Festspiele 2021

Josef Schlömicher-Thier, der singende Festspieldoc

Der Flachgauer Josef Schlömicher-Thier ist seit 25 Jahren für die Stimmgesundheit der Festspiel-Künstler und -Mitarbeiter zuständig. Der ehemalige Bierbrauer ist dabei selbst ausgebildete Opernsänger. 

SALZBURG. Stimmspezialist und Festspielarzt Josef Schlömicher-Thier betreut mit einem Team von 45 Experten die Festspielkünstler und Mitarbeiter seit 25 Jahren. Gleich lange leitet er auch das Austrian Voice Institut, über welches er Experten unterschiedlicher Disziplinen vernetzt und auch nach Salzburg holt. 

Vom Bierbrauer zum singenden HNO-Arzt

Seine Karriere startete der jetzige Köstendorfer (Flachgau) damals als Bierbrauer in der Steiermark. "Eines Nachts hatte ich einen Traum, in dem ich im Opernhaus in Sidney aufgetreten bin. Das hat mich nicht mehr losgelassen. Ich habe darauf an der Musikhochschule Graz vorgesungen, einen Studienplatz in der Gesangsklasse erhalten und daneben Medizin studiert", berichtet Schlömicher-Thier.

Plácido Domingo mit Strinlampe in den Rachen geschaut

Festspielluft hat der ausgebildete Opernsänger 1991 als Assistenzarzt an der HNO-Klinik Salzburg geschnuppert. "Mein erster Promi-Patient war Plácido Domingo. Ich wurde zu ihm gerufen und bin mit dem Fahrrad und einer Stirnlampe ins Festspielhaus geradelt. Ich habe ihn mit Lampe und Kehlkopfspiegel untersucht, weil es keine Sängerausstattung im Festspielhaus gab. Das war meine Feuertaufe", sagt der Köstendorfer. 1996 wurde ihm die Stelle als Arbeitsmediziner und Künstler-Betreuer bei den Festspielen angeboten. "Ich bin sehr dankbar dafür. Die Stimme hat mich überall hin gebracht", sagt Schlömicher-Thier. 

5.000 Experten zur Beratung und zum Austausch

Zu seinem Betreuer-Team zählt auch Stimmpädagoge Reinhard Schmid, Gründungsmitglied des Austrian Voice Institutes. "Bei der Stimmgesundheit spielen viele Faktoren zusammen: die Körperkonstitution, die Psyche, die Haltung, die mentale Situation und mehr. Diese unterschiedlichen Zugänge können nur durch ein großes Netzwerk an Experten abgedeckt werden", beschreibt Reinhard Schmid die Motivation zur Gründung des Austrian Voice Institutes, über welches bereits 5.000 Experten zum Austausch nach Salzburg gebracht werden konnten, die dem Institut jetzt zur Beratung und zum Austausch zur Verfügung stehen. 

Unter Corona leidet die breite Sänger-Masse 

Die Corona-Situation belaste die große Festspielstars wenig: "Sie sind ‚Hochleistungssportler’ und mental extrem stark. Außerdem belasten sie finanzielle Engpässe oder fehlende Engagements nicht", sagt Schlömicher-Thier. Mehr Probleme erkennt Reinhard Schmid hier im Laienbereich: "Die breite Sänger-Masse, die zum Beispiel in Chören singt, zieht mentale Gesundheit aus dem Chorgesang. Für sie ist das Singen Lebensenergie", sagt der Stadt-Salzburger. 

Die Stimme braucht Ruhezeiten

Die größte Belastung für Profisänger seien mehrere Parallel-Produktionen, wodurch notwendige Ruhezeiten nicht eingehalten werden könnten. 

Goldene Festspiel-Nadel überreicht

Am Samstag (21. August) wurde Josef Schlömicher-Thier für seine Tätigkeit mit der Goldenen Festspiel-Nadel ausgezeichnet. Präsidentin Helga Rabl-Stadler überreichte dem Festspiel-Arzt im Namen des Festspieldirektoriums das Ehrenzeichen im Anschluss an die Festveranstaltung des Austrian Voice Institute.

„Festspielarzt ist für Dr. Schlömicher-Thier Beruf und Berufung zugleich. Er fühlt sich für akute Notfälle genauso zuständig wie für die vielfältigen Wehwehchen unserer Künstler, Gäste und Mitarbeiter. Ganz gleich ob es sich bei der Patientin um die Netrebko oder um eine Sommeraushilfe handelt, alle erhalten von ihm die gleiche rasche, kompetente und mitfühlende Behandlung.“
_{Helga Rabl-Stadler, Festspiel-Präsidentin}

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