die die ÖVP an den Tag legt. Das passiert im Großen wie auch im Kleinen – auf Landesebene und in den Gemeinden. Am Schluss geht es immer darum, dass jeder Steuer-Euro bestmöglich eingesetzt wird und nicht im Interesse einer Partei. Das passiert in Oberösterreich nicht so, wie es sein könnte, weil wir eine zu mächtige Partei, die ÖVP, haben.

Also Kritik nur an der ÖVP?
Die Kritik richtet sich in erster Linie an die ÖVP als Landeshauptmann-Partei, aber auch an die anderen Parteien, die als Kontrollkräfte nicht spürbar sind oder bei diesem System mitmachen. Grünen-Chef Stefan Kaineder hat etwa vor ein paar Monaten eine Steuergeld-finanzierte Plakatkampagne in ganz Oberösterreich ausgerollt. Da war neben seinem Gesicht der Slogan: „Einer allein ist mutig, viele retten das Klima“ zu sehen. Das haben die Steuerzahler finanziert und das ist genau das, was wir immer kritisiert haben. Man gibt Steuergeld aus, ohne Mehrwert für die Bevölkerung. Das ist einfach unanständig. Das werfe ich den Grünen vor.

Sie treten für die Abschaffung des Proporz ein. Als Gegenargument könnte man ja sagen, dass dieses System auch radikalere Kräfte quasi zur Mitarbeit "verdonnert". Was soll denn daran schlecht sein?
Ich weiß jetzt nicht, wen Sie mit radikal meinen, eventuell die FPÖ …

… das war generell gemeint. Aber wenn man die FPÖ im Bund und in Oberösterreich vergleicht, ist sie hierzulande sicher wesentlich gemäßigter.
Das ist vielleicht ein Nebenthema, aber ich denke, dass man den Herrn Haimbuchner nicht so billig davonkommen lassen darf. Der kann sich so viele Schafsfelle anziehen, wie er will, am Ende ist er Teil einer Partei, die in weiten Teilen rechtsradikal ist, Corona leugnet und verharmlost, die Menschen vom Impfen abbringt und die bereit ist, gegen Minderheiten zu hetzen. Aber zum Thema: Proporz ist Stillstand und ein völliges Fehlen von Kontrolle. Alle sind in der Regierung und niemand schaut denen auf die Finger …

… der Landesrechnungshof ist sicher wenig erfreut, wenn Sie das sagen.
Ich bin ein großer Fan der Rechnungshöfe, aber beim Proporz reden wir ja von politischen Kräften. Und es gibt eine "Beißhemmung" von denen, die gleichzeitig in Regierung und Landtag sitzen. Genau deshalb würden wir eine Opposition sein, die Dinge frei ansprechen kann und sich nicht fürchten muss, bei Budgetverhandlungen zu kurz zu kommen.

Die Neos verstehen sich als Wirtschaftspartei. Was muss sich wirtschaftspolitisch ändern in OÖ?
Kurzfristig gibt es einen großen Handlungsauftrag an die Landespolitik: Wir brauchen die flächendeckend beste und flexibelste Kinderbetreuung. Eine funktionierende Kinderbetreuung ist für viele Betriebe das wichtigste Thema. Die ÖVP-Landesregierung hat vor einigen Jahren den gegenteiligen Weg eingeschlagen und die Gratis-Nachmittagsbetreuung abgeschafft. Dadurch sind mindestens 4.000 Kinder weniger in Betreuung und die Eltern müssen sich überlegen: Wer geht arbeiten, wer arbeitet Teilzeit oder wer bleibt zu Hause. Das können wir uns als Wirtschaftsstandort nicht leisten, es ist sozialpolitisch unklug und ein altmodisches Familienbild.

Die ÖVP würde antworten: Jeder, der Betreuung braucht, bekommt diese auch.
Das ist nicht richtig, ich wüsste gerne, wie die ÖVP das begründet. Denn gerade bei der Kinderbetreuung folgt der Bedarf dem Angebot, das ist ähnlich wie beim öffentlichen Verkehr. Am Ende führt der derzeitige Weg der ÖVP dazu, dass am Arbeitsmarkt gut ausgebildete Fachkräfte fehlen und dass jene, die eine Nachmittagsbetreuung in Anspruch nehmen würden, das nicht können, weil ganze Gruppen wegfallen.

Felix Eypeltauer, Neos. | Foto: Neos

Nochmal zur Wirtschaftspolitik: Bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage tut man sich als „Wirtschaftspartei“ schwer, Kritik zu üben, oder?
Es werden derzeit händeringend Fachkräfte gesucht, aber die sind einfach nicht da. Wenn es diese Leute nicht gibt, dann können unsere Betriebe den Wohlstand und die Innovationskraft nicht aufrecht erhalten. Da sehe ich einen großen Arbeitsauftrag an die Landespolitik.

Was schlagen Sie konkret vor?
Jahrzehntelang ist es uns in Oberösterreich ja sehr gut gegangen, weil wir so eine starke Industrie haben. Die Frage ist somit, was wir anders machen müssen, damit das weiterhin so bleibt.

Es gäbe ja mehrere Ansatzpunkte: Einer wäre, die Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose zu verschärfen.
Es braucht einen stärkeren Anreiz, sich weiter zu bilden und wieder in die Berufstätigkeit zu gehen. Unser Vorschlag ist ein Modell, bei dem das Arbeitslosengeld am Anfang höher ist als derzeit, aber dann sinkt, damit ein Anreiz da ist. Was nicht sein darf, ist, dass man sich in der Arbeitslosigkeit wohler fühlt als in der beruflichen Tätigkeit – das sehen wir derzeit, aber das muss sich ändern.

Also die Antwort auf die Frage nach verschärften Zumutbarkeitsbestimmungen wäre: Ja?
Ja, obwohl es ein Bundesthema ist, sind wir dafür. Aber man muss natürlich darauf aufpassen, dass man keine Härten schafft. Ich will kein Oberösterreich, in dem Menschen drei Jobs brauchen. Die USA sind sicher kein Vorbild für uns.

Ein anderes Thema ist die Migrationspolitik: Wären Sie für einen früheren Zugang von Asylwerbern zum Arbeitsmarkt?
Wir brauchen qualifiziert Migration aus der ganzen Welt, weil wir einfach zu wenige Fachkräfte haben. Ich möchte, dass für die Softwareentwicklerin aus Tel Aviv der rote Teppich ausgerollt wird. Die Lebensqualität muss so gut sein, dass sich Fachkräfte entscheiden, nach Oberösterreich zu kommen. Und zu den Flüchtlingen: Es ist ein Wahnsinn, dass man Menschen, die jahrelang bei uns bleiben, nicht auf den Arbeitsmarkt lässt. Der frühzeitige Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge war uns immer ein Anliegen.

Felix Eypeltauer, Neos. | Foto: Neos

Ist Österreich ein Zuwanderungsland?
Ja, definitiv. Das ist eine Riesen-Chance, wenn wir es aktiv angehen, in dem wir qualifizierte Zuwanderer explizit herein holen, und Flüchtlinge bestmöglich integrieren und auch arbeiten lassen.

Zur Landtagswahl: In Linz hat es eine Abspaltung von Lorenz Potocnik gegeben, der dort mit einer eigenen Liste antritt. Befürchten Sie, dass sich das negativ auf Ihre Chancen im Land auswirken wird, weil dadurch Wähler vergrault wurden?
Nein, der Herr Potocnik tritt zur Gemeinderatswahl in Linz an und ich zur Landtagswahl. Ich sehe da in keiner Weise ein Konkurrenzverhältnis.

In Umfragen schaffen die Neos derzeit knapp den Sprung in den Landtag. Ihre Bekanntheitswerte liegen hingegen nur bei ein bis zwei Prozent. Heißt das im Umkehrschluss, die Neos profitieren eher von der Performance in Wien als von Ihnen als Spitzenkandidaten?
Das glaube ich nicht (lacht). Ich bin kein eitler Mensch und habe kein Problem damit, dass ich als Person in Oberösterreich noch nicht überragend bekannt bin. Jeder, der Landesrat ist und über hunderttausende Euro an Steuergeld verfügt, um sein Gesicht überall zu platzieren, hat es natürlich leichter. Unterm Strich geht es uns aber darum, bei den Menschen draußen zu sein, das mache ich viel und da bekomme ich gute Rückmeldungen.

Was ist Ihr Wahlziel?
Das Ziel sind sechs Prozent und drei Mandate. Dann können wir bestmögliche und konstruktive Oppositionsarbeit machen.

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